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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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gewissen Doktor Wang aufgesucht. Nach Auskunft der Rechtsmedizinerin Vita Moling wies ihr Körper den gleichen blauen Fleck auf wie Sacha. Man hatte also bei beiden eine Injektion oder Punktion vorgenommen, aber was und warum? Rachel wandte sich in einem stummen Gebet an Christa: Ich bitte dich, hilf mir. Lass mich nicht im Dunkeln. Sag mir, was du getan hast. Ich würde es dir nie übel nehmen. Dann kehrte sie zurück zu ihrem Wagen und ließ den Motor an. Es war zehn Uhr. Eine angemessene Zeit, um zu telefonieren und ihren Besuch anzukündigen.
    ■ ■ ■
    Die Frau, die sie an der Tür erwartete, war groß, schlank, und das blonde Haar fiel ihr auf die Schultern. Mit ihrer eleganten weißen Jabotbluse und der smaragdgrünen Hose wirkte sie sehr damenhaft. Ihr Backsteinhaus lag in einer begrünten Straße hinter dem Tivoli-Viertel. Die vier Fenster führten auf einen hübschen, mit Hortensien bewachsenen und gepflasterten Hof hinaus, den man durch ein weißes Holztor erreichte. Sie blinzelte ein wenig, doch als sie die Besucherin erkannte, weiteten sich ihre Augen. Monica Olsen kam Rachel entgegen.
    »Sie haben sich beeilt … bitte treten Sie ein.«
    Monica führte Rachel ins Haus. Christa und sie hatten sich in den ersten Jahren bei Danish Airways kennengelernt. Eine enge Freundschaft, die während der gemeinsamen Reisen entstanden war, verband sie. Diese Beziehung hatte sich noch gefestigt, als beide 2005 ihre Männer verloren – der eine war an Leberkrebs gestorben, der andere an einem Aortenaneurysma. Seit sie 2006 in Rente gegangen waren, verbrachten sie viel Zeit miteinander und frönten ihren gemeinsamen Leidenschaften, dem Lesen und dem Reisen.
    Rachel war Monica nur ein paarmal bei Christas Geburtstagsfeiern begegnet und kannte sie fast nicht. In dem gemütlich, aber nicht protzig eingerichteten Haus roch es nach Leder und Wachs. Rachel folgte Monica ins Wohnzimmer, wo zwei große braune Sofas mit freundlichen, indisch gemusterten Kissen standen und dazwischen ein niedriger Glastisch, auf dem einige Einrichtungszeitschriften lagen. An einer hellgrau gestrichenen Wand hingen abstrakte Gemälde in kräftigen Farben. An einer anderen zog sich ein Regal entlang voll mit sorgfältig eingeordneten Büchern. Durch die großen Fenster, die zum Hof hinausführten, fiel das helle Tageslicht herein. Rachel sagte sich, dass dieses Haus eine nach jahrelangem Stress wohlverdiente Ruhe ermöglichte. Eine solche Atmosphäre gab es bei Christa nicht. Ihre Wohnung hatte stets etwas Hektisches, Fieberhaftes und Schmerzliches ausgestrahlt. Diese Feststellung tat ihr weh. Christa hatte diese Welt verlassen, ehe sie Frieden gefunden hatte.
    Rachel bewunderte den schwarz lackierten Flügel im hinteren Teil des Raums. Er diente zugleich als Ausstellungsfläche für mindestens zwanzig Fotos in eleganten Rahmen. Auf einem lächelten Christa und Monica vor dem Tadsch Mahal in die Kamera. Monica seufzte herzzerreißend.
    »Das war vor zwölf oder dreizehn Jahren … da waren wir noch hübsch, was?« Sie deutete auf eines der Sofas. »Setzen Sie sich doch bitte. Möchten Sie Tee oder Kaffee?«
    Rachel nahm gerne eine Tasse Tee. Monica kam mit einem Tablett zurück, auf dem Tassen, Teekanne und Kekse standen.
    »Wann findet die Beerdigung statt?«, fragte sie und setzte sich neben ihre Besucherin.
    »Nächsten Freitag. Möchten Sie vielleicht einen Text für Christa lesen?«
    »Ja, das würde ich gerne tun.«
    Rachel nippte an dem heißen Tee und stellte die Tasse wieder ab. »Wie ich Ihnen vorhin am Telefon erklärt habe, möchte ich Ihnen eine Frage stellen.«
    »Ja, bitte.«
    »Kennen Sie einen gewissen Doktor Wang, den Christa aufgesucht hat?«
    Monica knabberte an einem Keks. »Meinen Sie den › Zellen ‹ -Doktor?«
    Rachel zog die Brauen hoch. »Wie bitte?«
    »Das ist der Spitzname, den ich ihm gegeben habe.«
    »Hm, vielleicht …« Gedankenverloren starrte Monica auf das englische Dekor der Teekanne.
    »Es war im letzten Juli, daran erinnere ich mich genau, denn es war das Fest des Lesezirkels. Wir hatten Champagner getrunken und waren alle etwas beschwipst, als Christa mir zum ersten Mal von diesem Arzt erzählt hat, der ihr die Dinge › unter einem neuen Blickwinkel ‹ zeigen wollte.«
    Sie hatte diese Worte mit zwei in die Luft gemalten Anführungszeichen begleitet.
    »Und das war Doktor Wang?«, hakte Rachel nach.
    »Ja. Sie hat mir gesagt: › Wang hat mir Linderung verschafft, indem er meine Zellen neu

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