Wehe Dem, Der Boeses Tut
Telefone klingeln ununterbrochen.«
»Was glaubst du, warum ich hierher geflüchtet bin?« Sie strich mit einem Finger über das staubige Gatter. Ihre Wangen waren rosig vor Kälte. »Anfangs habe ich noch mit ihnen geredet, aber die Fragen wurden mir zu viel, ich brauchte eine Pause.«
»Manny hält unten am Tor Wache und der Anrufbeantworter läuft. Wenn ein wichtiger Anruf kommt, werden wir es erfahren.« Er stützte neben ihr einen Fuß auf die unterste Sprosse des Gatters. Den Blick scheinbar interessiert auf die Bergkette am Horizont gerichtet, fragte er: »Wie fühlst du dich?«
»Wie von einem Lastwagen überfahren.« Ihr schwaches Lächeln rief ein Grübchen hervor, das er unglaublich sexy fand. »Aber ich werde es überleben, auch wenn ich fürchte, dass ich dadurch zahlreiche Menschen enttäuschen werde.«
»Sag so etwas nicht.«
Doch sie war noch nicht fertig. »Weißt du, Zach«, fuhr sie fort und wandte sich ihm zu. Die leichte Brise zupfte weiche Löckchen aus dem Stirnband, das ihr das Haar aus dem Gesicht hielt. »Ich kann nicht ewig hier bleiben.«
»Du bist doch erst seit ein paar Tagen hier.«
»Ich habe mein eigenes Leben.«
»Du meinst Londons Leben.« Er zog eine Augenbraue hoch und blickte zu den wenigen weißen Wolken auf. Ein Zug Gänse flog in V-Formation zielstrebig nach Süden.
Adria schirmte ihre Augen mit einer Hand gegen die sinkende Sonne ab. »Es ist an der Zeit, dass ich diese Angelegenheit geregelt bekomme.«
»Wie?«
»Ich glaube, ich sollte mir einen Anwalt nehmen und einen Privatdetektiv anheuern, damit etwas in Bewegung kommt.
« Sie sah Zach eindringlich an, wobei ihr Blick von seinen Augen zu seinem Mund wanderte, und sofort brach das Verlangen über ihn herein wie ein heißer Wüstenwind, den kein Mensch bändigen, kein Sterblicher beherrschen konnte. Er dachte daran, wie er sie geküsst hatte, wie er am Fluss beinahe mit ihr geschlafen hätte, und ihm blieb nicht anderes übrig, als die Hände in die Vordertaschen zu schieben, um die beginnende Erektion zu kaschieren. Er wollte sie packen, seine Lippen auf ihren Mund pressen und sie küssen, bis sie beide keine Luft mehr bekamen. Er stellte sich vor, sie hintenüber zu beugen, sodass ihr Haar den Boden streifte.
Himmel, das führte doch zu nichts!
Sie sprach immer noch davon, einen Privatdetektiv anzuheuern. »… das Beste für alle Beteiligten.«
»Jason hat längst einen Kerl darauf abgestellt, einen Schleimer namens Oswald Sweeny. Der macht das schon.«
»Für Jason. Und für dich.«
Er presste unwillkürlich die Lippen zusammen. »Du hast gesagt, du willst die Wahrheit wissen.«
»Das gilt immer noch«, sagte sie, in die Sonne blinzelnd. »Nur … Sweeny arbeitet für deine Familie, nicht wahr? Er sucht nach Beweisen dafür, dass ich eine Betrügerin bin, und wenn er welche entdeckt, werde ich es zweifellos erfahren. Aber wenn er im Gegenteil den Beweis dafür findet, dass ich London bin, wird er – oder die Familie – es mir vielleicht nicht sagen.«
Zach bohrte die Stiefelspitze in den Boden. »Soviel ich weiß, hast du nicht viel Geld zur Verfügung.«
Damit hatte Adria gerechnet, aber nicht von Zach. Von den anderen, sicher, doch nicht von ihm, und es gab ihr einen schmerzlichen Stich. Sie musste daran denken, dass er einiges über sie in Erfahrung gebracht, sich ihr umgekehrt jedoch nicht anvertraut hatte – er teilte sein Wissen nur mit dem inneren Kreis der Familie Danvers. Mit den wenigen Auserwählten. Die Kehle wurde ihr eng. Sie hatte Zach immer als Außenseiter betrachtet, doch so schmerzlich es auch war, im Grunde war einzig und allein sie die Außenseiterin. Augenscheinlich hatte Zach Geheimnisse vor ihr, und sie hätte gern gewusst, was er und seine Familie alles hinter ihrem Rücken besprochen hatten. Hatte er ihnen weitererzählt, was sie ihm über ihr Zuhause in Montana anvertraut hatte? Hatte er gelacht, als er erfuhr, dass sie pleite war, hatte es in seinen Augen böse aufgeblitzt, als er andeutete, dass sie beinahe mit ihm geschlafen hätte?
Zachs Nähe war für sie wie ein Tanz auf einem Seil, das über eine tiefe Schlucht gespannt war. Ein falscher Schritt, und sie würde in einen emotionalen Abgrund stürzen. Zu starke Spannung, und das Seil würde reißen. Sie war nicht so dumm zu glauben, dass er dann zur Stelle wäre, um sie aufzufangen. »Was genau willst du von mir?«
Er zögerte, forschte in ihren Augen, und sie hatte das Gefühl, dass er bis auf den Grund
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