Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
die fünf Köpfe ab.
Er nahm einen Weißdornstock, zog ihn durch die Wangen der fünf Köpfe und hing sie hoch oben auf einen andern Baumast. Dann trieb er wieder seine Kühe heimwärts. Sie hatten sich den Tag über dick und voll gefuttert. Seághan war hungrig, als er nach Hause kam. Trotzdem gab ihm die Herrin nichts zu essen. Erst spät in der Nacht kehrte der Herr heim und fragte Seághan nach den Kühen, ob alle da wären. Er sagte ja, aber seine Herrin verdiente es gar nicht, daß er sie ihr zurückbrachte. Denn noch hätte er kein Abendessen bekommen.
»Du sollst es nun haben«, sagte sein Herr, und er bekam es auch.
Als Seághan am nächsten Morgen die Kühe austrieb, folgte ihm der Farmer und sagte, er müßte heute wieder zum Königshause – er sollte wieder die Kühe hüten, »und ich bin dir sehr dankbar«, schloß er.
»Oh, hab keine Angst«, meinte Seághan.
Der Herr ging – während er das Vieh in den Wald trieb, diesmal ein Stückchen tiefer, da ihn nichts mehr in Furcht setzte. Nach den vollbrachten Heldenstücken der beiden Tage vorher war er hochgemut. Er war noch nicht lange im Gehölz, als er ein Getöse hörte. Das war doppelt so laut wie in den vergangenen Tagen. Er blickte sich um und sah bald eine alte Frau kommen. Sie hatte ein gefährliches Aussehen: Zwei rotflammende Augen hatte sie, und das Haar stand ihr steil hoch wie Schwerter.
»Verwünschter Wicht, du garstiger!« rief sie. »Bist du es, der meine beiden Söhne umbrachte, gestern und vorgestern?«
»Ja, und ich werde dich heute umbringen!«
Sie ließ ihn gar nicht weiterreden, sondern rannte auf ihn los, und nun erst bemerkte er genauer, wie sie aussah und was sie gegen ihn vorhatte. Sechs Fuß lang war jeder Fingernagel an ihr. Bis zur Spitze war jeder sieben Pfund schwer. Sie versuchte, ihn zwischen ihren Klauen zu erfassen. Hätte sie ihn greifen können, sie hätte ihn mit den Nägeln quer durchbohrt, von einer Seite bis zur andern. Er war auf der Hut, sich mit seinem Stock gegen sie zu wehren, und sprang hin und her, während ihn die Alte dauernd verfolgte.
So waren sie zwei Stunden lang bemüht, sich gegenseitig zu packen. Seághan war schon ganz mürbe. Hände und Nägel der Alten waren für seinen Stock zu lang, er konnte sie nicht treffen mit seinen Hieben. Indem er verzweifelt um sich guckte, entdeckte er in einiger Entfernung eine dicke Eiche. Mit einem Sprung war er dort und stellte sich dahinter.
»Nun, du garstige Alte«, sagte er, »sicher kannst du jetzt nicht an mich kommen!«
Mit einem Sprung setzte die Alte zu ihm hinüber. Sie wollte ihre Nägel durch Seághan stechen, quer durch den Baum. Indem sie sich auf ihn zuwarf, sprang er auf die andere Seite des Baumes. Da die Alte ihre Nägel mit aller Kraft bis zur andern Seite des Baumes hindurchgebohrt hatte, konnte sie sie nicht herausziehen. Seághan stand jenseits, und sobald er gesehen hatte, wie die Nägel am andern Ende des Baumes herausstaken, bog er sich vor und klopfte mit seinem Stock tüchtig darauf, bis alle festgeschlagen waren. »Nun, Alte«, sagte er, »was kannst du jetzt machen?«
Da riß sie – man denke nur! – den Baum mit den Wurzeln aus! Als er das merkte, schlug er mit dem Stock auf sie los. Beim Hinfallen riß sie den Baum ganz und gar mit den Wurzeln aus, und so schlug sie mit dem Baume lang zu Boden.
»Nun will ich dir in aller Ruhe den Kopf abhauen«, sagte Seághan.
»Tu’s nicht!« bat sie. »Ich gebe dir auch mein weißes schlankes Pferd, das so weiß leuchtet wie Schnee – und meine Waffenrüstung und Gewandung, die in keiner Schlacht Mißgeschick haben. Mein halbes Königreich gebe ich dir jetzt und mein ganzes nach meinem Tode.«
»Das alles werde ich haben und deinen Kopf dazu, Alte«, sprach er, streckte sich und schlug ihr mit seinem Stock das Haupt ab. Dann zog er eine Weißdornrute durch ihre Wangen und hing den Kopf oben auf einen Baumast. Danach trieb er die Kühe heim.
Das kleine Schaf war übermütig geworden nach dem üppigen Grasfutter des Waldes. Als die Kühe in der Nähe des Feldes waren und er schon beim Hause, ließ das Lämmchen die Kühe nicht zu ihm durchs Gatter. Er trieb es fort und verjagte es. Jetzt ging er hinter dem Vieh her, um es durchs Gatter zu treiben. Wieder war das Schaf da und vor ihm. Er ging abermals darauf zu. Es lief fort und er hinterher. Als er es fast erreicht hatte, schlug er mit dem Stock zu und tötete es auf der Stelle. Dann brachte er die Kühe durchs Gatter, warf das
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