Wehrlos: Thriller
Dramas und die anschließende Rettungsaktion. Dann wurden Samuels Fragen allgemeiner.
»Werdet ihr ab jetzt bei euren Einsätzen stärkere Vorsichtsmaßnahmen treffen?«
»Wir müssen abwarten, ob es sich um eine Einzeltat oder um eine Aktion gegen unsere Organisation handelt.«
»Stellt dieser Vorfall euer Eingreifen vor Ort infrage?«
»Ganz im Gegenteil! Wenn die Leute glauben, uns so daran hindern zu können, die Tiere vor einem Massaker zu schützen, dann irren sie sich. Wir werden unser Engagement noch verstärken. Denn dieses Gemetzel wiederholt sich alljährlich. 2008 hat das färöische Gesundheitsministerium das Fleisch der Globicephala wegen der hohen toxischen Belastung als ungeeignet für den Verzehr erklärt. Diese Jagd ist nur noch ein Ritual, das ebenso barbarisch ist wie der Stierkampf.«
Ganz nebenbei kam Samuel noch einmal auf die Attentäter zurück. »Für dich, für euch steht also heute fest, dass die färöischen Fischer hinter dem Angriff stecken …«
»Das habe ich nicht gesagt. Wir warten auf die Ergebnisse der Ermittlungen«, antwortete Rachel vorsichtig.
Samuel ließ sie nicht aus den Augen und versuchte, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Er schien das Für und Wider abzuwägen und beugte sich dann plötzlich vor, stützte die Ellenbogen auf die Knie und sagte langsam und deutlich: »Warum ist Green Growth so vorsichtig bei der Benennung der Schuldigen? Habt ihr eine andere Spur?«
»Nein«, versicherte Rachel vielleicht etwas zu kategorisch, aber ohne sich beeindrucken zu lassen.
Samuel senkte die Stimme noch mehr. »Und wenn ich dir jetzt sage, dass die färöische Polizei in diesem Moment einen Verdächtigen verhört, einen färöischen Fischer, der als erbitterter Gegner von Organisationen eurer Art bekannt ist?«
Rachel runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
»Man hat bei ihm Spuren desselben Sprengstoffs gefunden, der für das Schlauchboot benutzt wurde. Was sagst du dazu?«
Der Reporter musterte sie aufmerksam, als er ihr diese Neuigkeit mitteilte. Rachel blinzelte verwundert, ehe sie schließlich antwortete: »Woher hast du diese Info? Ist sie verifiziert?«
»Ein Informant, der den Ermittlern nahesteht, hat sie mir vor einer Stunde gegeben. Ich habe die Meldung gerade an die Agentur geschickt.«
Rachel fasste sich wieder. »Gut.«
»Aber du scheinst erstaunt.«
»Erstaunt? Nein.«
»Offenbar steckt also ein Färinger hinter dem Attentat«, beharrte Samuel, der ihr eine Erklärung abzuringen versuchte.
»Wir müssen die Bestätigung abwarten«, erwiderte Rachel vorsichtig, »aber es scheint sich in der Tat so zu verhalten.«
Dann sah sie auf ihre Uhr. »Tut mir leid. Meine Schwiegermutter, die auf meinen Sohn aufpasst, wartet. Ich muss gehen.«
Sie erhob sich, er auch. Es folgte eine verlegene Pause, beide schienen zu zögern. Schließlich trat Rachel den Rückzug an.
»Also dann, mach’s gut.«
»Ja, du auch.«
»Bis bald.«
»Bis demnächst mal.«
Samuel sah Rachel nach, bis sich die Türen des Aufzugs hinter ihr schlossen. Er ertrug es nicht, für dumm verkauft zu werden.
■ ■ ■
Sobald Rachel draußen war, schrieb sie eine SMS an Peter: »Hast du die AFP -Meldung gelesen? Ruf mich an, wenn du kannst.« Sie wusste, dass ihr Chef heute Abend sein fünfjähriges Zusammenleben mit seinem Lebensgefährten Kyle feierte, und wollte nicht stören.
Doch der Green-Growth-Leiter rief sie auf der Stelle zurück. Rachel wiederholte, was sie von Samuel gehört hatte. Peter bestätigte die Information.
»Stimmt, vor zwanzig Minuten ist die Meldung veröffentlicht worden.«
»Dann war es also ein färöischer Fischer?«
»Sieht ganz so aus. Es heißt, man habe Sprengstoff bei ihm gefunden. Und es soll sich um einen Einzeltäter handeln.«
»Das hat mir von Lommel auch gesagt. Ich komme gerade vom Interview.«
»Ging alles glatt?«
»Ich weiß nicht recht.«
»Ich bin mir sicher, dass du deine Sache gut gemacht hast. Ich habe eine schlechte Nachricht aus dem Riget. Karls Ödem hat sich nicht zurückgebildet.«
Rachel schluckte. »Wird er …«
»Ich weiß nicht«, antwortete Peter ernst. »Es sieht nicht gut aus.«
»Mein Gott … ich besuche ihn morgen.«
»Und es scheint so, als hätte Joanna sich eine Hepatitis eingefangen oder irgendwas an der Leber. Sie kommt so bald nicht raus.«
»Stimmt, ich fand, dass ihre Augen gelb aussahen. Dann gehe ich morgen auch bei ihr vorbei. Schönen Abend noch, und entschuldige die Störung. Grüße an
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