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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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eigentlich ned. Des geht si aus.« Hubsi lächelt. »Mein Gschbuserl schläft ja eh noch, und i mog ihn a ned wecken. Er schläft so süß.«
    Hm, denke ich. Nach dem Trommelfeuer in der vergangenen Nacht wundert mich das nicht. Nur mit Mühe konnte ich gegen ein Uhr einschlafen. Aber ich bin ja höflich.
    »Ja, habe mitbekommen, dass Sie die Nacht Besuch hatten.«
    »Ah geh, bitte.« Hubsi legt sich beschämt eine Hand auf die Brust. »I hoff, wir haben Sie nicht gestört.«
    »Ist schon okay, konnte eh nicht schlafen.«
    »Ah was? Geht es Ihnen nicht gut? Sie haben neulich so gehetzt gewirkt.«
    »Ach da. Ja, da war ich etwas unter Stress.«
    »Stress? Des is genau meine Welt. I bin Hobbypsychologe, wenn S’ also Fragen ham, immer raus damit.«
    Zunächst will ich dankend ablehnen, frage mich aber, warum eigentlich nicht? Hubsi ist erfolgreich, hat ein erfülltes Sexualleben und kann sich besser als ich in die männliche wie auch weibliche Psyche hineinversetzen.
    »Meine Ex hat mich betrogen.«
    »Na dankschön. Des tut mir leid, aber des kommt vor.«
    »Wir haben uns getrennt, weil ich ihr nicht männlich genug war. Ich habe in den letzten Wochen alles darangesetzt, mein Leben umzukrempeln, um ihr zu zeigen, was für ein cooler Typ ich sein kann.«
    »Und?«
    »Was und?«
    »Na, sind Sie es? A cooler Typ.«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls will sie sich mit mir treffen und reden.«
    »Leiwand.«
    »Bitte?«
    »Tschuldigens, der Wiener is mit mir durchgangen. Ich meinte, dass des doch super ist.«
    »Ja, super.«
    »Sie klingen aber ned gerade so, als ob Sie sich tatsächlich sehr darüber freuen würden.«
    »Ich bin verwirrt. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, mein Ziel erreicht zu haben, aber irgendwie …«
    »… irgendwie sind Sie sich über das Ziel gar nicht mehr so sicher.«
    »Ja, genau.«
    »Wissen S’, Herr Süßemilch, i denk, Sie haben bei den Bemühungen danach, jemand anderes zu sein, vielleicht etwas Wichtiges gfunden.«
    »Ach ja? Und was?«
    »Sich selbst. Und dass Sie gut so san, wie Sie san.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Veränderung sollte aas Erkenntnis entstehen und ned aas Angst, jemandem nicht genügen zu können. Vielleicht müssen S’ ja gar kein anderer Mann sein, um Ihre wahre Liebe zu erobern. Vielleicht war Ihre alte Liebe einfach nur nicht die Liebe, die Sie sich erhofften.«
    »Sie meinen, ich sollte damit aufhören, jemand sein zu wollen, der ich niemals sein kann, und lieber damit beginnen, den zu lieben, der ich bin.«
    »Freilich. Lassen S’ sich des von aanem schwulen Mann gesagt sein, der diese Lektion aach lernen musste. Verstellen Sie sich nicht. Früher oder später bricht die Wahrheit so oder so durch.«
    Ich nicke nur still.
    »Die meisten Leute versuchen a Leben lang, fremden Wünschen und Vorgaben gerecht zu werden. Im Beruf, im Privatleben, in der Gesellschaft.«
    Hubsi hat recht. Ich wollte ein Mann sein, der Steffi und was weiß ich wem noch gefallen würde. Ich wollte jemand sein, der wie Emile die Frauen abschleppt. Ich wollte jemand sein, der gesellschaftlich angesehen ist.
    »Danke, Hubs… Herr Scholl.«
    »Nennen S’ mich ruhig Hubsi, Herr Süßemilch. Des tun doch eh alle hinter meinem Rücken. Und wissen S’ was? Mir gefällt des irgendwie sogar.«
    Ich geleite Hubsi zur Tür und lasse sie hinter ihm ins Schloss fallen. Ich weiß nicht, warum, aber ich schaue noch einmal durch den Spion und sehe, wie sein Nachtgast gerade seine Wohnung verlässt und ihm einen letzten Kuss gibt. Zunächst schrecke ich zusammen und will den mir gut bekannten Mann ob all seiner Lügen zur Rede stellen. Dann erinnere ich mich aber an Hubsis Worte: »Irgendwann bricht die Wahrheit eh durch. So oder so …« Und ich entschließe mich stattdessen, Emile seinen eigenen Weg gehen zu lassen.
     
    Im Harveys am Friedberger Platz ist das Licht angenehm warm. Ich mag diese Bar. Und das nicht nur, weil es hier kein Sushi, keine Hülsenfrüchte, sondern super leckere Speisen von gestandenem, mitteleuropäischem Format gibt. Allerdings ist mir gerade nicht wirklich nach Essen zumute. Pünktlich wie immer sitze ich bereits am Tisch und warte auf Steffi, die sich verspätet hat. Auch wie immer. Ich muss mich mit ihr treffen, um meine Gefühle zu spüren. Meine Hände zittern etwas, und ich habe extra das Parfüm aufgelegt, das sie am liebsten an mir mochte. Zur Beruhigung habe ich schon zwei Jägermeister weggezogen und nippe nun an einer Weißweinschorle. Sie hat mir immer

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