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Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Titel: Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Pferde stieg, erblickte sie seinen Stock und erkannte, er war der Ritter, der sie gestern gerettet hatte. Darüber war sie sehr froh. Nachdem er das Pferd angebunden hatte, legte er den Kopf in ihren Schoß und tat, als ob er in behaglichen Schlummer sank. Sie zog ihm die Kopfbedeckung ab und erkannte die Stelle der Haarlocke, die sie ihm tags zuvor abgeschnitten hatte. Sie nahm ihre kleine Schere und schnitt ihm eine zweite Locke ab. Diese versteckte sie auch bei sich. Als die Stunde um war, rief sie den Ritter und sagte: »Steht jetzt auf! Es ist Zeit, die Schlange muß bald kommen.«
    Der Ritter erhob sich und ging ans Meeresufer. Die Schlange sah er noch nicht kommen. Aber bald bemerkte er, wie sich das Meer bewegte. Doch geschah das nicht halb so heftig wie am Tag zuvor. Nach einiger Zeit sah er schließlich das Ungeheuer näher kommen. Es war lange nicht mehr so kraftvoll. Als er erkannte, wie geschwächt es war, zog er sich ein Stück vom Ufer zurück und ließ das Schlangentier halb auf den Strand. Dann holte er mit seinem Stock aus und hieb auf sie ein. Er versetzte ihr zwei Schläge, ehe es ihr gelang, sich ins Wasser zurückzuziehen. Schwach und matt sank sie hinab.
    Er stand dann noch und wartete eine Weile, bis er gewiß war, sie würde an dem Tage nicht wiederkehren. Danach wandte er sich zurück, durchschnitt die Fesseln, mit denen die Jungfrau festgebunden war, und hieß sie heimkehren. Er selbst trat an sein Pferd. Als sie merkte, er wollte fort, bat sie ihn, nicht von ihr zu gehen, sondern sie zu ihrem Vater zu begleiten und die Nacht bei ihnen zu bleiben. Sie fürchtete, etwas könnte ihn am nächsten Tage zurückhalten zu kommen.
    »Ach, ich kann Euch auf gar keinen Fall begleiten«, sagte der Ritter und war mit einem Sprung auf dem Rücken des Pferdes. Wieder wandte er sich dem Hügel zu und eilte zum Riesenschloß zurück. Er brachte das Pferd in den Stall, warf die Waffenkleidung ab und zog seine alten Lumpen an, die dort lagen. Dann trieb er die Kühe heim.
    Als sein Herr in der Nacht nach Hause kam, war es sehr spät. Seághan war an dem Tag sehr hungrig und wartete auf sein Abendbrot. Der Farmer war wieder begierig, die Tagesereignisse zu schildern, was für eine Tat der Ritter vollbracht und wie er für die Königstochter gekämpft hatte.
    »Schweigt nur«, sagte Seághan, »mir ist alles gleich, Ritter und Königstochter! Gebt mir doch mein Abendbrot und laßt Euch bitten, eine andere Nacht nicht so spät zu kommen!«
    Seághan bekam sein Abendbrot und ging schlafen.
    Als die Kühe am nächsten Morgen gemolken waren, ließ er sie hinaus, und der Herr folgte ihm nach, um zu fragen, ob er an dem Tage den Kampf mit ansehen wollte. Vergebliches Bemühen. Seághan legte keinen Wert darauf, sondern wollte seine Kühe hüten. Als er sah, der Farmer war fort, ließ er das Vieh wieder in den Wald, ging dann zum Schlosse der Riesen, zog die Waffenrüstung und Kleidung der Alten an und nahm ihr schlankes weißes Pferd, das die gleiche Farbe hatte wie seine Kleidung. Das Tier war so flink, daß es den vorauseilenden Wind einholte und der nacheilende Wind es nicht einholen konnte.
    Seághan sprang aufs Pferd und vergaß auch nicht seinen Stock. Wieder wandte er sich dem Hügel zu und jagte dahin, bis er den Hafen erreichte. Als ihn die rings um den Hafen versammelten Menschen erblickten, glaubten sie, er käme aus der andern Welt. Sie öffneten eine Gasse, durch die er hindurchritt, bis an die Jungfrau heran, die wiederum an den Baum gefesselt war. Sobald er in ihrer Nähe war, betrachtete sie ihn genau und erkannte ihn am Stock. Doch ließ sie es sich nicht merken. Er fragte sie, weshalb sie gefesselt war. Sie begann wieder ihre Geschichte und erzählte, wie am gestrigen und vorgestrigen Tage ein Ritter gekommen war und sie von dem Schlangenungeheuer befreit hatte und wie sie hoffe, daß, wenn heute kein anderer käme, er sie retten würde.
    »Ich will mein Bestes versuchen«, sprach der Ritter, »falls kein anderer kommt.«
    »Wahrscheinlich seid Ihr erschöpft«, meinte sie. »Steigt vom Pferde, bindet es an den Baum dort und legt Euer Haupt in meinen Schoß. Es ist noch lange hin, bis die Schlange kommt.«
    Er kam und tat, was sie ihm sagte, legte den Kopf auf ihren Schoß und tat, als sinke er tief in Schlaf. Als die Jungfrau glaubte, er schlief fest, nahm sie ihm die Kopfbedeckung ab und erkannte, daß die zwei Locken fehlten, die sie abgeschnitten hatte. Wieder zog sie ihre Schere hervor und

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