Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
diese Zeit habe ihr Sohn im Himmel schon das Geld in Händen. Und damit geht er seiner Wege.
Die Frau aber reitet nach Hause und erzählt ihrem Mann hocherfreut, daß sie Gelegenheit nach dem Himmel gefunden und ihrem rechten Sohn die tausend Taler mitgeschickt hat. Was will der Amtmann tun? Er besteigt sogleich den Schimmel, um den zu verfolgen, der seiner Frau die tausend Taler abgeschwatzt hat, und weil er ein sehr praktischer Mann gewesen ist und gern zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hat, so steckt er von neuem tausend Taler ein, die will er bei der Gelegenheit seinem noch lebenden Sohn überbringen.
Als der kluge Mann den Schimmel wieder ankommen sieht, versteckt er seinen Beutel mit den tausend Talern vor einer Hecke und geht ganz langsam. Als der Amtmann bei ihm ist, fragt er, ob er hier niemand so recht gefährlich habe laufen sehen, es habe hier einer seiner Frau tausend Taler abgenommen, der müsse hier wohl an ihm vorbeigerannt sein. O ja, sagt der kluge Mann, es sei jemand dahergerannt, als ob der Jäger hinter ihm wäre, und wie er den Schimmel gesehen, da sei er mit einem Satz durch die Dornhecke dort gesprungen, und dahinter müsse er sich wohl versteckt halten. Da dankt ihm der Amtmann vielmals, daß er ihm so gute Auskunft gegeben hat, und sagt: »Jetzt will ich den Halunken schon fassen.«
Er steigt von seinem Schimmel herunter, bittet den klugen Mann, ihm den Schimmel ein wenig zu halten, und klemmt sich seinen dicken Amtmannsbauch mühsam durch die Dornhecke hindurch. Wie er mit ganz zerfetztem Rock endlich hindurch ist und auf jener Seite der Dornhecke den Spitzbuben sucht, holt der kluge Mann den Beutel mit den tausend Talern wieder hervor, die er versteckt hat, und tut sie zu den neuen tausend Talern, die der Amtmann seinem Sohn hat bringen wollen und die er in der Manteltasche hat stecken lassen. Darauf besteigt er den Schimmel, jagt heim zu seiner Frau und erzählt ihr, daß er einen Amtmann und eine Amtmännin gefunden hat, die noch dümmer seien als sie.
An dem Tag, an dem er zurückkam, fiel der erste Schnee in diesem Jahre, und als nun der rechte lange Winter kam, da fand er mehr als der unrechte Winter gefunden hatte, und der kluge Mann lebte an den langen Winterabenden recht vergnügt mit seiner dummen Frau. Der Amtmann aber, als er an jenem Tage zu seiner Frau kam, sprach zu ihr: »Frau, nun hab ich unserem Sohn endlich die anderen tausend Taler mitgegeben und dazu den Schimmel, damit er oben doch auch reiten kann wie die andern Engel, für die er Futter schneiden muß.« Da war die Amtmännin beruhigt, denn sie meinte, es gehörte sich nicht für einen Engel, der ein Amtmannssohn sei, daß er im Himmel zu Fuß ginge.
Weihnachtsglocken
(Karl Stieler)
O Winterwaldnacht, stumm und her,
mit deinen eisumglänzten Zweigen,
lautlos und pfadlos, schneelastschwer,-
wie ist das groß, dein stolzes Schweigen!
Es blinkt der Vollmond klar und kalt;
in tausend funkelharten Ketten
sind festgeschmiedet Berg und Wald,
nichts kann von diesem Baum erretten.
Der Vogel fällt, das Wild bricht ein,
der Quell erstarrt, die Fichten beben;
so ringt den großen Kampf ums Sein
ein tausendfaches banges Leben.
Doch in den Dörfern traut und sacht,
da läuten heut’ zur Welt hinieden
die Weihnachtsglocken durch die Nacht
ihr Wunderlied – vom ew’gen Frieden.
Der Bär
(Ignaz Zingerle)
V or Zeiten lebte ein Kaufmann und hatte drei Töchter. Davon war die Älteste ein herzensgutes, folgsames Kind, die zwei jüngeren waren aber stolz und bös und konnten ihre älteste Schwester nicht leiden. Da trug es sich einmal zu, daß ein Wintermarkt in der Nähe war, den der Kaufmann besuchen wollte. Er sprach beim Abschied zu seinen Töchtern: »Was soll ich euch vom Markte mitbringen?« Da verlangten die beiden Jüngeren schöne Kleider und andere Kostbarkeiten. Die Älteste aber sprach: »Lieber Vater, bring mir eine Rose als Marktkram! Ich habe diese Blumen am liebsten.« Sie dachte sich aber im Herzen: »Meinem Vater geht doch Geld genug auf. Eine Rose kostet ihn aber nichts, und mir macht sie doch viel Freude.« Der Kaufmann reiste nun auf den Markt und machte diesmal sehr gute Geschäfte. Er kaufte für seine zwei jüngeren Töchter schöne Kleider und andere Kostbarkeiten, allein umsonst forschte er nach einer Rose für sein ältestes Kind. Denn es herrschte kalter Winter, und knietiefer Schnee lag auf allen Gärten und Feldern. Das behagte dem Kaufmann gar nicht. Nachdem er seine Geschäfte
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