Wehrlos: Thriller
räusperte sich.
»Er hat mit Ihnen über klinische Versuche gesprochen, nicht wahr?«
»Ja, er hat mir vorgeschlagen, Sacha in eine Studie aufzunehmen. Eine amerikanische Versuchsreihe, bei der die Nerven stimuliert werden sollen oder so ähnlich. Ich wollte ihm rasch eine Antwort geben, aber nach all den Ereignissen in letzter Zeit …«
Sie seufzte. »Ich werde nicht zustimmen. Das ist zu riskant.«
Rachel wartete auf Kirstens Reaktion, doch die sagte nichts. Rachel fand die Physiotherapeutin zwar etwas schroff, doch bis jetzt hatte sie gesunden Menschenverstand bewiesen.
»Was würden Sie tun?«, fragte sie deshalb.
»Das können nur Sie allein entscheiden«, erwiderte die Physiotherapeutin und wich ihrem Blick aus.
»Ich weiß, aber ich habe Sie nach Ihrer Meinung gefragt.«
Die Arme verschränkt, trat Kirsten von einem Fuß auf den anderen. Dann sah sie Rachel endlich an. »Ich habe keine Kinder. Aber wenn ich welche hätte, würde ich sie gegen alle erdenklichen Gefahren schützen.«
»Und was heißt das?«
»Ich würde sie keinem Risiko aussetzen …«
»Sie würden also auch ablehnen«, meinte Rachel, erfreut über die unverhoffte Verbündete.
»Aber zugleich würde ich jemandem wie Hansen vertrauen«, fügte Kirsten hinzu.
Etwas gereizt erwiderte Rachel: »Ich misstraue nicht Hansen, sondern diesen Amerikanern, ich weiß nicht einmal, wer sie sind. Und es ist ja auch nicht so, dass Sacha unter einer unheilbaren Krankheit mit tödlichem Ausgang leidet. Er kann so leben. Stellen Sie sich vor, das Experiment würde seine Situation verschlimmern oder gar … Eine meiner Freundinnen hat auf diese Art ihre Tochter verloren – nur weil die ein paar Zentimeter wachsen wollte.«
» Das verstehe ich sehr gut. Aber um auf Hansen zurückzukommen, er hätte Ihnen diese Therapie nie vorgeschlagen, wenn er nicht überzeugt davon wäre.«
»Sicher«, stimmte Rachel zu, »aber ich verstehe nichts von Medizin, und es heißt, ich solle › gut aufgeklärt ‹ einwilligen. Wie könnte ich das denn sein?«
»Ich habe einen Master in Humanbiologie. Möchten Sie, dass ich mir die Broschüre ansehe?«
Rachel horchte auf. »Das ist nett, aber nein danke. Ich lehne solche Versuche prinzipiell ab.«
Kirsten warf einen Blick auf die Uhr an der Mikrowelle und klatschte in die Hände. »So, Schluss mit der Faulenzerei, an die Arbeit, Sacha!«
Nachdenklich griff Rachel wieder zu ihrem Telefon und wählte die vierte Nummer auf der Liste. Eine Adresse im N ø rrebro-Viertel.
»Guten Tag, Rachel Karlsen am Apparat. Ich hätte gerne Doktor Wang gesprochen.«
KAPITEL ZWANZIG
»Die 280-Megawatt-Zentrale namens Solaïa wird etwa 7 0 000 Haushalte mit Strom versorgen, ohne dabei – wie im klassischen Fall – über 47 5 00 0 Tonnen Treibhausgas auszustoßen. Nach ihrer Fertigstellung wird dies die erste große Solarstromanlage in den USA sein, die die erzeugte Energie auch speichern und später nach Bedarf – sogar nachts – abgeben kann.«
Während Henry Reed das Projekt erläuterte, ohne seine Notizen zu konsultieren, erschien auf dem Plasmabildschirm in der Wand des Konferenzraums ein Feld, ebenso grün und gepflegt wie der Rasen eines Golfplatzes. Die Pressekonferenz, die er nach der Entscheidung der Solaïa-Kommission geben würde, müsste überzeugend sein, damit in allen Zeitungen darüber berichtet würde. Der Firma, die den Zuschlag erhalten würde, hatte man 862 Millionen Dollar Kapital sowie Garantieanleihen im Wert von 1 , 45 Milliarden Dollar zugesichert. In der Mitte des Rasens tauchte ein riesiges blaues, 3- D-animiertes Quadrat auf. Zoom. Jeder Pixel des Quadrats stellte sich als Solarmodul der neuesten Generation heraus. Das Sonnenkraftwerk drehte sich um die eigene Achse, damit die begeisterten Direktoren der Energie- und Entwicklungsabteilungen seine futuristische Struktur von allen Seiten bewundern konnten.
Um die Präsentation abzusegnen, hatten alle an dem großen ovalen Tisch Platz genommen. An der einen Seite saßen Vater und Sohn Reed.
» Mehr als fünfundsiebzig Prozent der zum Bau von Solaïa benötigten Materialien werden in den USA hergestellt« , fuhr Henry Reed fort, » vor allem die Turbinen, Wärmeüberträger, die elektrische Ausstattung und Materialien wie Glas, Stahl und Beton. Dadurch werden allein für den Bau eintausendsechshundert Arbeitsplätze geschaffen.«
Noch gut zehn Minuten lang setzte Henry Reed seine Ausführungen fort. Als der Bildschirm erlosch, klatschte Hannibal
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