Wehrlos: Thriller
Megapharmakonzern, der letztlich seinen Sitz in den USA haben würde.
Margareth hatte beobachtet, wie der Ehrgeiz der beiden wuchs, während ihr moralisches Ethos den umgekehrten Weg ging. Im Juni hatten sie sich dann plötzlich für die festen Mitarbeiter von Green Growth, insbesondere für Rachel Karlsen, zu interessieren begonnen. Margareth hatte gehört, wie sie Schlachtpläne entwickelten und unverblümte Hasstiraden gegen GG losließen – das gehörte fortan zum guten Ton des Hauses. Sie hatte nicht weiter nachgehakt, als Christian Renoksen einen Bericht über Ice Fish Export und die Fischer der Färöer-Inseln verlangt hatte. Doch als ihr Chef Ende August ihren Neffen, der tagsüber Informatiker und nachts ein genialer Hacker war, angeheuert hatte, um geheime Manipulationen vorzunehmen, hatte sie nicht mehr schlafen können. An jenem Morgen, als sie im Radio von dem Attentat auf den Färöer-Inseln gehört hatte, hatte sie Beruhigungstabletten schlucken müssen, um zur Arbeit gehen zu können. Sie erstickte förmlich daran, zum Komplizen dieser Pläne zu werden, und hatte zwei Tage lang sorgfältig das Für und Wider abgewogen. Sie billigte die Methoden des skrupellosen Milliardärs Reed nicht, der seine Intrigen durch eine Armada von Experten und Anwälten absichern ließ. Und jetzt war er zum großen Vorbild für Renoksen geworden, der in ihrer Anwesenheit bereits von ebenso gewinnträchtigen wie zweifelhaften Märkten sprach. Die Assistentin wollte zwar ihren Job nicht verlieren, aber letztlich war ihr das doch noch lieber, als ihre Seele zu verkaufen. Sie hatte Rachel ins Bella Center bestellt, weil sie sich sicher war, sie dort anonym treffen zu können. Gleichzeitig hatte sie begonnen, sich nach einer anderen Stelle umzusehen.
All das erzählte sie Samuel und Rachel, die ihr gebannt lauschten.
»Und die gefälschte Finanzierung von Polsen durch Ice Fish, ist das das Werk Ihres Neffen?«, fragte Samuel.
»Ja, ich habe ihn so lange bedrängt, bis er mir schließlich gestanden hat, dass sie ihn für diese fingierte Überweisung bezahlt haben. Für ihn war das ein Klacks.«
»Haben Sie Beweise dafür?«
»Mein Neffe wohnt im Moment bei mir, weil seine Freundin ihn verlassen hat. Reicht Ihnen ein Computerausdruck?«
»Voll und ganz.«
»Aber niemand wird erfahren, dass er es war?«
»Nein, er bleibt ein anonymer Informant.«
■ ■ ■
Um siebzehn Uhr stiegen Rachel und Samuel schweigend wieder in den Wagen.
»Fassen wir nochmal zusammen«, sagte Rachel, nachdem sie eine Weile überlegt hatte, »es war also tatsächlich Reed, der Vater und Sohn Renoksen mit dem Attentat beauftragt hat, und diese haben vor Ort einen aufgebrachten Fischer angeheuert.«
»Und dann haben sie durch eine gefälschte Überweisung Ice Fish die Schuld in die Schuhe geschoben.«
»Ein geschickter Schachzug.«
»Und all das, um dich auszuschalten. Beinahe hätte es funktioniert.«
Rachel schlug mit der Hand auf das Lenkrad.
»Es macht mich ganz verrückt, wenn ich daran denke, dass Reed von dem Bericht, von der geheimen Mission auf den Färöer-Inseln und von meiner Anwesenheit auf dem Schlauchboot wusste, weil wir einen Verräter bei GG haben!«
Samuel betrachtete sie. Enthusiastisch angesichts der Perspektive, in den kommenden Stunden eine Sensationsmeldung zu veröffentlichen, tätschelte er beruhigend ihre Hand.
»Ihr werdet den Verräter mit Sicherheit finden, und Reed wird doppelt bezahlen: für seine Machenschaften und für das Attentat.«
Doch Rachels Lippen blieben trotzig zusammengepresst. Er streichelte ihre Wange.
»Und ich bekomme die tollste Schlagzeile meines Lebens. Du kannst dich auf mich verlassen. Ich werde schweres Geschütz auffahren. Das wird Reed das Genick brechen.«
Rachel wandte sich zu dem Reporter um. Beide schwiegen, und nur noch ihre Entschlossenheit, ihre Wut und eine gewisse Verbundenheit waren zu spüren. Samuel beugte sich zu ihr und küsste sie zärtlich. Dann sah er ihr in die Augen: »Davon träume ich schon seit Tagen.«
Rachel lächelte. »Ich auch.«
»Alles wird gut, du wirst sehen.«
»Ja, alles wird gut.«
»Ich hätte dich gerne begleitet«, sagte Samuel bedauernd, »aber ich muss meine Töchter abholen. Ich fahre mit der U-Bahn.«
Rachel nickte.
■ ■ ■
Als sie kurz darauf zu ihrer Siedlung fuhr, schaltete sie die Freisprechanlage ein. »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht«, sagte sie zu Peter, sobald dieser den Hörer abgenommen hatte.
»Fang
Weitere Kostenlose Bücher