Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
Vom Netzwerk:
Samuel in der Küche verbrachte, um die Örtlichkeiten eingehender in Augenschein zu nehmen. Das sanfte Licht fiel durch das Fenster auf ein altes Ledersofa, das hervorragend in einen kubanischen Rauchsalon gepasst hätte. Rachel strich über das rissige Leder und trat dann zu dem großen Bücherregal, das neben dem ultramodernen Fernseher stand. Sofort fielen ihr die alphabetisch geordneten Opern- CD s auf. Daneben standen etliche sowohl gute als auch schlechte Actionfilme. Auf den restlichen Regalen waren in buntem Durcheinander Bücher in englischer, französischer und dänischer Sprache aufgereiht. Sie überflog die Titel. Politische und ökonomische Essays, Biografien, wenig Romane, dafür aber viele Atlanten und Bildbände über die Wildfauna. Sie fuhr mit dem Finger über die Einbände und hielt schließlich bei einem inne. Es handelte sich um ein bebildertes Handbuch mit dem Titel Jagd auf die Big Five in Südafrika , das sie herauszog.
    Samuel, der mit zwei Tassen in der Hand zurückkam, musterte sie kurz. Rachel hob den Kopf und warf ihm einen seltsamen Blick zu. Samuel stellte die Tassen auf den Couchtisch und trat zu ihr. Er nahm ihr das Buch aus der Hand und stellte es zurück. Rachel spürte, wie seine Finger die ihren streiften.
    »Interessierst du dich für Safari?«, fragte sie in leicht vorwurfsvollem Ton.
    Rachel waren die Jäger, die auf der Suche nach einem Adrenalinstoß die vom Aussterben bedrohten Tierarten dezimierten, gelinde gesagt, ein Dorn im Auge. GG hatte auch bereits eine Kampagne gegen solche Praktiken durchgeführt.
    Samuel war verlegen. »Nein, es gehört nicht mir«, antwortete er dann schnell.
    Rachel betrachtete ihn zweifelnd, doch er schenkte ihr ein charmantes Lächeln.
    »Zeigst du mir deine Wohnung?«
    Samuel fasste sie bei der Hand und führte sie bis zur Tür seines Schlafzimmers. Es war sehr ordentlich, das Bett war gemacht, der Schreibtisch aufgeräumt. Ihre Hand in der seinen, verharrte Rachel reglos. Sie war plötzlich eingeschüchtert, als wäre sie wieder fünfzehn Jahre alt. Sie warf ihm einen raschen Blick zu. Um Haltung bemüht, deutete sie auf ein Bild, das an der Wand lehnte, weil sich noch niemand die Mühe gemacht hatte, es aufzuhängen. In einem Rahmen aus rohem Holz zeigte es eine Zusammenstellung schwarzer Punkte auf weißem Grund.
    »Das ist schön. Woher kommt es?«
    »Aus Australien. Es ist ein Gemälde der Ureinwohner.«
    Ohne ihre Hand loszulassen, setzte Samuel den Rundgang fort. An der Küche und der Eingangstür vorbei kamen sie zu einem kleinen Flur. »Ich lasse dich raten, wer hier schläft«, meinte der Reporter und öffnete die Tür.
    »Wow, das ist ja rosa pur!«, rief Rachel aus.
    »Kann man wohl sagen … aber die Mädchen sind verrückt danach.«
    Rachel betrachtete die Stockbetten mit den fuchsienfarbenen Decken, die Barbiepuppen, die in einem Korb saßen. Sie bemerkte den doppelten »Hello Kitty«-Schreibtisch, das gerahmte Foto, das Samuel in jüngeren Jahren mit einer großen, blonden Frau zeigte, die sehr sexy war – vermutlich die Mutter. Sie wandte den Blick ab und betrachtete die Plakate.
    »Komisch«, meinte sie leichthin, »das ist das einzige Zimmer, das wirklich fertig ist.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Samuel fast etwas pikiert.
    »Nur so«, antwortete Rachel, die ihre Bemerkung bereits bedauerte.
    Sie ließen ihre Hände los, und Rachel kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    »Nein, nun sag schon, es interessiert mich«, beharrte Samuel.
    »Na, die Kartons und Koffer. Man hat den Eindruck, du wolltest morgen umziehen.«
    Sie trat ans Fenster und ließ ihren Blick über den Ø sterbro-Boulevard gleiten. Samuel stellte sich so dicht hinter sie, dass sie im Rücken die Wärme seines Körpers spürte. Er streichelte ihre Schultern.
    »Das stimmt. Ich würde lieber heute als morgen von hier verschwinden. Aber ich habe meine Töchter …«
    Rachel hielt den Atem an.
    Seine Hände glitten über ihre Arme. »Es freut mich, dass du hier bist.« Seine Stimme hatte jetzt einen Klang, den sie nicht kannte. Rachel blinzelte, und ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Sie erschauerte und sog Samuels Duft ein, den ihr Geruchssinn in Erinnerung an einen Winterabend gespeichert hatte. Samuel drehte sie zu sich um. Sein Blick suchte den ihren, dann zog er sie langsam an sich. Als sich ihre Lippen berührten, ertönte die Türklingel. Das war Peter.
    ■ ■ ■
    Innerhalb von knapp zehn Minuten hatte sich das Wohnzimmer in das Hauptquartier eines

Weitere Kostenlose Bücher