Wehrlos: Thriller
Größe angepasst war. Dort schnallte sie ihn an, seine Beine wurden durch einen Gurt gestützt.
»Willst du vorher nicht auf die Toilette?«
»Nö, nö, einen Zeichentrickfilm!«
Sie schob den Liegestuhl vor den Fernseher und wählte den Kinderkanal. Zufälligerweise lief gerade Scooby-Doo . Anschließend zündete sie, um die Atmosphäre gemütlicher zu gestalten, auf der Bar und auf dem Tisch Kerzen an. Die Sonne ging unter und versprach für die kommenden Minuten ein grandioses Freudenfeuer am Horizont.
Rachel packte die Einkäufe aus und öffnete die weißen Küchenschränke. Dort standen ordentlich eingeräumt Nudeln und Reis, Bulgur, Quinoa, Gemüsekonserven … sie kaufte, so weit es ihr Budget erlaubte, aus biologischem Anbau. Kochen gehörte nicht zu ihren Stärken. Im Gegensatz zu Christa, einer Meisterköchin, die ihre Rente aufbesserte, indem sie Rezepte an eine Seniorenzeitschrift verkaufte, war Rachel nicht in der Lage, ein ordentliches Gericht zu kochen. Sie beschränkte sich darauf, frische Produkte guter Qualität zu kaufen, einfache Speisen zuzubereiten und hin und wieder in ein Feinkostgeschäft zu gehen. Sie versuchte, möglichst wenig Fleisch zu kaufen, stattdessen Obst und Gemüse der Saison aus biologischem oder regionalem Anbau, und verzichtete auf Produkte mit Palmöl, dessen Herstellung die Entwaldung dramatisch vorantrieb.
Sie wählte unter den Einkäufen eine Schale mit Biozucchinipüree und Hähnchenspieße, die Sacha besonders liebte, und stellte alles in die Mikrowelle. Als Nachspeise passte Schafsjoghurt mit Apfelkompott perfekt. Sie steckte die Verpackungen in den Recyclingmüll und deckte den Tisch.
Ihre beiden Teller standen nebeneinander, gegenüber der Fensterfront. Und ohne dass Rachel hätte erklären können, warum, zog sich ihr plötzlich die Kehle zusammen. Seit Sachas Geburt gab es niemanden mehr in ihrem Leben. Der Vater, Niels, hatte sich in dem Moment aus dem Staub gemacht, als sie ihn am dringendsten gebraucht hätte. Danach war es schwierig, erneut Vertrauen, Selbstwertgefühl und Hoffnung zu gewinnen. Trotzdem glaubte Rachel noch immer an die große Liebe und war überzeugt, dass irgendwo jemand auf sie wartete. Ein Mann, der nur für sie da wäre und der sie und Sacha um ihrer selbst willen liebte. Sie musste einfach Geduld haben.
Vor ihren beiden Tellern, die auf dem großen Tisch verloren wirkten, drängte sich ihr ein anderer Gedanke auf, der sie sehr viel mehr ängstigte. Was würde geschehen, wenn ihr morgen etwas zustieße? Christa, die ein schwaches Herz hatte, würde für sie einspringen, aber wie lange? Und dann? Die Vorstellung, Sacha würde in eine Pflegefamilie oder zu den Karlsens kommen, trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie wies sich selbst zurecht. Du bist am Leben, das ist ein Wunder, und deinem Sohn geht es besser. Sei nicht dumm. Man wird die Schuldigen festnehmen. Reiß dich zusammen! All das belastete sie nur, obwohl sie doch eine Arbeit zu beenden hatte. Sie musste einen Schweinehund entlarven .
»Du wirst deinen Lohn schon noch bekommen«, sagte sie laut.
»Mit wem sprichst du, Mama?«, fragte Sacha.
»Mit einem gemeinen Mann, der den Menschen Böses zufügt, mein Schatz.«
»Wo ist er?«
»Weit weg von hier, aber man wird ihn trotzdem erwischen.«
»Wirst du diesen gemeinen Kerl fangen?«
»Ja, ich werde alles dafür tun!«
Rachel deckte den Tisch fertig und schöpfte aus ihrer Entschlossenheit Trost. In diesem Moment sah sie den Schatten vor ihrem Fenster. Sie zuckte zusammen und wich zurück. Dort auf dem Außenflur vor ihr war eine Gestalt zu sehen. Rachel ging mit klopfendem Herzen zur Tür, um sich zu vergewissern, dass sie verschlossen war. Dann klingelte es, und sie begann am ganzen Körper zu zittern.
KAPITEL SECHS
»Der Lieferservice!«
Vor der Eingangstür stand Frederik, die Arme beladen mit dampfenden Pizzakartons. Hinter seinen kräftigen Schultern erkannte sie Marias Rehaugen und das breite Lächeln von Paula, ihrer Kollegin, die für den Internetauftritt von Green Growth zuständig war und in der Zentrale arbeitete. Der verlockende Geruch nach warmem Teig verbreitete sich in der Wohnung.
»Ihr habt mir vielleicht einen Schrecken eingejagt, Saubande!«, rief Rachel.
Ihre Lippen öffneten sich zu einem erleichterten Lächeln, und sie trat zurück, um die kleine Truppe hereinzulassen.
»Was schleppt ihr denn da an?«
Maria hielt ein Sechserpack Bier in der Hand, Paula, die Italienerin mit dem dunklen Bubikopf
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