Wehe Dem, Der Boeses Tut
wischte sich die Hände mit einem ölgetränkten Lappen ab.
»Hab's nicht ausgehalten.«
Manny grinste, dass seine Goldzähne blitzten. »Kann ich dir nicht verübeln. Die einzigen Gründe für einen Besuch in der Stadt sind Weiber und Whiskey. Das kannst du aber auch hier haben.«
Er dachte an Adria. Im Augenblick waren Frauen gefährlich. Besonders die eine, die behauptete, seine Halbschwester zu sein. Whiskey war eindeutig sicherer.
Zusammen traten sie aus der Scheune. Der Himmel war graublau, die Luft frisch, und im Westen zogen über der zerklüfteten Silhouette der Cascades dunkle Wolken auf.
»Alle Familienangelegenheiten geklärt?«, fragte Manny.
Irgendwo weit entfernt wieherte ein Pferd.
»Ach, das sind sie doch nie«, erwiderte Zach vage. Wenn Adria erledigt war, würde mit Sicherheit eine neue Schwindlerin auftauchen. Für den Rest seines Lebens würde Zach immer wieder Frauen begegnen, die sich als London Danvers ausgaben. Er konnte nur hoffen, dass ihm keine mehr so unter die Haut ging wie diese Frau. Und dass es ihm hier gelang, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
»Hab einen Käufer für die zweijährigen Bullen.«
»Für alle?«, fragte Zach und schob wieder einmal die Gedanken an seine angebliche Halbschwester von sich.
»Paar hundert Stück.«
»Ein guter Anfang.«
»Mhm.«
»Komm rein, ich lade dich zum Frühstück ein, dann kannst du mich auf den neuesten Stand bringen.«
Er verbrachte den Tag auf der Ranch, sah die Bücher durch, prüfte Angebote für den Kauf und Verkauf von Vieh und Land und ritt dann ein wenig durch die Felder. Die Wasserpumpe für das Haus und die Wirtschaftsgebäude war altersschwach, das Dach so leck wie ein Sieb, es gab Ärger mit der Regierung wegen der Schlägerung alter Fichtenbestände, und einer ihrer Stammkunden, der alljährlich Hunderte Stück Vieh kaufte, war säumig mit seinen Zahlungen. Im Nachbarbezirk war eine Viehseuche ausgebrochen und mehrere Rancher in der Gegend waren betroffen. Zach wurde aufgefordert, an einer Versammlung der Viehzüchtervereinigung in Bend teilzunehmen. Außerdem musste er Futter und Vorräte bestellen, um die Ranch über den Winter zu bringen.
»Immer dasselbe, immer dasselbe«, sagte Manny, als sie durch die Felder fuhren und einen defekten Zaun bemerkten, durch den das Vieh ausbrechen konnte. Recht hatte er. Zwar gab es Probleme auf der Ranch, doch sie waren nicht unlösbar. Manny und die Landarbeiter waren durchaus fähig, den Betrieb in Schuss zu halten, falls Zach zurück nach Portland musste.
In seinem Büro in Bend stellte er fest, dass die Auftragslage schlecht war, wie schon die ganze Zeit, seit er sich auf die Restaurierung des alten Hotels konzentriert hatte. Er erledigte ein paar Anrufe, traf sich mit einigen Maklern, die ein neues Sportzentrum mit Golfplatz planten, und besprach sich mit seiner Sekretärin, Terry, einer zierlichen, rothaarigen Frau um die Dreißig, die im Februar ihr drittes Kind erwartete. Sie war so tüchtig, dass sie seinem Büro mit verbundenen Augen hätte vorstehen können, und kannte Zach besser als mancher andere.
»Und? Wie schmeckt das Stadtleben?«, fragte sie, als er zurück ins Büro kam. Sie saß am Schreibtisch, einen Bleistift hinterm Ohr, eine vergessene Tasse Kaffee neben der Schreibmaschine, und studierte gerade einen Bankauszug. Kleine Sorgenfalten zeigten sich auf ihrer sommersprossigen Stirn.
»Nicht so gut.«
»Jason hat angerufen.« Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, der empört ächzte.
»Hier?«
»Zuerst hat er auf der Ranch angerufen, aber du warst nicht dort. Manny hat ihm gesagt, dass du in die Stadt gefahren bist, und daraufhin hat er es hier versucht. Er sagte, er müsste dringend mit dir reden.«
»Bei Jason ist immer alles dringend.«
»Er war noch hartnäckiger als sonst.« Terry legte ihre Brille auf den Schreibtisch, griff nach ihrer halb vollen Tasse und stand auf. Eine Hand in ihr verspanntes Kreuz gestützt, ging sie zur Kaffeemaschine und hob die Glaskanne an. »Möchtest du einen Schluck? Ist allerdings koffeinfrei.«
Zach schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
Sie goss etwas von dem dünnen Kaffee in ihre Tasse und fragte: »Also, warum meint Jason, er bräuchte dich drüben in Portland? Wegen des Hotels?«
»Ja, das wird's wohl sein«, erwiderte Zach, obwohl er insgeheim davon überzeugt war, dass es eher um Adria Nash ging. Zweifellos musste er zurück in die Stadt fahren. Alles in ihm sträubte sich dagegen – er wollte
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