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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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wartete nur auf ein Zeichen von ihm. Das zumindest hatte sie bei ihrem letzten Gespräch erklärt, ehe er auf Abstand gegangen war. Doch er empfand nicht mehr als Zuneigung für sie, nichts, was ihn aufwühlte. Er hatte nicht dieses Kribbeln im Bauch wie bei seinem Wiedersehen mit Rachel.
    »Ich glaube, ich gehe besser«, erklärte Ellen verschmitzt. »Ich möchte mich nicht aufdrängen, schon gar nicht im Bett eines eingefleischten Junggesellen.«
    Samuel schloss die Augen und hielt sie zurück. »Nein, bitte bleib noch.«
    Ellen lächelte im Dunkeln und genoss diesen kleinen Triumph. Schließlich schlief sie ein.
    Nachdem er zwei Stunden geschlafen hatte, war Samuel hellwach. Er schlüpfte in seine Unterhose, suchte in der Jacketttasche nach der CD und setzte sich dann, den Laptop auf den Knien, auf das Sofa. Er schob die Kopie, die Ellen ihm gegeben hatte, in das Laufwerk.
    Ellens Gesellschaft war überaus angenehm, doch sie hatte noch einen weiteren Vorteil, und der bestand in ihrem Beruf als Leiterin der Kopenhagener Steuerbehörde. Mit wenigen Mausklicks hatte sie Zugriff auf alle Konten und Steuererklärungen der dänischen Bürger. Der zweite äußerst interessante Punkt war ihr ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Sie spendete schon lange für Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, Green Growth und den WWF , sie unterstützte ihre Kampagnen, unterschrieb Petitionen, sandte ihre Aufrufe weiter, ohne bislang ein konkretes Engagement gewagt zu haben, doch sie dachte ernsthaft darüber nach. Als Samuel sie um einen großen Gefallen gebeten hatte, um »die Mörder der Grindwale in die Enge zu treiben«, hatte sie um Bedenkzeit gebeten und sich dann bereiterklärt, ihm zu helfen, »halb seinetwegen, halb wegen der Biodiversität in den Weltmeeren«. Am Telefon hatte sie ihm gesagt: »Ich werde ohnehin nicht ewig in diesem Job bleiben. Ich möchte mich nützlich machen, ich habe meine Entscheidung getroffen.«
    Samuel öffnete die Dateien. Es handelte sich um die letztjährigen Auszüge der Geschäfts- und Privatkonten des Walfischers Ole Polsen.

KAPITEL VIER
    27. August. Rehazentrum des Rigshospitalet
    Rachel schob Sachas Rollstuhl durch den langen verglasten Korridor, der zum Rehazentrum am äußersten Ende des H-Flügels führte. Ein Maler, der eine Vorliebe für leuchtende, fröhliche Farben zu haben schien, hatte die Scheibe mit einem monumentalen abstrakten Fresko versehen – eine Art blau-grün-gelbe Riesenwelle. Davor stand ein gutes Dutzend Trainingsräder, auf denen keuchende Patienten, den Blick in diese Farbenexplosion verloren, strampelten.
    Als Rachel an ihnen vorbeiging, genoss sie die friedliche Atmosphäre. Am Ende des Korridors öffneten sich auf der linken Seite zwei Schwingtüren zum Trainingssaal, auf der rechten lag das Schwimmbad. Rachel und Sacha nahmen den linken Eingang und betraten den großen mit Parkett ausgelegten Raum. Er war in mehrere Einheiten unterteilt, die mit jeweils einer blauen Gymnastikmatte und verschiedenen martialischen Vorrichtungen aus Eisenstangen, Seilzügen und Gewichten versehen und von je einem aus Patient und Physiotherapeut bestehenden Team belegt waren. Hier betätigten sich Unfallopfer jeglichen Alters, um durch ihren eisernen Willen etwas mehr Autonomie zu gewinnen.
    Im zweiten Bereich von links hatte Kirsten Sörensen das für die heutige Sitzung nötige Material aufgebaut: eine Muskelbank, bunte Bälle verschiedener Größe und eine kleine Mühle, deren Flügel man durch Kurbeln an den Seiten in Bewegung setzen konnte.
    Mit einem kräftigen Händedruck begrüßte Kirsten Sacha, der ihr mit einem lautstarken »Hallo« antwortete und seiner Mutter zum Abschied zuwinkte.
    Als Rachel sich am Morgen im Spiegel gesehen hatte, war sie erschrocken. Also hatte sie sich etwas stärker als normal geschminkt, um nicht allzu blass zu wirken, die Augenringe zu kaschieren und ihrem Blick mehr Intensität zu verleihen.
    Was das Make-up nicht hatte vertreiben können, war ihr riesiger Kater. Sie hatte das Gefühl, eine Eisenstange würde ihren Kopf durchbohren, ihre Kehle brannte, als hätte sie eine Rolle Stacheldraht verspeist, und eine dumpfe Übelkeit hatte sie ergriffen, sobald sie, vollständig angekleidet und verstört, auf dem Sofa aufgewacht war. Schnell war sie unter die Dusche gegangen. Nie wieder suchst du Trost im Alkohol. Das schaffst du auch so.
    Rachel, der es nicht gelingen wollte, sich innerlich aufzuwärmen, setzte sich im Trenchcoat auf den Rand der

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