Weiberregiment
verstehe, Perks, dass du ebenso wie die anderen ›Jungs‹ Wachdienst leisten musst«, sagte Bluse, und Polly
hörte
die Anführungszeichen. »Ich habe ein erfrischendes Nickerchen gehalten, und das Bluten hat aufgehört, ebenso das Zittern. Allerdings… ich brauche jemanden, der mich rasiert.«
»Du möchtest, dass ich das erledige«, sagte Polly und fühlte sich von neuem Kummer erfasst.
»Ich muss ein gutes Beispiel geben, Perks, aber ich gebe zu, dass ich es in dieser Hinsicht kaum mit euch ›Jungs‹ aufnehmen kann. Ihr alle habt Gesichter ›so glatt wie ein Babypopo‹, muss ich sagen!«
»Ja, Herr.« Polly holte das Rasierzeug hervor und ging zum Feuer, wo ständig Wasser im Kessel kochte. Die meisten Rekruten dösten, aber Maladikt saß mit überkreuzten Beinen am Lagerfeuer und stellte etwas mit seinem Hut an.
»Hab von dem Gefangenen in der vergangenen Nacht gehört«, sagte er ohne aufzusehen. »Ich glaube, der El-Teh macht es nicht lange, was meinst du?«
»Der wer?«
»Der Leutnant. Nach dem, was ich hörte, wird Bluse bald einen scheußlichen Unfall haben. Jackrum hält ihn für gefährlich.«
»Er lernt, wie wir.«
»Ja, aber der El-Teh sollte eigentlich wissen, was zu tun ist. Glaubst du, er weiß es?«
»Jackrum sitzt ebenfalls fest«, sagte Polly und füllte den Kessel mit kaltem Wasser. »Ich glaube, wir sind einfach nur unterwegs.«
»Falls es überhaupt einen Ort gibt, zu dem wir unterwegs sein können.« Maladikt hob seinen Tschako. »Was hältst du davon?«
Die Worte »Geboren um zu sterben« waren mit Kreide auf den Hut geschrieben, direkt neben dem Zigarettenpäckchen.
»Sehr… individuell«, kommentierte Polly. »Warum rauchst du? Das ist nicht sehr… vampirig.«
»Man
erwartet
von mir, nicht sehr vampirig zu sein«, sagte Maladikt und zündete sich mit zitternder Hand eine Zigarette an. »Es ist das Saugen. Ich brauche es. Ich bin nervös und kriege das Kein-Kaffee-Bibbern. Und im Wald fühle ich mich unwohl.«
»Aber du bist ein Vam…«
»Ja, die Grüfte sind kein Problem. Aber ich habe ständig das Gefühl, von zahlreichen spitzen Pflöcken umgeben zu sein. Offen gestanden… Es beginnt zu
schmerzen
. Es ist so wie am Anfang! Ich höre Stimmen, mir bricht der Schweiß aus…«
»Pscht«, sagte Polly, als Knaller im Schlaf brummte. »Reiß dich zusammen«, flüsterte sie. »Du hast gesagt, dass du es zwei Jahre ohne geschafft hast!«
»Ohne,
Bl… Blu… Blut
?«, erwiderte Maladikt. »Wer hat was von Blut gesagt? Ich meine Kaffee, verdammt!«
»Wir haben jede Menge Tee…«, begann Polly.
»Du verstehst nicht! Es ist das… Verlangen. Das Verlangen hört nie auf, aber du richtest es auf etwas anderes, das die Leute nicht dazu veranlasst, dich in einen kurzen Kebab zu verwandeln! Ich
brauche
Kaffee!«
Warum ich?, dachte Polly. Trage ich ein kleines Schild mit der Aufschrift »Erzähl mir von deinen Problemen«? »Mal sehen, was ich tun kann«, sagte sie und füllte rasch den Rasierbecher.
Polly kehrte mit Wasser zurück, führte Bluse zu einem Felsen und rührte Schaum an. Sie schärfte das Rasiermesser und nahm sich dabei so viel Zeit, wie sie wagte. Als der Leutnant ungeduldig hüstelte, ging sie in Stellung, hob das Rasiermesser, betete…
…
aber nicht zu Nuggan. Nie zu Nuggan, seit dem Tod ihrer Mutter…
Und dann lief Knaller herbei und versuchte, rufend zu flüstern: »Bewegung!«
Bluse hätte fast das andere Ohrläppchen verloren.
Jackrum erschien aus dem Nichts, die Stiefel an den Füßen, aber mit baumelnden Hosenträgern. Er packte Knaller an der Schulter und drehte sie um. »Wo?«, fragte er.
»Da unten ist ein Weg! Soldaten! Wagen! Was machen wir jetzt, Feldwebel?«
»Wir sind zunächst mal leise!«, brummte Jackrum. »Sind die Soldaten hierher unterwegs?«
»Nein, sie sind vorbeigezogen, Feldwebel!«
Jackrum drehte sich um und bedachte den Rest der Gruppe mit einem zufriedenen Blick. »Naaah schön! Korporal, nimm Karborund und Perks mit und sieh dir die Sache an. Die anderen nehmen ihre Waffen und versuchen, tapfer zu sein. Äh, Leutnant?«
Bluse wischte sich verwirrt den Schaum vom Gesicht. »Was? Oh. Ja. Kümmere dich darum, Feldwebel.«
Zwanzig Sekunden später lief Polly hinter Maladikt den Hang hinunter. Hier und dort konnte sie den Boden des Tals zwischen den Bäumen sehen, und als sie nach unten blickte, bemerkte sie metallisches Blitzen im Sonnenschein. Die Bäume hatten hier eine dicke Decke aus Nadeln auf dem Boden geschaffen,
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