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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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und erklärte, dass Beatrice durch die Einnahme einer mit atypischen Proteinen verunreinigten Hormoncharge vergiftet worden sei. Am 10. Juni holte Gott sie zu sich.«
    Evelyne weinte. Auch Rachel, die ihr gegenübersaß, konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Sie hielten einander bei den Händen. Evelyne schniefte und putzte sich mit einer Papierserviette die Nase.
    »Tja, und dann habe ich die Gesellschaft für die Opfer von Wachstumshormonen gegründet und mir geschworen, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. Aber das allein reicht mir noch nicht. Es gibt nämlich stapelweise Berichte über Medikamente mit verhängnisvollen Folgen, die einfach unter Verschluss gehalten werden.«
    Evelyne hatten ihren Kampfgeist wiedergefunden.
    »Verstehst du jetzt, warum ich nicht aufhören kann? Wenn wir nichts tun, wird niemand etwas tun, und es sind unsere Kinder, die die Sache ausbaden müssen.«
    Während sie die Straße Richtung Ø restad nahm, sah Rachel vor ihrem inneren Auge noch immer Evelynes verzweifelten Blick.
    Die Mutter hatte einer Behandlung zugestimmt und damit ungewollt ihre Tochter, die sich bester Gesundheit erfreute, zum Tode verurteilt. Zu der Zeit war Sacha noch nicht geboren, und Rachel hatte damals nur den Hauch einer Ahnung vom Schmerz dieser Mutter gehabt.
    Sein Kind durch eine schleichende Krankheit zu verlieren war das Schlimmste, was man sich nur vorstellen konnte. Es war gegen die Natur, grausam und unerträglich. Nun, in Anbetracht ihrer eigenen Mutterschaft, fragte sich Rachel, wie Evelyne es geschafft hatte, diese Katastrophe zu überleben. Sie bewunderte sie heute noch mehr als damals.
    Rachel sah kurz in den Rückspiegel. Sacha versuchte, Bildchen auf die Fensterscheibe zu malen. Zwar konnte er sich nur im Rollstuhl fortbewegen oder in seinem Laufwagen, aber ansonsten ging es ihm gut. Er war geistig völlig normal, ging – wie alle Kinder – zur Schule, und seine Leistungen lagen sogar etwas über dem Durchschnitt. Er traf sich mit seinen Freunden und hatte mit Sicherheit fast genauso viel Spaß wie jeder andere kleine Junge seines Alters. Warum sollte sie ihn den gefährlichen Nebenwirkungen einer Behandlung aussetzen, die die Ärzte nicht kontrollieren konnten? Es kam nicht infrage, dass man ihr eines schönen Tages erklärte: »Das haben wir nicht gewusst« und dass sie dann für den Rest ihres Lebens keinen Tag mehr froh sein würde.
    Als sie das Auto in der Nähe der Sperre vor ihrer Wohnsiedlung parkte, hatte sie bereits ihre Entscheidung getroffen. Sie würde Professor Hansens Vorschlag ablehnen. Stattdessen würde sie ihren Tagesablauf umstrukturieren, zu anderen Zeiten arbeiten, abends und in der Nacht, damit sie so oft wie möglich mit ins Krankenhaus gehen und bei allen zusätzlichen Terminen zu Hause anwesend sein konnte. Sie würde ihn nicht allein lassen und alles tun, um ihm die besten Möglichkeiten zu bieten. Sachas kleiner Körper wollte ihr irgendetwas mitteilen, sie musste nur verstehen, was. Und vielleicht würde er nach diesem Intensivprogramm ein wenig an Autonomie gewinnen.
    Während sie Sacha abschnallte und ihn in seinen Rollstuhl setzte, küsste sie ihn.
    »Wir schaffen das schon, mein Kleiner.«
    »Kann ich mir meinen Comic ansehen?«
    Rachel lächelte. »Klar.«
    Sie war gerade im dritten Stock aus dem Fahrstuhl gestiegen und ging den schmalen Flur entlang, als plötzlich ihr Handy klingelte.
    »Spreche ich mit Frau Karlsen?«
    »Am Apparat.«
    »Wir haben das Ergebnis der Analyse der Probe, die Sie heute Morgen abgegeben haben.«
    Rachel blieb kurz stehen. »Vielen Dank für Ihren Anruf.«
    »Die Probe stammt von einem Embryo.«
    Der Puls der jungen Frau beschleunigte sich. »Was sagen Sie?«
    »Es handelt sich um einen Embryo.« Die Stimme des Mannes am anderen Ende der Leitung führte weiter aus: »Um ein Stück von einem menschlichen Embryo.«
    Rachel schluckte mühsam. Der Mann fragte sie, woher die Probe stamme. Sie murmelte irgendetwas Unverständliches, das sich vage wie eine Entschuldigung anhörte, und unterbrach die Verbindung.
    Wie in Trance wählte sie Christas Nummer. Doch erneut schaltete sich der Anrufbeantworter ein. Da Rachel ihr keine Nachricht hinterlassen wollte, unterbrach sie den Vorgang. Da merkte sie, dass in der Zwischenzeit jemand mit unterdrückter Rufnummer versucht hatte, sie zu erreichen. »Ich bin Kirsten Sörensen, die Physiotherapeutin, und rufe Sie im Auftrag von Professor Hansen an. Für die erste Behandlung

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