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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Vielleicht machte sie gerade eine besonders schwere Zeit durch, in der sie ihr Heil im Gebet suchte? Auf jeden Fall war der Herzanfall, den sie vor vier Jahren erlitten hatte, eine ernst zu nehmende Warnung gewesen, die sie auch heute noch nicht auf die leichte Schulter nehmen durfte. Es bestand auch in Zukunft Grund zur Vorsicht. Aber obwohl Christa so stark und optimistisch wirkte, litt sie womöglich an einer Depression, die mit dem Verschwinden ihres Sohnes, ihrer Mitschuld an der PCB -Vergiftung und der Angst vor dem eigenen Tod zusammenhing.
    Rachel musste sich eingestehen, dass sie beide niemals wirklich über etwas anderes als Sacha sprachen. Und der ganze Rest? Die Pensionierung? Ihre Witwenschaft? Ihr Sohn? Sie nahm sich fest vor, mehr mit ihr zu reden und ihr zu helfen, diese schwere Phase zu überstehen. Sie musste unbedingt mit ihr über Niels sprechen. Rachel schloss erneut die Augen, lauschte den Geräuschen in ihrer Wohnung und schlief ein.
    ■ ■ ■
    Rachel öffnete die Augen. Kalter Schweiß durchtränkte das T-Shirt, das ihr an Schulterblättern und Brüsten klebte. Ein Krachen ließ sie zusammenfahren. Der bleiche Schein eines Blitzes erhellte ihr Bett. Deutlich hörte Rachel, wie der Regen gegen die Scheiben prasselte – und außerdem ein regelmäßiges metallisches Geräusch, klang klang , das aus dem Wohnzimmer zu ihr herüberdrang. Etwas schlug rhythmisch gegen eine Wand. Während sie darauf wartete, dass der Lärm verebbte, hatte sie Zeit, wieder zu sich zu kommen. Doch das Geräusch hörte nicht auf. Entschlossen schlug sie die Bettdecke zurück und griff sich den erstbesten wärmenden Gegenstand, der ihr in die Hände fiel, eine unförmige Strickjacke. Kaum hatte sie die Schiebetür des Zimmers geöffnet, war es, als stünde sie bei größtem Unwetter auf der Brücke der Serendipity . Der Regen peitschte gegen die Fenster, der Wind pfiff heulend durch den Außenflur, und sintflutartig prasselte das Wasser in die Abflussrinnen, doch das dumpfe klang klang wurde immer lauter. Rachel wusste nun, woher das Geräusch kam. Das Eckfenster in der Küche hatte sich geöffnet und schlug gegen den Rahmen. Ich bin mir sicher, dass ich es zugemacht habe. Sie zog das Fenster zu, drehte den Griff herum und erschrak. Sie glaubte, in der Scheibe einen Schatten gegenüber an der Hausmauer gesehen zu haben. Suchend glitt ihr Blick durch das Wohnzimmer und die Küche und zu den anderen Türen. Ein Blitz erhellte den Raum.
    Sie sah zum großen Glasfenster hinüber.
    Und wieder zuckte ein Blitz.
    Eine Erscheinung stand im schmalen Gang genau vor dem Fenster.
    Es war Christa, leichenblass. Sie trug ein weites blaues Kleid, das ihr an der Haut klebte, die rosafarbene Handtasche baumelte um ihren mageren Hals, ihre Augen starrten sie ausdruckslos an.
    Erschrocken schlug Rachel die Hand vor den Mund und unterdrückte einen Schrei. Sie stürzte zur Tür und wollte sie aufreißen, doch sie hatte von innen doppelt zugesperrt. In ihrer Panik kämpfte Rachel verzweifelt erst mit dem oberen, dann mit dem unteren Schloss, bis sie schließlich beide aufbekam und die Tür sich öffnen ließ. Eine heftige Windbö stieß sie in die Wohnung zurück.
    »Christa!«, schrie sie, während sie sich nach draußen kämpfte. Sie glaubte, die Umrisse einer Gestalt zu sehen, die am anderen Ende des dunklen Flurs verschwand.
    Mit nackten Füßen lief Rachel durch den Gang. Da war niemand. Ich habe nicht geträumt, sie war da, verdammt noch mal, sie war da! »Christa!«, rief sie erneut. Der Fahrstuhl war leer. Sie öffnete die Tür zum Treppenhaus. Niemand. Sie hielt sich am Geländer fest, eilte die drei Stockwerke hinab und gelangte auf den Rasen, wo ihr der dichte Regen ins Gesicht prasselte. Lediglich der kreisrunde Lichtschein einer Laterne erhellte den Spielplatz. Wieder zuckte ein Blitz am Himmel. Rachel machte kehrt. Nachdem sie noch kurz gezögert hatte, lief sie schließlich die drei Stockwerke wieder hinauf. Ich habe nicht geträumt , wiederholte sie, vor Angst und Kälte zitternd, immer wieder. Sie war da, sie war da, sie war da . Gerade als sie die Tür aufschließen wollte, sah sie, dass jemand mit Schmutzwasser etwas auf ihre Wohnungstür geschrieben hatte.
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KAPITEL EINUNDZWANZIG
    Um sechs Uhr stand Rachel wieder auf, sie war wie gerädert und hatte dunkle Schatten unter den Augen. Als Erstes machte sie Kaffee, den sie, am Fenster stehend, trank. Prüfend betrachtete sie die Eingangstür. Heute Morgen, gleich

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