Weihnachten mit Maigret
Martin?«
»Sie wird im Januar sieben.«
»Um acht Uhr habe ich an die Wohnungstür geklopft.«
»Ich war noch nicht aufgestanden«, sagte die Blonde. »Manchmal schlafe ich ziemlich lange.«
»Nun, ich habe also geklopft, und Madame Martin hat mich einen Augenblick warten lassen, um sich einen Morgenrock überzuziehen. Ich hatte beide Hände voll und fragte sie, ob ich Colette meine Geschenke überreichen könne.«
Er merkte, dass die Blonde sich unterdessen genau im Zimmer umgesehen hatte, wobei sie ihm von Zeit zu Zeit einen scharfen Blick voller Misstrauen zuwarf.
»Wir haben zusammen die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet.«
»Hat das Kind ein eigenes Zimmer?«
»Ja. Die Wohnung besteht aus zwei Zimmern, einer Toilette, einem Esszimmer und einer Küche. Aber ich muss Ihnen dazu sagen... Nein! Ich werde gleich darauf zurückkommen. Wo war ich stehengeblieben? ... Ach ja, wir öffneten die Zimmertür. Da es im Zimmer dunkel war, knipste Madame Martin das Licht an.«
»War Colette schon wach?«
»Ja. Man sah gleich, dass sie schon länger wach lag und wartete. Sie wissen doch, wie Kinder am Weihnachtsmorgen sind. Wenn sie sich nicht das Bein gebrochen hätte, wäre sie sicherlich aufgestanden, um nachzuschauen, was der Weihnachtsmann ihr gebracht hatte. Ein anderes Kind hätte vielleicht gerufen. Aber sie ist bereits eine junge Dame. Man merkt, dass sie viel nachdenkt, dass sie weiter ist als andere Kinder in ihrem Alter.«
Madame Martin schaute nun ebenfalls aus dem Fenster, und Maigret versuchte herauszubekommen, welche ihre Wohnung war. Es musste die auf der rechten Seite ganz am Ende des Hauses sein, wo zwei Fenster erleuchtet waren.
Mademoiselle Doncœur fuhr fort:
»Ich wünschte ihr ein frohes Weihnachtsfest. Wörtlich sagte ich zu ihr: >Schau, mein Liebling, was der Weihnachtsmann bei mir für dich abgegeben hat.<« Die Finger von Madame Martin wurden unruhig, verkrampften sich.
»Und wissen Sie, was sie mir geantwortet hat, ohne das, was ich ihr mitgebracht hatte - es waren übrigens nur ein paar Kleinigkeiten -, anzusehen?
>Ich hab ihn gesehen.<
>Wen hast du gesehen?<
>Den Weihnachtsmann.<
>Wann hast du ihn gesehen? Und wo?<
>Hier, heute Nacht. Er ist in mein Zimmer gekommen.<
Genau das hat sie uns gesagt, nicht wahr, Madame Martin? Bei einem anderen Kind hätte man darüber gelächelt, aber ich habe Ihnen ja gesagt, dass Colette bereits eine junge Dame ist. Sie meinte es ernst.
>Wie konntest du den Weihnachtsmann sehen? Es war doch dunkel!<
>Er hatte eine Lampe.<
>Hat er das Licht angeknipst?<
>Nein, er hatte eine Taschenlampe. Schau, Mama Loraine ...<
Ich muss dazu sagen, dass die Kleine Madame Martin Mama nennt, was ganz natürlich ist, da sie keine Mutter mehr hat und Madame Martin diesen Platz jetzt einnimmt ...«
Maigret bekam so langsam Ohrensausen von all dem konfusen Gerede. Er war noch nicht dazu gekommen, seine zweite Tasse Kaffee zu trinken. Soeben war seine Pfeife ausgegangen.
»Hat sie tatsächlich jemanden gesehen?« fragte er zweifelnd.
»Jawohl, Herr Kommissar. Und aus diesem Grund habe ich darauf bestanden, dass Madame Martin mit Ihnen spricht. Wir haben nämlich den Beweis dafür. Die Kleine schlug mit einem verschmitzten Lächeln ihre Bettdecke zurück und zeigte uns eine wunderschöne Puppe, die sie fest im Arm hielt. Gestern befand sich diese Puppe noch nicht im Haus.«
»Sie haben ihr keine Puppe geschenkt, Madame Martin?«
»Ich wollte ihr eine schenken, nicht eine so schöne, die ich gestern Nachmittag in den Galeries Lafayette gekauft habe. Ich hielt sie hinter meinem Rücken versteckt, als wir in das Zimmer gingen.«
»Das heißt also, dass irgendjemand heute Nacht in Ihre Wohnung eingedrungen ist?«
»Das ist noch nicht alles«, beeilte sich Mademoiselle Doncœur zu sagen, die jetzt so richtig in Fahrt war. »Colette ist ein Kind, das sich weder irrt noch lügt. Wir haben sie genau ausgefragt, ihre Mama und ich. Sie ist sicher, jemanden gesehen zu haben, der wie ein Weihnachtsmann angezogen war, mit einem weißen Bart und einem weiten, roten Mantel.«
»Wann genau ist sie aufgewacht?«
»Sie weiß es nicht. Irgendwann im Laufe der Nacht. Sie öffnete die Augen, weil sie glaubte, ein Licht zu sehen. Und tatsächlich brannte ein Licht im Zimmer, wodurch ein Teil des Bodens gegenüber dem Kamin beleuchtet wurde.«
»Ich weiß nicht, was das bedeuten soll«, seufzte Madame Martin. »Vielleicht weiß mein Mann weiter...«
Mademoiselle Doncœur riss
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