Wehrlos: Thriller
mein Großer.«
Sie nutzte die Ruhe, um eine Ladung Wäsche zu waschen. Während sich die Trommel drehte, las Rachel ihre E-Mails. Samuel hatte ihr geantwortet.
Von: Samuel
An: Rachel
Habe deine Nachricht bekommen.
Suche nach einer Spur. S.
Rachel dankte ihm und surfte auf der Suche nach Doktor Wang in Kopenhagen im Internet. Kurz darauf spuckte der Drucker eine Liste mit zwanzig Adressen aus. Plötzlich hörte sie das imitierte Geräusch eines Maschinengewehrs aus Sachas Zimmer.
Der Kleine saß auf seinem Bett und tat so, als würde er eine Waffe vor sich ausstrecken und schießen.
»Tatatataaa … ich bin ein Polizist.«
»Du musst dich ausruhen.«
»Ich bin aber gar nicht müde«, entgegnete Sacha und versteckte die andere Hand unter der Decke.
»Was hast du da?«, fragte Rachel misstrauisch. Sie betrat das Zimmer, zog die Decke weg und entdeckte ihr Badge zum Bella Center, den Sacha in der Hand hielt.
»Sacha!«, schimpfte sie. »Woher hast du das?«
»Aus dem Wohnzimmer …«, antwortete der Junge mit einem leicht verkniffenen Lächeln, denn er wusste, dass ihm jetzt eine Standpauke blühte.
»Damit darfst du nicht spielen, der Ausweis ist wichtig. Ich habe nur den einen.«
»Aber das ist meine Polizistenkarte!«
Mit strengem Blick nahm Rachel ihm das Badge weg, steckte es in ihre Tasche und blieb dann kurz stehen. Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht. »Jetzt habe ich’s! Warum bin ich bloß nicht früher darauf gekommen.« Rachel zog das Badge aus der Tasche und wedelte damit vor dem Gesicht des Jungen. »Willst du mit Mama Detektiv spielen?«
Sacha nickte energisch. »Wie Scooby-Doo?«
»Ja, wie Scooby-Doo. Wir werden Ermittlungen durchführen, um einen Zeugen zu finden.«
»Was ist das, ein Zeuge?«
»Jemand, der etwas sehr Wichtiges gesehen hat und es erzählen muss. Ich werde es dir erklären.«
Kurz darauf kramte Rachel in dem großen Schrank im Flur, in dem sie alles Mögliche aufbewahrte. Sie zog Transparente, Flugblätter und einen Karton T-Shirts mit dem Green-Growth-Logo heraus und stopfte alles in eine große Ikea-Tasche, die sie an Sachas Rollstuhl hängte.
»Und das ist unser Polizeiauto«, rief sie fröhlich.
Sacha klatschte in die Hände.
■ ■ ■
Am frühen Nachmittag betraten Mutter und Sohn das Bella Center. Vorher hatte Rachel ihm ein großes Glas Apfelsaft zu trinken gegeben. Am Eingang stand Mette, eine der vier Aufsichtskräfte, neben ihrem Computer und langweilte sich ganz offensichtlich. Sonntags gab es nur wenige Besucher.
»Hej, Mette!«, sagte Rachel.
Die kleine sympathische Blondine, die in einer etwas zu engen Uniform steckte, erinnerte sich gut an bestimmte Mitglieder der Nichtregierungsorganisationen, die im letzten Winter versucht hatten, sie zu bestechen, um sich zusätzliche Badges zu verschaffen.
»Hej, Rachel, wie geht es dir, und wer ist dieser große Junge?«
»Das ist mein Sohn. Sag Mette Guten Tag.«
»Guten Tag, Mette«, trompetete Sacha.
Rachel deutete auf ihre blaue Tasche. »Sag mal, ich muss das zu unserem Stand bringen, kann Sacha mitkommen?«
Mette schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich darf ohne Badge niemanden durchlassen. Mein Vorgesetzter ist in der Nähe, wenn der das sieht, bekomme ich Ärger.«
Rachel machte eine betrübte Miene.
»Lass ihn doch bei mir. Ich passe auf ihn auf«, bot Mette an.
Rachels Gesicht hellte sich auf. »Wirklich? Macht dir das nichts aus?«
Sacha setzte sein bezauberndstes Lächeln auf, und die Sache war beschlossen.
Mette nickte und entblößte beim Lachen eine Zahnspange.
»Kein Problem. Ich kümmere mich um den kleinen Süßen. Wir werden schon unseren Spaß haben.«
Rachel drückte ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn.
»Ich bin gleich wieder da.«
Dann lief sie über den Gang bis zur ersten Ausstellungshalle. Sie tat so, als würde sie nach rechts zum Green-Growth-Stand abbiegen, der aus einer Box mit zwei Barhockern und dem GG -Logo bestand. Sie stellte ihre Tasche hinter der Theke ab und ging sogleich zurück, um sich hinter einem Pfeiler zu verstecken, von wo aus sie Mette und Sacha gut im Blick hatte. Der Junge plapperte vor sich hin und stellte wie immer drei Fragen auf einmal. Plötzlich begann er in seinem Rollstuhl hin und her zu rutschen. Rachel lächelte innerlich. Du bist ein Ass ! Sie sah Unruhe auf Mettes Gesicht. Niemand befand sich in der Nähe der Toiletten. Rachel hielt den Atem an, bis sich die Frau in Uniform endlich einen Ruck gab. Sie löste die Bremse des
Weitere Kostenlose Bücher