Weibliche Lust ohne Tabus
bezeichnet. Das heißt: Wir sollten den Geschlechtsakt so sorgfältig und lustvoll »anrichten« wie ein Sterne-Koch sein Sechs-Gänge-Menü. Dazu gehören Sex-Toys, außergewöhnliche Situationen und Räume, Kostümierungen oder Spiele. Heutzutage haben wir dafür die Möglichkeiten, die Freiheiten und (hoffentlich auch) die Einfälle. Vögeln geht immer. Aber manchmal führt nur Kreativität zum Orgasmus.
Noch vor nicht allzu vielen Jahren waren Männer und Frauen, die sich zu ausschweifenden sexuellen Fantasien bekannten, ein Fall für den Psychotherapeuten. Gleiches galt für lustvolle Rollenspiele. Daran hat sich inzwischen einiges geändert. Selbst die Wissenschaft hat eingesehen, dass das Ausleben sexueller Fantasien in den meisten Fällen keinesfalls »pervers« oder »krankhaft« ist, sondern einem erfüllten Liebesleben eher zuträglich.
Aus meiner Sprechstunde
1. Rollentausch
Bei meiner anonymen Telefonsprechstunde hatte ich eine 33-jährige Frau am Apparat, die als Erotikdarstellerin arbeitet. Ihr Job besteht darin, in heißen Dessous und mit telegenem Körper Pornos zu drehen, die später bei den Zuschauern das Kopf-Kino auf Touren bringen. Ganz privat törnt es sie aber am meisten an, wenn sie einfachen »Hausfrauensex« haben kann. Blümchennachthemd und Baumwollunterwäsche sind ihr lieber als erotische Dessous, übertriebene Inszenierungen und pikante Details. Bei ihr läuft dann im Kopf-Kino der Film »Heile Welt«. Aber sobald der Partner von ihrem Beruf wüsste, sei der Traum meist aus und sie müsse dann auch privat die Erwartungen an die Erotikdarstellerin erfüllen. Darum müsse sie den Mann meistens anlügen, und die Beziehung habe sich dann oft auch schnell erledigt.
2. Szenenwechsel
Eine 37-jährige Patientin lebt seit Jahren in einer festen Beziehung und gestand mir, dass sie Rollenspiele extrem erregend findet. Es törnt sie an, ihren Partner als Unbekannten an einer Hotelbar zu treffen, ihn in irgendeinem Laden so anzusprechen wie die Verkäuferin einen Kunden, oder mit ihm eine Zufallsbegegnung zweier Business-Traveller am Flughafen zu arrangieren. Sie fragte mich, ob das in Ordnung sei oder ob mit ihr irgendetwas nicht stimme. Ich konnte sie beruhigen, denn solange der Partner diese Inszenierungen lustvoll mitmacht, scheint es für beide ein Lustgewinn im Alltag zu sein.
3. Kontrollverlust
Besonders Karrierefrauen, von denen im Alltag verlangt wird, Stärke zu zeigen, souverän aufzutreten und Führungsaufgaben zu übernehmen, genießen es, wenn sie sich beim Sex ganz und gar fallen lassen dürfen. Darum mögen es manche auch, sich mit Bondage vom Partner fesseln zu lassen. Das hat mit Sado-Masochismus gar nicht unbedingt etwas zu tun. Aber dieser quasi erzwungene Kontrollverlust erlaubt ihr die Lust. Sie darf in ihrem Intimleben aus ihrem Job aussteigen. Das entspannt total und macht es möglich, dass sie sich beim Sex ganz hingeben kann.
4. Kleine Kicks
Auf meine Frage, wie sie es denn hinkriege, mit Mann und drei Kindern erotisch auf ihre Kosten zu kommen, erzählte eine 38-jährige Patientin mir, dass ihr Mann und sie eine kleine Nischenstrategie mit »Dirty Talks« und Quickies entwickelt haben, die sie sehr aufregend findet. Auf diese Weise können sie ihre Lust ausleben, ohne ständig darauf gefasst sein zu müssen, dass eines der Kinder ins Schlafzimmer platzt. Und weil diese die Begriffe und Andeutungen, die die Eltern in den »Dirty Talks« verwenden, nicht verstehen, wahrt das deren Intimität. Ihr gibt das zudem das Gefühl, aus ihrer Rolle als treusorgende Ehefrau und Mutter auch mal aussteigen zu können.
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DIE RICHTIGE DOSIS:
Das Maß aller Dinge
Freundinnen unter sich: Was man nicht unbedingt wissen muss
Menschen – insbesondere Frauen – sind neugierig. Das ist auch gut so. Aber so manche Details aus dem Sexleben der anderen will man einfach gar nicht wissen. Es heißt immer, in Männerfreundschaften würde schonungslos über Sex gesprochen. Das stimmt in gewisser Weise zwar, aber Männer werden dabei selten persönlich und plaudern nie intime Details aus. Sie debattieren eher allgemein darüber. Wir Frauen sind in dieser Hinsicht gnadenlos und geben der Freundin oft pikanteste Kleinigkeiten preis, die sie dann bei der persönlichen Bekanntschaft des entsprechenden Mannes in echte Bredouille bringt.
Oder könnten Sie Olaf unbefangen die Hand schütteln, wenn Sie wüssten, dass er Ihre Freundin beim Sex gerne ans Bett fesselt? Möchten Sie wissen, wie
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