Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weihnachtsengel gibt es doch

Weihnachtsengel gibt es doch

Titel: Weihnachtsengel gibt es doch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
Vom Netzwerk:
dass er ihr zu viel bedeutete, sie zu viel empfand. Vielleicht war es das, was sie dazu getrieben hatte, mit seinen Eltern Kontakt aufzunehmen. Vielleicht hatte sie ein geheimes Bedürfnis verspürt, ein Hindernis in den Weg zu werfen, und hatte die perfekte Sache gefunden: seine Eltern.Welchen besseren Weg gab es, eine Beziehung zu ruinieren, als sich in Dinge einzumischen, die einen nichts angingen? Nein. Das war nicht ihre Motivation gewesen, und das wusste sie auch. Der Grund, warum sie seine Eltern aufgesucht hatte, der Grund, warum sie wollte, dass sie ihre Beziehung bereinigten, war, dass sie ihn liebte. Entgegen aller Vernunft liebte sie ihn und wollte, dass er glücklich war.
    Ihre momentane Sorge bestand allerdings darin, ein Krippenspiel über die Bühne zu kriegen, das nicht in einem totalen Desaster endete. Das und ihren emotionalen Panzer wieder umzulegen und zu beten, dass die kleinen Haarrisse darin nicht zu klaffenden Wunden aufreißen würden.
    Die Dämmerung war hereingebrochen. Leichtes Schneetreiben trübte das Licht der Straßenlaternen. Maureen sah die Briefträgerin kommen und eilte mit ihrem Geschenkkörbchen zur Haustür hinunter. Carolyn kam beschwingt die Stufen hinauf. Vermutlich weil ihr Arbeitstag nun auch bald zu Ende war.
    „Ich habe was für dich“, sagte Maureen und streckte ihr den Geschenkkorb hin.
    Carolyns Gesicht erhellte sich. „Von der Keksbörse?“
    „Ge nau.“
    „Du bist ein Engel.“ Sie reichte Maureen einen Stapel Briefe.
    „Gleichfalls.“ Maureen lächelte und blätterte denn kurz die Post durch. Viel Werbung, Kataloge für sexy Dessous, die sie niemals tragen würde, für Reisen, die sie niemals antreten würde. Dazwischen ein paar Weihnachtskarten – Nachzügler von Freunden, die weit weg wohnten. Und ganz unten im Stapel ein offiziell aussehender Geschäftsbrief. „Oh“, sagte sie.
    „Al les okay?“
    „Ja.“ Maureen drehte den Umschlag um und berührte den Absender mit dem Daumen. „Das ist die Art Brief, auf dieman wartet und die man gleichzeitig fürchtet. Ich glaube, es ist der Vertrag für einen neuen Job.“
    „Du gehst fort?“
    „Ich habe vielleicht keine andere Wahl. Alle haben so hart dafür gearbeitet, die Bücherei vor der Schließung zu bewahren, aber wir haben es nicht geschafft. Es gibt keine Möglichkeit, das Ziel in der verbleibenden Zeit noch zu erreichen.“
    „Veränderungen sind immer schwer“, bemerkte Carolyn. „Aber normalerweise haben sie auch was Gutes, oder?“
    „Stimmt.“
    „Frohe Weihnachten“, wünschte Carolyn. „Und danke noch mal für die Kekse. Ich seh dich nachher beim Krippenspiel.“
    Maureen brachte ein schwaches Lächeln zustande. Dann floh sie die Treppen hinauf in ihre Wohnung und öffnete den Umschlag mit zittrigen Fingern. Da stand es, schwarz auf weiß. Ein Angebot von der Wertpapierfirma in Boston. Sie würde die Firmenbibliothekarin werden. Verantwortlich für die Geschäftspapiere und das Firmenarchiv. Das Gehalt war höher, als sie es sich je erträumt hatte. Und das Angebot hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Eine Wertpapierfirma. Sogar der Name klang – wertvoll. Sicher. Sie sollte sich erleichtert fühlen und nicht niedergeschlagen.
    Sie zog sich für den Abend um. Das graue Strickkleid, die blickdichte Strumpfhose und die kniehohen flachen Stiefel mit der weichen Sohle waren für ihre Rolle als leitende Direktorin des Krippenspiels hoffentlich angemessen. Das Outfit passte zu jemandem, dessen Platz hinter den Kulissen war, im Hintergrund. Unsichtbar.
    Ihr einziges Zugeständnis an den Feiertag war, die Weihnachtsohrringe anzulegen, die die Kleinen ihr geschenkt hatten. Einen Moment lang war sie versucht, ihr Haar lang und offen zu tragen, so wie an dem Abend in der Taverne. Nein. Sie wollte keine falsche Botschaft aussenden. Außerdem würdenihr die Haare nur im Weg sein.
    „Ich muss aufhören, mir solche Gedanken über mich zu machen“, sagte sie an die Katzen gewandt, während sie mit flinken Fingern einen Dutt band. „Wünscht mir Glück, ihr zwei. Jetzt ist Showtime.“

23. KAPITEL
    I n den Bäumen an der Auffahrt zum Inn am Willow Lake leuchteten bunte Lichterketten. Gaslaternen standen auf dem Geländer der umlaufenden Veranda, und elektrische Kerzen brannten in den Fenstern des historischen Gebäudes. Ein weit ausladender Weihnachtsbaum dominierte das große Fenster im Erdgeschoss. Dieses Haus strahlte etwas beinahe schmerzhaft Hübsches aus, eine Wärme, die

Weitere Kostenlose Bücher