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Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
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heimzahlen.
    Zach schlüpfte aus dem Zimmer und stieg die Treppe zum Erdgeschoss hinunter. Als der Nachtportier ihm gerade den Rücken kehrte, durchquerte er das Foyer und schlich, vorbei an dem Zeitungsstand, an dem immer noch derselbe alte Knacker die Morgenzeitung feilbot, zur Tür hinaus.
    Ein Sommergewitter war niedergegangen. Warmer Regen prasselte vom Himmel, bildete Pfützen auf dem Gehsteig und rann Zach in den Kragen. Mit gesenktem Kopf und gebeugten Schultern machte er sich auf den Weg zum Hotel Danvers. Seine Beine fühlten sich an wie aus Gummi.
    Als er um eine Ecke bog, sah er die Streifenwagen vor dem Hotel, sechs oder sieben an der Zahl. Blaue und rote Blinklichter beleuchteten das Gebäude und ein Dutzend uniformierte Polizisten stapften auf dem Grundstück umher.
    Zach blieb wie angewurzelt stehen.
    Seine Wut wich der Angst, als ihm dämmerte, was geschehen sein musste: Joey und sein Kumpel hatten ihn liegen lassen und seinen älteren Bruder im Hotel seines Vaters überfallen! O Gott – sicher war Jason tot! Ohne zu wissen, was er tat, begann Zach zu laufen, zwang sich trotz der Mattigkeit vorwärts. Er verschwendete keinen Gedanken daran, welchen Anblick er bot. Seine Schritte klatschten auf dem nassen Beton. Er rannte, ohne auf den frühmorgendlichen Verkehr zu achten, ohne das Kreischen der Bremsen oder das Hupen zu hören, über die Querstraße auf das Hotel zu.
    Jason. O nein …
    »He, Sie da!«, rief ihn eine barsche Männerstimme an.
    Zach achtete nicht darauf, sondern schlüpfte rasch zwischen zwei geparkten Wagen hindurch.
    »Junge, ich rede mit dir. Bleib stehen!«
    Zach nahm kaum etwas anderes wahr als die Angst, die ihn gepackt hatte, und den sengenden Schmerz in seiner Schulter.
    »Polizei! Stehen bleiben!«
    Endlich begriff er, kam schlitternd zum Stehen und drehte sich zu den beiden Polizisten herum, die mit gezogenen Waffen und entschlossenen Gesichtern aus einem der Wagen stiegen.
    »Hände hoch! Los, los!« Langsam hob Zach einen Arm, der andere hing schlaff hinunter. »Scheiße, sieh dir den mal an, Bill!«, stieß der eine Beamte hervor. »Sieht aus, als wäre unser Freund hier in eine Schlägerei geraten. Was ist passiert? Du hast nicht zufällig ein kleines Mädchen gesehen?«
    »Was?« Zach nahm an, dass sie Sophia meinten, doch er hielt den Mund. Irgendetwas war hier faul und er traute den Bullen nicht.
    Der andere Polizist – Bill, ein untersetzter Mann – verzog den Mund zu einem schwachen Grinsen, doch sein Blick blieb argwöhnisch. »Weißt du nicht, wer das ist, Steve? Der junge Danvers. Der, der angeblich verschwunden ist.«
    »Zachary?«
    »Ja, und?«, fauchte Zach.
    Die Polizisten wechselten einen Blick, der Zach das Blut in den Adern gefrieren ließ. Dann fragte der Große, Steve: »Also, wo ist das Mädchen?«

Dritter Teil
1993
     

5. Kapitel
    S ie erinnerte sich lebhaft an den Streit mit ihrer Mutter. Das Ganze hatte mit einer Meinungsverschiedenheit wegen eines Jungen begonnen, mit dem Adria sich heimlich getroffen hatte, doch dann war die Auseinandersetzung furchtbar eskaliert.
    »Der Herr dein Gott ist ein Gott der Rache, Adria …«
    »Er ist nicht mein Gott«, hatte Adria, damals achtzehn Jahre alt, erwidert. »Er ist dein Gott, Mom. Deiner. Nicht meiner!«
    Das war einer der ganz wenigen Fälle gewesen, in denen Sharon Nash ihre Adoptivtochter körperlich gezüchtigt hatte, und die Ohrfeige ging Adria unter die Haut, durchdrang die harte Schale und schmerzte bis in die Seele.
    »Sag so etwas nie, nie wieder.« Sharons Atem, bitter vom Kaffee, vermischt mit dem Geruch von Gin, hatte Adrias Gesicht gestreift. »Geh jetzt und wasch dich und diesen Jungen wirst du nie wiedersehen. Er ist Abschaum, hörst du? Abschaum. Wie seine Ma. In seinen Adern fließt schlechtes Blut, Mädchen.«
    »Und was für Blut fließt in meinen Adern?«, hatte Adria gefragt.
    »Wir wissen es nicht – und du brauchst es auch gar nicht zu erfahren.«
    »Natürlich muss ich es erfahren!«
    »Die Wege des Herrn sind rätselhaft – er hat dich nicht ohne Grund zu uns geführt. Es steht dir nicht zu, Seine Weisheit infrage zu stellen, hörst du?«
    Adria hatte sich auf dem Absatz umgedreht und war in ihr kleines Mansardenzimmer im ersten Stock geflüchtet.
    Das lag Jahre zurück, doch es kam ihr vor, als sei es gestern gewesen. Der Wortwechsel schien durch das kleine Motelzimmer nahe dem Flughafen zu hallen.
    Der Grund dafür, dass sie wieder an diesen Streit denken musste,

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