Weihnachtsengel gibt es doch
Ende Erlösung.
Ihrem lebenslangen Ritual folgend, bog Maureen in einen der Gänge ab. Mit geschlossenen Augen strich sie über die Buchrücken und hielt an, als sie das richtige Buch fühlte. Sie zog es heraus, ließ es auffallen und tippte mit dem Finger auf die Seite. Dann öffnete sie die Augen.
„Waschen Sie Ihre Wäsche in der Form, in der sie getragen werden soll: Reiß- und Klappverschlüsse sowie Knöpfe geschlossen, Taschen geleert und Ärmel heruntergerollt. Die einfachste ungiftige Methode zur Fleckentfernung sind kaltes Wasser und Eis. – Martha Stewart.“ Das war es also, was die Bücherei ihr zu sagen hatte. Nachdem sie den Absatz noch einmal laut gelesen hatte, murmelte Maureen: „Gut zu wissen.“
Es gab keine Enthüllungen, weder hier noch sonst wo. Keine einfachen Antworten. Nur eine alte, ehrbare und dem Untergang geweihte Institution. Ihr Blick fiel auf die aktuellste Ausgabe des Troubadour – getreu seinem Wort hatte Lonnie einen Leserbrief geschrieben.
An den Herausgeber dieser Zeitschrift und die Einwohner von Avalon: Das ist das erste Mal, dass ich so einen Brief schreibe, also entschuldigen Sie bitte, wenn ich etwas ungelenk bin. Vor zwei Jahren konnte ich kaum etwas schreiben außer meinem Namen. Das war peinlich und führte dazu, dass ich aufhörte, davon zu träumen, aus meinem Leben etwas zu machen. Ich habe nicht in der ersten Klasse lesen gelernt wie die meisten Menschen. Ich habe es mit vierundzwanzig Jahren von Miss Maureen Davenport im Erwachsenenbildungsprogramm der Bücherei gelernt. Letztes Jahr habe ich den offiziellen Test bestanden und meine eigene Spedition aufgemacht. Ohne die Bücherei hätte ich es nie gelernt. Wenn die Bücherei schließt, wie viele Menschen wie ich werden dann zu kurz kommen? Ich kann keine Zahl nennen, weil die meisten von ihnen, so wie ich, Angst davor haben, dumm oder schwach zu wirken. Maureen hat mich nicht nur gelehrt, zu lesen, sondern sie hat mir meinen Traum zurückgegeben. Lassen Sie nicht zu, dass die Bücherei geschlossen wird. Denn damit schließen sich auch die Türen zum Traum eines anderen Menschen.
Hugo Loni gan.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie den Geistern und Echos zu, die die marmornen Hallen heimsuchten. „Es wird schwer, auf Wiedersehen zu sagen.“ Vielleicht war es ganz gut, dass sie wegziehen würde. In Boston müsste sie nicht mit ansehen, wie das Gebäude und der umgebende Park in ein Einkaufszentrum mit Läden und billigen Hotels verwandelt wurden.
Auf dem Weg nach draußen bemerkte sie, dass der Bücherwagen unter dem Rückgabefach übervoll war, als wenn alle Leute nach einem letzten Großreinemachen vor den Feiertagen schnell noch ihre Bücher zurückgegeben hätten. Einige Bücher lagen schon auf dem Boden. Aus Gewohnheit hob sie sie auf. Das letzte blätterte auf, und ein Satz fiel ihr ins Auge. „Wenn du nicht die Richtung änderst, wirst du da landen, wohin du unterwegs bist.“
24. KAPITEL
D as Schneetreiben war abge klungen und hatte einem kalten, kristallklaren Abendhimmel Platz gemacht. Soweit sie es beurteilen konnte, war Maureen die Erste, die an der Kirche ankam. Sie hatte die Eltern der Kleinen gebeten, nicht zu früh zu kommen, denn eingeschlossen im Gebäude, würden die Kinder nur ausgelassen herumtoben, ihre Energie vergeuden und ihre Kostüme ruinieren. Nicht, dass es Kostüme gab, die man ruinieren konnte. Das war bereits im Lagerraum geschehen. So kurz vor der Aufführung hatte sie die Eltern nur bitten können, kreativ zu sein und sich etwas einfallen zu lassen.
Sie blieb auf dem Parkplatz stehen und legte ihren Kopf in den Nacken, um in den Himmel zu schauen. Sie musste daran denken, immer nach oben zu schauen, um die richtige Perspektive für die Welt um sich herum zu behalten. Die endlose Weite des Himmels erinnerte sie an die endlose Weite all dessen, was die Menschheit nicht wusste, und sorgte so dafür, dass ihre eigenen Sorgen auf Stecknadelgröße zusammenschrumpf ten.
Konzentrier dich, dachte sie, als sie die Kirchentür aufschloss und ein paar Lichter anmachte. Versuch nicht, daran zu denken, dass wir noch nicht bereit für die Aufführung sind, dass das Krippenspiel eine einzige Katastrophe wird. Sie war mit einer so großen Vision gestartet. Hatte sich vorgestellt, wie das Stück alle Zuschauer mit Ehrfurcht und Staunen erfüllte. Stattdessen waren die Kostüme nicht fertig, die Kleinen kannten die Texte zu ihren Liedern kaum, und überall lauerten Stolperfallen. Die
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