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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Briefumschlag zeigte an, dass sie eine SMS empfangen hatte. Da sie dachte, sie könnte von Christa kommen, las sie die Nachricht sofort.
    Steig nich in das bot sie wollen dein kof
    RR 21
    Rachel runzelte die Stirn und schnaubte. Was soll denn dieser Blödsinn? Schon wieder ein Verrückter. Sie war bereits etlichen dieser Sorte begegnet, seit sie sich aktiv bei den Umweltschützern engagierte. Am schlimmsten war es gewesen, als vor einem Jahr der UNO -Gipfel zum Klimawandel in Kopenhagen stattgefunden hatte. Zu dieser Zeit hatte sie mehr Beleidigungen, Drohungen und Einschüchterungsversuche hinnehmen müssen als während ihrer gesamten zehnjährigen Aktivistenlaufbahn. Sie legte das Handy auf das Nachtkästchen zurück und beschloss, so wie sie es immer gehalten hatte, die seltsame Nachricht sofort zu vergessen.
    Rachel vertrieb alle störenden Gedanken, die ihren Einsatz gefährden könnten, und bemühte sich um eine gleichgültige Haltung. Sie schloss den Kragen ihrer Öljacke und ging eilig zum Vorderschiff. Dort traf sie ihre sechs Kollegen an. Morten warf ihr hinter der Glasscheibe des Ruderhauses einen fragenden Blick zu. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Rachel lächelte.
    »Sehr gute Nachrichten bei mir zu Hause, alles in Ordnung.«
    Joanna trat zu ihr und flüsterte ihr zu: »What’s up, dear?«
    »Das war Christa. Sacha ist im Krankenhaus, aber kein Grund zur Sorge. Es ist ein Wunder geschehen, er hat die Füße gehoben.«
    Joanna drückte ihren Arm. »Das ist ja Wahnsinn, ich dachte, so was wäre ganz unmöglich!«
    »Ich auch …«
    Eine Welle der Erleichterung ergriff die Mannschaft. Karl wandte seine Aufmerksamkeit dem Fjord zu. »Sie formieren sich!«, rief er und deutete auf die Ausfahrt der Bucht.
    Alle blickten in die Richtung, in die er zeigte. Ein Dutzend kleiner Fischerboote war aufs Meer gefahren und bildete jetzt, der Tradition entsprechend, vor der Küste einen Halbkreis. Ohne es sehen zu können, ahnte man, dass sie in dem so abgeteilten Sektor die beiden Grindwalschulen in die Zange nahmen. Die Boote näherten sich dem Ufer und trieben die Delfine in den Fjord. Das Meer schloss sich hinter ihnen wie eine Falle.
    Morten gab Gas, und die Serendipity steuerte die Bucht an.
    Seit sich die ersten Siedler im 9 . Jahrhundert auf den Färöern niedergelassen hatten, fand hier zu Ehren der Wikingertradition das Grindadráp statt, die Jagd auf die Grindwale. Die örtlichen Behörden genehmigten sie, obwohl es sich laut der Konvention der Internationalen Walfangkommission um geschützte Tierarten handelt. So wurden am Ende des Sommers alljährlich um die tausend Globicephala melaena getötet und zerteilt. Die Färinger behaupteten, dieses Schauspiel, an dem sich alle Inselbewohner beteiligen konnten, sei Teil ihrer Kultur und Geschichte, der Tod der Wale sei schmerzlos und durch die Tatsache gerechtfertigt, dass das Fleisch getrocknet und das Jahr über verzehrt würde.
    Green Growth hatte dies als Lüge enttarnt. In Wahrheit hatte das färöische Gesundheitsministerium Ende 2008 das Fleisch der Globicephala wegen der hohen toxischen Belastung als ungeeignet für den Verzehr erklärt. Damit war die blutige Corrida aus ernährungstechnischer Hinsicht unnütz. Dennoch wurde sie im Namen der Tradition – und um die Touristen mit Walzähnen zu beliefern – fortgesetzt. Siebzehn Städte und Dörfer an der Küste des Fjords waren noch berechtigt, das Gemetzel fortzusetzen. Heute würde die Schlächterei vermutlich im Fjord von Klasvik stattfinden.
    Die Färinger Fischer spannten mit Steinen beschwerte Netze zwischen ihren Booten und trieben die Tiere in den Fjord. Da es verboten war, die Tiere auf dem offenen Meer anzugreifen, wurden sie, einmal gestrandet, mit Fanghaken und Seilen auf den Sand gezogen und dort mit Messern getötet und sofort zerteilt.
    Die dunklen Wolken, die am Himmel aufzogen, kündigten neue Regenfälle an. Unter Missachtung der Warnschüsse und des Hupens entlang der Küste fuhr die Serendipity in den Fjord. Dutzende Autos mit aufgeblendeten Scheinwerfern parkten am Ufer und auf den Hügeln. Die Bewohner traten aus den weißen Häusern mit den roten Türen. Fast die gesamte Inselbevölkerung war versammelt, denn um nichts auf der Welt wollten sie dieses Schauspiel versäumen. Mit Fanghaken und Messern bewaffnet, gingen sie hinab zum Strand. Männer, Frauen und Kinder kamen, um das Ritual durchzuführen. Es wurde gesungen, gelacht, gescherzt, die Stimmung war wie bei einem

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