Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
Lamm über seinen Rücken und trieb danach die Herde heim. Das Lamm brachte er der Herrin. Er dachte sich schon, daß es ihr Lieblingsschaf war! Sie kamen ja nie gut miteinander aus. Nun, das tote Lämmchen stärkte auch nicht ihre Freundschaft!
»Das kocht nur jetzt für unser Abendbrot«, meinte er. »Denn ich kriegte noch kein bißchen Fleisch bei euch zu sehen, seit ich ins Haus kam.« Sie tat, als bemerkte sie ihn gar nicht, sondern ging die Kühe melken. Wie gewöhnlich gab sie ihm nichts zu essen.
Der Farmer kam spät nach Hause. Als er eintrat, fragte er Seághan, ob alles in Ordnung wäre.
»Nein.«
»Was fehlt, Seághan?«
»Nichts, außer daß ich von der da noch kein Essen erhalten habe!«
»Oh, du sollst es haben!« sagte der Herr. Seághan bekam jetzt sein Abendbrot und ging schlafen.
Als er sich am nächsten Morgen erhob, war der Farmer schon auf.
»Ihr seid früh auf«, meinte Seághan.
»Ich muß, Seághan. Ich bekam schlechte Nachricht.«
»O weh, was ist es denn? Oder was fehlt Euch?«
»Ach«, seufzte er, »die Königstochter soll heute sterben.«
»Was bringt sie denn um?«
»Alle sieben Jahr«, begann der Farmer, »wälzt sich ein Schlangenungeheuer aus dem Meer herauf, hier in den Hafen, auf unserer Südwestseite. Es würde das gesamte Volk überschwemmen, wenn es nicht ein Mägdlein zu fressen bekäme. Nun wurde wegen der zweiten Königstochter das Los geworfen, um zu erkunden, ob sie dem Ungeheuer ausgeliefert werden sollte. Sie muß nun an einen Baum gebunden werden, am Strand, und um zwölf Uhr wird die Schlange kommen und sie holen. Wenn ein wackerer Held erschiene und mit der Schlange drei Tage lang hintereinander kämpfte, wäre die Königstochter gerettet. Dann müßte nach sieben Jahren eine andere Frau für den Wurm da sein.«
»Richtig wär’s«, meinte Seághan, »wenn sich jemand im Volke fände, der um ihretwillen mit der Schlange kämpfte.«
»Wahrscheinlich findet er sich nicht«, sagte der Farmer. »Es wird dort heute eine große Menschenmenge versammelt sein. Du mußt mich begleiten und dir die Schlange besehen. Denn sicher hast du nicht noch einmal Gelegenheit dazu.«
»Auf mein Wort, ich geh nicht hin!« sprach Seághan. »Ich habe kein Verlangen danach. Wenn den Kühen irgend etwas zustößt, während ich fort bin, um mir die Schlange anzusehen, würdest du heute nacht der Geschädigte sein. Ich verstehe auch nicht, was für ein Vergnügen das sein soll, mit anzusehen, wie jene Schlange die Frau wegschleppt. Denn darum handelt es sich doch!«
Daraufhin ging der Farmer. Seághan trieb die Kühe in den Wald. Er beeilte sich damit und ging dann auf die Suche nach dem Schloß der Riesen. Als er es gefunden hatte, entdeckte er auch Pferd, Rüstung, Waffen und Gewand des ersten Riesen, den er getötet hatte. Er zog die Kleidung an und bestieg das Pferd. Er vergaß auch nicht, seinen Stock mitzunehmen, denn dessen Hilfe vertraute er mehr als jeder andern Waffe. Ein mächtig hoher Hügel lag zwischen ihm und dem Hafen, von dem sein Herr gesprochen hatte. Dorthin sollte die Schlange kommen, um die Königstochter zu entführen. So trieb er denn sein Pferd dem Hügel zu, um zum Hafen zu gelangen. Als er den Hafen vor sich sah, erblickte er viele Menschen auf dem Abhang und auf dem Wällen ringsum. Gerade vor sich am Strande sah er die an einen Baum gefesselte Jungfrau. Er sprengte durch die Menschenmenge. Sie stoben nach allen Richtungen auseinander, als sie ihn so wild dahersprengen sahen. Erst dicht vor der Jungfrau hielt er an.
»Was brachte dich hierher?« fragte der Ritter. »Oder was tut dir not?«
»Mein Vater brachte mich hierher, und um dieser Ursache willen bin ich hier: Ein Schlangenungeheuer kommt sogleich, um mich zu holen und zu verschlingen.«
»Warum mußt du für die Schlange hier sein?«
»Weil auf mich das Los fiel«, antwortete sie. »Und wenn sie nicht alle sieben Jahre meinesgleichen zum Fortschleppen fände, würde sie das Volk überschwemmen.«
»Gibt es eine Möglichkeit, dich zu retten?« fragte der Ritter.
»Ja«, sagte sie. »Wenn ein wackerer Ritter käme und drei Tage lang für mich kämpfte, wäre ich gerettet. Ich würde ihn sogar heiraten, und er würde meines Vaters halbes Reich erhalten und das ganze nach seinem Tode.«
»Ich will den Kampf versuchen«, sprach der Ritter. »Mache ich meine Sache nicht gut, so schade ich ihr auch nicht.«
»Ehrenvoller Ritter«, sagte sie, »du scheinst erschöpft zu sein. Steige vom Pferd
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