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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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passenden Namen: Klopp/Westhoff.
    Sofort klingele ich Sturm. Die Zeit zwischen Klingeln und der Hoffnung, dass sie da ist, dauert eine gefühlte Ewigkeit. Ich sehe mich im Spiegelbild der gläsernen Haustür und fühle mich wie Timm Thaler, der gerade sein Lachen verhökert hat. Ich Idiot, wie konnte ich nur so blöd sein?
    »Ja?«, meldet sich eine Frauenstimme am Sprechfunk und führt mich von meiner seelischen Vulkanlandschaft zurück ins verregnete Bad Homburg.
    »Tut mir leid, ich bin ein Idiot.«
    »Aha, das ist schön für Sie, aber hat der Idiot auch einen Namen?«
    »Ähm, Jana, bist du es?«
    »Nein, hier ist Carmen, Janas Mitbewohnerin. Wer ist denn da?«
    »Äh, Robert. Robert Süßemilch. Ich bin …«
    Ja, was bin ich denn eigentlich?
    Freund?
    Bekannter?
    Affäre?
    Was sagt man einer Mitbewohnerin, um in die gemeinsame Wohnung gelassen zu werden?
    Ich bin der kranke Freak, der deine Freundin seit ein paar Wochen anlügt? Ach ja, und ich fliege übrigens auch gar keine Flugzeuge über den Ozean, sondern schraube Omas den Tankdeckel auf und überprüfe den Frostschutzgehalt ihrer Scheibenspritzanlage. Ich könnte auch einfach nur den Begriff »Idiot« wiederholen, und es wäre die passendste Beschreibung.
    Noch bevor ich jedoch eine Antwort gebe, ertönt die Stimme erneut und erspart mir damit den peinlichen Versuch einer Erklärung.
    »Ach, der. Komm rauf. Vierter Stock links.«
    Der Türöffner summt, und ich drücke mich ins Treppenhaus. Dennoch klingen mir die Worte in jedem Stockwerk nach.
    Ach, der?
    Was kann das heißen?
    Ach, der, der Jana immer so nervt?
    Oder: Ach, der, der Janas Herz gebrochen hat?
    Ich keuche in den vierten Stock, wo Janas Mitbewohnerin bereits auf mich wartet. Sie trägt einen blauen Rock und eine weiße Bluse. Dazu sieht sie unglaublich gestresst aus.
    »Sorry, hab nicht viel Zeit.«
    Richtig getippt.
    »Kein Problem. Ich, ich …«, stottere ich erneut, bleibe im Türrahmen stehen und suche nach einer schlüssigen Erklärung für mein Erscheinen.
    »Komm rein. Hab mir dich irgendwie größer vorgestellt.«
    »Ja, ich wirke in Erzählungen immer größer.«
    Was? Was war das denn jetzt für ein Gehirnfurz? Ich wirke in Erzählungen immer größer? Gott sei Dank scheint Carmen zu gestresst, um diesen geistigen Tiefflug zu bemerken.
    »Jana ist noch unter der Dusche.«
    Okay, sie ist also da. Ruhiger lässt es mich dennoch nicht werden.
    Carmen bittet mich, Platz zu nehmen, und wuselt dabei wie eine Horde Erdmännchen auf Koks von einer Ecke in die andere.
    »Setz dich, sie kommt sicher gleich. Ich muss mich fertig machen. Mein Flieger geht bald.«
    »Urlaub?«
    »Nein, ich arbeite als Flugbegleiterin bei der Lufthansa.« Dann schaut sie mich mit großen Augen an. »Wir sind also Kollegen. Du bist doch auch einer von uns, oder?«
    Das scheint mich irgendwie zu verfolgen. Ich überlege für einen Moment, ob ich ihr vielleicht auch eine der Postkarten am Drehkreuz zugesteckt habe, die sie dann an ihre eigene Adresse geschickt hat, kann mich aber an ihr Gesicht nicht erinnern.
    »So in etwa, ja.«
    »Ich nutze die Wohnung hier nur als Stand-by-Zimmer und bin nur vier, fünf Tage im Monat hier.«
    »Aha.«
    »Kannst du mir bitte mal mein Namensschild und den Anstecker geben, der dort liegt?«
    Ich drehe mich um. Der Anstecker sieht meinem Kranich erstaunlich ähnlich. Und ich ärgere mich, dass ich mir in meiner Pilotenkarriere nicht auch solch ein Namensschild zugelegt hatte. Aber das ist jetzt ohnehin egal, ich will dem Lügenspiel ein Ende bereiten und Jana die Wahrheit sagen. Ich
möchte nicht mehr lügen. Plötzlich durchzuckt es mich. Auf dem Namensschild, das ich Carmen reiche, steht: Carmen Westhoff.
    »Sag mal, heißt du auch Westhoff?«
    »Warum auch?«
    »Na, weil doch Jana auch Westhoff heißt.«
    Ich strecke ihr die Serviette mit Jonas Notiz entgegen.
    »Jana? Wie kommst du denn da … ach so. Ähm, na, das soll sie dir selber erklären.« Sie lächelt und greift sich ihren kleinen Koffer. »So, ich muss dann mal los. Jana ist wie gesagt bestimmt gleich fertig. Ciao, war nett, dich mal kennengelernt zu haben, Herr Kollege.«
    Carmen lächelt schon wieder, als sie die letzten Worte sagt, und stiehlt sich so rasch aus der Wohnung, dass ich nicht mehr dazukomme, weiter nachzufragen. Und plötzlich steht Jana im Zimmer. Nur im Handtuch. Ungeschminkt. Unglaublich sexy. Und unglaublich erschrocken.
    »Robert, was machst du denn hier?«
    »Deine Mitbewohnerin hat mich

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