Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
jemand gedacht. Nun, während die Burschen nach uns suchen, machen wir es uns dort gemütlich, wo sie bereits Ausschau gehalten haben. Zwei der Jungs sollen dort oben Wache halten.«
    Polly wurde für den ersten Wachdienst eingeteilt, und ihr Posten befand sich auf der kleinen Klippe am Rand der Rinne. Es war zweifellos ein gutes Versteck. Ein ganzes Regiment konnte sich dort verbergen. Und niemand konnte sich nähern, ohne gesehen zu werden. Und Polly leistete ihren Teil wie ein richtiges Mitglied der Truppe, was mit ein wenig Glück bedeutete, dass sich Bluse von jemand anderem rasieren ließ. Durch eine Lücke in den Baumwipfeln sah sie unten eine Art Straße, die durchs Waldland führte. Sie behielt sie im Auge.
    Schließlich löste Toller sie mit einem Becher Suppe ab. Auf der anderen Seite der Rinne nahm Stecher Reißers Platz ein.
    »Woher kommst du, Schnieke?«, fragte Toller, als Polly die Suppe genoss.
    Es konnte nicht schaden, Auskunft zu geben. »Aus Münz«, antwortete Polly.
    »Wirklich? Jemand hat gesagt, du hättest in einem Wirtshaus gearbeitet. Wie heißt es?«
    Ah… genau dort konnte es noch schaden. Aber jetzt konnte sie kaum mehr lügen. »›Zur Herzogin‹«, erwiderte sie.
    »Das große Wirtshaus? Sehr nobel. Hat man dich gut behandelt?«
    »Was? Oh… ja. Ziemlich gut.«
    »Bist du geschlagen worden?«
    »Wie? Nein. Nie«, sagte Polly und fragte sich nervös, wohin dies führte.
    »Hast du hart gearbeitet?«
    Polly dachte darüber nach. Eigentlich hatte sie härter gearbeitet als die beiden Dienstmädchen, ohne wie diese einen Nachmittag pro Woche frei zu haben.
    »Normalerweise stand ich als Erste auf und ging als Letzte zu Bett, wenn du das meinst«, sagte sie. Und um rasch das Thema zu wechseln, fügte sie hinzu: »Was ist mit dir? Kennst du Münz?«
    »Wir haben beide dort gewohnt, Tilda – ich meine Stecher – und ich«, sagte Toller.
    »Ach? Wo?«
    »In der Mädchenschule«, sagte Toller und wandte den Blick ab.
    Solche Fallen hält ganz gewöhnliche Konversation bereit, dachte Polly. »Kein angenehmer Ort, nehme ich an«, entgegnete sie und kam sich dumm vor.
    »Nein, es war kein angenehmer Ort«, bestätigte Toller. »Es war sogar ein sehr scheußlicher Ort. Wir glauben, dass auch Reißer zu den Schülerinnen zählte. Wir
glauben
,
das sie es war. Wir wurden alle oft nach draußen zur Arbeit geschickt.« Polly nickte. Einmal war ein Mädchen von der Schule gekommen und hatte in der »Herzogin« gearbeitet. Sie kam jeden Morgen, bis auf die Knochen sauber geschrubbt und mit einer makellosen Schürze, löste sich aus einer Schlange ähnlicher Mädchen, angeführt von einer Lehrerin und flankiert von zwei großen Männern mit langen Stöcken. Sie war dürr und auf eine teilnahmslose, eingeübte Art und Weise höflich, arbeitete sehr hart und sprach nie mit jemandem. Nach drei Monaten war sie fort, und Polly hatte nie den Grund dafür herausgefunden.
    Toller sah Polly in die Augen, wie um ihrer Unschuld zu spotten. »Wir glauben, dass sie die ist, die gelegentlich in dem besonderen Zimmer eingesperrt wurde. So ist das mit der Schule: Wenn man kein dickes Fell bekommt, wird man komisch im Kopf.«
    »Ihr habt die Schule sicher gern verlassen«, sagte Polly, weil ihr nichts anderes einfiel.
    »Das Fenster im Erdgeschoss war offen«, erwiderte Toller. »Aber ich habe Tilda versprochen, dass wir im nächsten Sommer zurückkehren.«
    »Ach, dann war es also nicht
so
schlimm?«, fragte Polly erleichtert.
    »Nein, im Sommer brennt sie besser«, sagte Toller. »Bist du jemals einem gewissen Pater Joppe begegnet?«
    »O ja.« Polly gewann den Eindruck, dass mehr von ihr erwartet wurde, deshalb fügte sie hinzu: »Er kam zum Essen, als meine Mutter… Er kam zum Essen. Ein bisschen aufgeblasen. Aber ansonsten schien er in Ordnung zu sein.«
    »Ja, im Anscheinerwecken war er gut.«
    Erneut tat sich im Gespräch eine dunkle Kluft auf, die sich nicht einmal mit einer Trollbrücke überspannen ließ. Man konnte nur von ihrem Rand zurückweichen.
    »Ich gehe jetzt besser und sehe nach dem Leu… nach dem Rupert«, sagte Polly und stand auf. »Vielen Dank für die Suppe.«
    Sie kletterte über den Geröllhang nach unten, bahnte sich einen Weg durch das Birkendickicht und erreichte schließlich den Bach in der Rinne. Und dort, wie ein grässlicher Flussgott, saß Feldwebel Jackrum.
    Seine rote Jacke, ein Zelt für kleinere Männer, hatte er sorgfältig über einen Strauch gelegt. Er saß auf einem

Weitere Kostenlose Bücher