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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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Tag gewesen wie jeder andere Tag. Voller Arbeit, denn Lene konnte nicht ruhen, sie war es nicht anders gewohnt. Sechs Uhr aufstehen — ob Sommer oder Winter. Die Tiere versorgen, ohne die sie nicht leben konnte. Ohne ihre Tiere wäre jeder Tag nichts wert gewesen. Genau wie heute.
    Jetzt saßen die Hühner auf ihrem Wiemen, die Enten hatten sich im Stroh zusammengekauert, Lene schlief in ihrem Sessel mit dem guten Gefühl, daß alle satt sind.
    Tick, tack, ein einschläfender beruhigender Klang. Lene schreckte hoch. 22mal das Schlagen der Uhr. 22mal. Im Moment hatte sie es schwer, sich im Halbdunkel zurechtzufinden. Fröstelnd zog Lene ihre Schultern hoch, rieb ihre Finger und betrachtete die Risse und Furchen, die die Jahre auf ihren Händen hinterlassen hatten. Wäsche waschen, Schuhe putzen, das Essen kochen. Manchmal war es nicht leicht, sieben Personen satt zu bekommen. Die Kinder baden, fünf Kinder, alle etwas kränklich, und immer hatten sie Hunger oder E)urst. Aber Lene hatte sie alle fünf durchbekommen.
    Wie oft hatte sie mit ihnen gelitten, die kleinen Ängste und Sorgen weggepustet. Heile, heile Gänschen... Die zwei Mädchen sind verheiratet, haben auch schon wieder Kinder. Die drei Buben studierten. Lene freut sich, daß die fünf Rangen so wohl geraten sind. Es hatte sie viel Mühe und Arbeit gekostet.
    Nur, es sind nicht ihre Kinder. Wie oft hatte sie mit ihnen gebangt, schlechte Schulnoten ausgeglichen, sie in die Arme genommen, mit ihnen ihren ersten Liebeskummer überwunden. Es waren ihre Kinder, nur es waren nicht ihre eigenen. Für fremde Leute hatte sie sich abgerackert, wollte allen gerecht sein. Man hatte sie immer akzeptiert, aufgenommen, aber eine eigene Familie hatte Lene nie. Sie war nie schön, apart ja, und die Männer, die sich um sie bemüht hatten, waren für Lene nie interessant. Sie blieb «ihrer» Familie treu. 81 Jahre, eine schwere doch schöne Zeit, dachte Lene und erhob sich schwerfällig. Wem kann ich noch etwas geben, wer braucht mich noch?
    Sie ging zum Fenster blickte in den klaren Winterhimmel und fing an, die Sterne zu zählen:
    «Der große Stern steht für meine Kindheit. Der Stern, der so blinkt für meinejugend und die vielen kleinen für die guten und schlechten Jahre.»
    Lene legte ein Stück FIolz in den Ofen. Warum dieser Luxus an diesem Tag? Sie wußte es selbst nicht. Es war nur so das Gefühl.
    Weinte da nicht ein Kind? Lene zuckte zusammen. 81 Jahrewaren es die Sinne? Sie lauschte in die Stille. Ein leises Wimmern. Täuschte sie sich? Es war wieder still. Doch wieder dieser Klageruf. Es kam von der Haustür. Etwas zögernd öffnete sie die Tür. Eine einsame weiße Weite, sonst nichts! Nur wieder das Wimmern. Vor ihren Füßen saß ein kleines hilfloses Wesen, fast so weiß wie der Schnee. Ein schwarzes Ohr und eine schwarze Pfote hatte das Kätzchen. Es war höchstens zehn Wochen alt. Unterkühlt und naß. dachte Lene.     Tick, tack — behäbig tickte die Uhr. Sie waren fast eins, die alte Frau und der Winzling.
    23mal schlug jetzt die Uhr und aus der Ferne hörte Lene Glocken. Warum? Warum so festlich? Es war für sie ein Tag wiejeder andere. Daß heute die heilige Nacht war, sie hatte es vergessen. Keiner hatte sie erinnert. Nur das Gefühl, dieses Gefühl, das schon die ganze Zeit in ihr war.
    Unbewußt hatte Lene das gemacht, was das christliche Weihnachtsfest sein sollte.
    Sie hatte einem hilflosen Wesen Obdach gegeben. All ihre Liebe und Wärme. Lene hatte das Weihnachtsfest vergessen, doch unbewußt das vollzogen, was von vielen vergessen wurde und wird, die christliche Botschaft:
    «Liebe deinen Nächsten und sei es nur ein kleines hilfloses Kätzchen...»

    Eva Lehr

Weihnachtsmärchen oder Mettwurstbrot

    Winter 1932! In Deutschland lebten sehr viele Menschen in tiefster Not. Die Arbeitslosigkeit hatte ihren Höhepunkt erreicht.
    Mein Elternhaus blieb nicht verschont, mein Vater war schon seit fünf Jahren ohne Arbeit. Das bedeutete Hunger, Kälte, Hoffnungslosigkeit.
    Ich war fast fünf Jahre alt und erlebte dank der selbstlosen

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