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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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oder?« fragte Diana mit kaum hörbarer Stimme.
    »Sei nicht albern«, schnappte Edna. Sie wandte sich wieder den Crowleys zu. »Natürlich wurde nach den anschließenden Untersuchungen gesagt, daß niemand an dem Wassereinbruch schuld sei, aber ich habe das nie geglaubt. Ich habe immer dem Bergwerk die Schuld dafür gegeben.«
    »Wie bitte?« fragte Matt.
    »Ich sagte, daß ich immer geglaubt habe, daß das Bergwerk selbst meinen Mann getötet hat, und auch alle anderen«, sagte Edna gleichmütig.
    Matt Crowleys Augen verengten sich. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich ebenfalls nicht«, sagte Edna. »Ich hab auch wirklich keine Vorstellung, ob es wirklich etwas zu ›verstehen‹ gibt, wie Sie es nannten. Aber da sind diese Geschichten - die Geschichten, daß man da oben Kinder weinen hören kann, wenn der Wind weht. Die Indianer glauben, daß diese Kinder nach ihren Eltern weinen.«
    »Und an dem Tag, an dem ich Amos verlor ... nun ja, da glaubte ich, etwas gehört zu haben. Ich war mir natürlich nicht sicher, aber ich glaubte doch einen Augenblick lang, daß da etwas sei.« Plötzlich schien sie in die Gegenwart zurückzukehren und sie leerte ihr Glas. »Natürlich ist das jetzt vollkommen egal, ob ich etwas gehört habe oder nicht. Wichtig aber ist, daß niemand mehr sterben darf. Matthew, können Sie das Bergwerk sprengen?«
    »Also, ich weiß nicht ...«, begann Matt.
    »Wenn Sie es nicht können«, unterbrach ihn Edna, bevor er ausreden konnte, »dann werde ich jemand anders einstellen. Aber ich würde es bevorzugen, wenn Sie es wären. Sie kennen das Bergwerk und Sie leben hier. Ich mag eine dumme, alte Frau sein, aber inzwischen will es mir nicht mehr aus dem Kopf, daß das Bergwerk etwas gegen Amberton hat. Oder vielleicht nur gegen die Ambers. Doch was immer es sein mag, ich möchte, daß jemand aus dieser Stadt es zerstört. Ich möchte, daß Sie es tun, Matthew.«
    Diana hatte schweigend dagesessen und ihrer Mutter zugehört. Während Edna gesprochen hatte, war in ihr ein Gefühl der Verzweiflung gewachsen.
    »Mama«, sagte sie jetzt, »das kann nicht dein Ernst sein. Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
    Ednas Blick begegnete dem ihrer Tochter. »Ich meine es ernst, Wort für Wort, und je eher es geschieht, desto besser.«
    Diana stand auf. »Nein. Das werde ich nicht zulassen, Mama. Wie kann denn ein Bergwerk böse sein. Es ist doch nur ein ... Ort.«
    »Es ist mehr als das, Diana«, sagte Edna weich. »Es ist viel mehr als das. Es gibt Dinge, die mit dem Bergwerk zu tun haben, über die ich nie sprechen werde, doch man weiß, daß sie da sind.« Sie schaute Diana noch einen Augenblick an und wandte sich dann wieder an Matt Crowley. »Nun, Matthew?«
    »Ich muß darüber nachdenken, Miß Edna«, erwiderte Matt, wobei er vorsichtig auszuweichen versuchte.
    Edna erhob sich langsam. »Tun Sie das. Und wenn Sie Ihre Entscheidung getroffen haben, lassen Sie's mich wissen. Bis nach dem Wochenende müßten Sie soweit sein. Falls Sie's nicht tun wollen, werde ich jemanden aus Pueblo holen.« Sie wollte schon zum Haus gehen, drehte sich dann aber noch einmal um. Als sie sprach, war's so, als sei Diana nicht da.
    »Lassen Sie sich das nicht von Diana ausreden«, sagte sie. »Diana hat ebenso eigenartige Ideen wie ich, nur daß meine auf einem langen Leben und großer Erfahrung basieren. Dianas hingegen, fürchte ich, rühren daher, daß sie sehr abgeschirmt worden ist. Das ist natürlich meine Schuld, aber daran kann ich nun auch nichts mehr ändern, außer, daß ich sie weiter beschützen muß. Und ich beabsichtige, das zu tun.«
    Ihren Stock fest in ihrer geheilten rechten Hand haltend, ging Edna Amber auf das Haus zu. Nachdem sie fort war, saßen die Crowleys schweigend einen Augenblick lang da. Ihre letzten Worte hatten sie in Verlegenheit gebracht.
    »Macht sie das oft?« fragte Joyce schließlich, wobei sie sich zu einem Lächeln zwang.
    »Nein«, erwiderte Diana, und ihre Stimme troff vor Sarkasmus. »Nur wenn Leute hier sind oder wenn wir allein sind. Es geschieht fast nie.«
    Joyce schüttelte traurig den Kopf. »Warum gehen Sie nicht weg von hier? Sie können sich doch nicht so von ihr behandeln lassen. Das können Sie einfach nicht.«
    »Aber wohin sollte ich gehen?« seufzte Diana. »Sie hat recht, wissen Sie. Ich bin zu sehr behütet worden. Wenn ich's müßte, könnte ich nicht einmal für mich selbst sorgen, und ich besitze kein Geld. Ich bin gefangen. Und außerdem würde mich Mutter nie gehen

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