Wehrlos vor Verlangen
dem sehnlichen Wunsch, der Abend möge endlich vorbei sein, und der aussichtslosen Hoffnung, dass er ewig dauern würde. Denn was sie am Ende dieses Abends erwartete, war noch tausendmal schlimmer. Verstohlen betrachtete sie Thanos. Er sah atemberaubend aus in dem schwarzen Smoking, das dunkle Haar aus der Stirn zurückgekämmt. Was für ein Mann! Weltgewandt, kultiviert und mit Sicherheit ein fantastischer Liebhaber. Der letzte Gedanke entfachte prompt ein Feuer in ihr, das höher loderte, als Thanos sie über den Tisch hinweg anschaute und ihre Blicke sich ineinander verfingen.
Und wie schon damals bei ihrer ersten Begegnung in der Galerie verstummten die Stimmen der anderen und verschwanden ihre Gesichter. Tahlia hatte das Gefühl, als wären sie beide die einzigen Menschen auf der Welt. Sie schluckte, als seine Augen sich mit einem sinnlichen Versprechen verdunkelten. Und dann erkannte sie es plötzlich: Nicht Thanos war es, vor dem sie Angst hatte. Nein, sie fürchtete sich vor sich selbst und ihrer lächerlichen Unfähigkeit, ihm zu widerstehen. Wie erbärmlich, sich derart unwiderstehlich zu einem Mann hingezogen zu fühlen, der sie so offensichtlich verachtete. Doch gegen jegliche Logik und Vernunft spürte sie eine Verbindung zu ihm. Eine Stimme in ihrem Kopf flüsterte ihr zu, dass er „der Eine“ war, auf den sie ihr ganzes Leben gewartet hatte.
„Noch Wein, Tahlia?“ Antonis Lykaios lehnte sich zu ihr, die Flasche Chardonnay in der Hand. Dankbar ergriff sie die Gelegenheit, ihren Blick von Thanos zu reißen. Dabei vergaß sie ihre Antipathie für den Mann und lächelte ihn an.
Auf der anderen Tischseite unterdrückte Thanos den bohrenden Drang, seine Faust in das attraktive Gesicht seines Juniordirektors zu rammen und sich Tahlia wie ein Höhlenmensch über die Schulter zu werfen, um sie aus dem Restaurant in sein Bett zu schleppen. Wie konnte sie es wagen, direkt vor seiner Nase mit Lykaios zu flirten? Aber was hatte er denn erwartet? Die britische Regenbogenpresse hatte doch in den letzten Monaten genug über sie berichtet. Tahlia würde mit jedem Mann unter siebzig flirten!
Mit einem kurzen Kopfnicken bedeutete er seinem Vize, dass es Zeit war, den Abend zu beenden, dann wanderte sein Blick wieder zu Tahlia zurück. Inzwischen hatte er erkannt, dass seine ursprüngliche Meinung über ihren Aufzug falsch gewesen war. Auf den ersten Blick mochte die hochgeschlossene Bluse vielleicht prüde wirken, doch beim zweiten Hinsehen erkannte man die Form der festen Brüste unter dem feinen Stoff. Seine Finger sehnten sich schon jetzt danach, jeden einzelnen dieser winzigen Knöpfe zu öffnen und die Haut unter dem Stoff zu berühren. Es machte ihn wütend, dass er nicht der einzige Mann am Tisch war, der seine Blicke nicht von Tahlia abwenden konnte.
Irgendwann war das Dinner tatsächlich vorbei. Tahlia unterdrückte den erleichterten Seufzer, als sich die Gesellschaft vom Tisch erhob. Antonis Lykaios musste ihr Lächeln als Aufforderung missverstanden haben. Zweimal hatte sie seine Hand unter dem Tischtuch entschieden von ihrem Schenkel schieben müssen. Jetzt nahm sie sich zusammen, um nicht zusammenzuzucken, als er bei der Verabschiedung in einer übertriebenen Geste ihre Hand nahm und an seine Lippen führte. Sie sah, wie Thanos die Augenbrauen zusammenzog, und die ungute Ahnung in ihr wuchs, als sie durch das Foyer auf die Aufzüge zugingen und schweigend nach oben fuhren.
„Mir ist klar, dass du mit jedem flirtest, der Hosen trägt“, knurrte er, als er hinter ihr die Suite betrat. Er zog sein Jackett aus und warf es achtlos über eine Sessellehne. „Aber Antonis Lykaios ist verlobt, und ich werde nicht zulassen, dass du deine gierigen Klauen in sein Fleisch schlägst.“
„Seine Verlobte tut mir leid.“ Sie machte sich keine Mühe, ihre Verachtung zu kaschieren. „Dein Direktor hat mit mir geflirtet. Ich wäre dir dankbar, wenn du ihn anweisen könntest, seine schmutzigen Finger in Zukunft von mir zu lassen.“
Als das schmerzhafte Pochen hinter ihren Schläfen stärker wurde, schloss Tahlia die Augen. Die Kopfschmerzen stammten vermutlich von den zwei Gläsern Wein, die sie getrunken hatte, obwohl sie das Essen kaum angerührt hatte. Zum Teil dürfte aber auch ihre wachsende Nervosität dafür verantwortlich sein. Thanos war überwältigend sexy, sah aber auch grimmig und einschüchternd aus. Die Vorstellung, ihm ihre Jungfräulichkeit zu opfern, obwohl er nichts als Verachtung für sie
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