Wehrlos: Thriller
Krisenstabs verwandelt. Peter hatte seinen Laptop aufgeklappt, daneben lagen ein Notizblock und ein Stift. Rachel saß an Samuels MacBook, während er selbst ein altes Modell herausgeholt hatte, das noch funktionierte, wenn es am Stromnetz angeschlossen war. Die Kaffeetassen waren, ebenso wie ein großes Paket mit Salzbrezeln, schon halb geleert. Als Hintergrundmusik für ihre Überlegungen hatte Samuel Carmen gewählt. Peter bat ihn, ihm die Aussage des »hohen Tiers« von Ice zu wiederholen, dann sah er Rachel an.
»Womöglich hattest du von Anfang an recht, und Reed steckt hinter der ganzen Sache.«
»Freut mich, das zu hören«, erwiderte sie.
»Glaubst du wirklich, dass es Jesus war, der dir diese Informationen geschickt hat?«, fragte Peter.
»Keine Ahnung. Bei jedem Kontakt habe ich versucht, die Nummer anzurufen, aber es hat nie jemand geantwortet. Alles, was ich weiß, ist, dass dieser RR 21 bestens informiert und mir eher wohlgesinnt ist.«
Rachel, Peter und Samuel loggten sich in die Webseite des amerikanischen Kongresses ein und dann über einen komplizierten Link ins LDA -Portal, das heißt auf die Lobbyingseite. Auf der Homepage gab es eine Suchmaschine, in die man verschiedene Suchwörter wie Datum, Name des Lobbyisten, Auftraggeber oder die entsprechenden Gesetze eingeben konnte. Alle drei tippten »Reed Industries« ein. Ein Menü mit einer Liste von über hundert Berichten aus den Jahren 2009 / 10 öffnete sich.
»O verflixt!«, rief Samuel. »Da sitzen wir ja den ganzen Tag dran!«
Peter griff nach seinem Notizblock, Rachel nach dem ihren.
»Das ist wie beim Klima«, sagte sie. »Alles ist da. Die große Arbeit, die sich niemand macht, besteht darin, sich die Details anzusehen. Peter, du nimmst dir die ersten zwanzig Berichte vor, ich die nächsten und du, Samuel, die folgenden. Wir untersuchen alle Auszüge, die das Gesetz 102 809 betreffen.«
Nachdem sie eine Weile gearbeitet hatten, rief Peter: »Ich habe einen. Der erste Bericht erwähnt einen gewissen Steve Smith, den Reed engagiert hat, um an dem Gesetzentwurf 102 809 zu arbeiten. Er hat dafür fünfzigtausend Dollar bekommen.«
Samuel stieß einen Pfiff aus.
Peter notierte Namen, Kanzlei und Honorar. Rachel öffnete ihre einundzwanzigste Datei. Sie betraf ein anderes Gesetz. Erst die dreiundzwanzigste erwies sich als interessant.
»Linda Ruthland, Expertin der Stiftung für wissenschaftliche Forschung, fünfunddreißigtausend Dollar.«
»Roland Prince, sechzigtausend Dollar«, fuhr Peter fort.
Unterdessen las Samuel den internen Bericht der DHS . »Hört euch das an: › Die chemischen Fabriken von Reed Industries werden als gefährlich eingestuft, weil sie große Mengen giftiger Gase und brennbarer chemischer Produkte lagern. Bestimmte Chemiekonzerne haben Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, denen sich Reed Industries unter dem Vorwand, dies würde für die Industrie einen Wettbewerbsnachteil bringen, hartnäckig widersetzt. In den Fabriken in Georgia werden zum Beispiel Butadien, Butan und Propylen gelagert, die bei einem Unfall potenziell dreihundertfünfzigtausend Menschen gefährden; vierundsechzig Prozent dieser Personengruppe gehören Minderheiten an, die restlichen sechsunddreißig Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze.«
Samuel schüttelte den Kopf. »Was für ein Mistkerl!«
»Das macht schon fünf Lobbyisten, Experten und Anwälte, die großzügig bezahlt werden«, sagte Peter.
»Und hier geht es weiter«, rief Samuel. »Die im Jahr 2005 von Reed Industries gekaufte Papierfabrik Georgia Paper Corporation hat neunzehn Standorte, an denen hunderttausend Personen Chlordioxin-Emanationen ausgesetzt sind, die starke Reizungen der Atemwege und der Augen hervorrufen. Das Papier könnte auch mit Ozon oder mit Wasserstoffperoxid gebleicht werden. Doch Reed behauptet, die Gesundheitsrisiken seien nicht nachgewiesen, und belegt dies mit den von seiner eigenen Stiftung durchgeführten Studien.«
Die folgende Stunde verging in konzentriertem Schweigen. Samuel listete wie Rachel und Peter die Namen, Gesellschaften und Honorare der von Reed engagierten Lobbyisten auf. Doch er hatte den Eindruck, am Wesentlichen vorbeizusuchen. Er hatte etwa dreißig Dateien durchgesehen und die Namen von sechs Anwälten und Experten notiert, die das Gesetz beeinflussen sollten. Doch er hatte nichts wirklich Bedeutsames gefunden.
»Was hat das alles mit Polsen zu tun?«, fragte er laut.
Schließlich stand er auf, um sich die Beine zu
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