Weihnachtszauber 01
hörte kaum noch, was Martin sagte. Nur mit größter Anstrengung gelang es ihm, die Tatsache, dass der Anblick einer Frau ihn völlig aus dem Gleichgewicht brachte, vor seinem Freund zu verbergen. Und diese Frau war ausgerechnet Martins Schwester!
Er musste sich eingestehen, dass er Claras Anziehungskraft hilflos ausgeliefert war.
Und dann bemerkte er, wie Elton und Tarver, denen es offenbar ähnlich erging wie ihm selbst, auf die junge Dame zusteuerten. Mit einem kurzen Wort der Entschuldigung wandte er sich von Martin ab und trat den beiden jungen Gentlemen in den Weg, um ihnen in unmissverständlichem Ton mitzuteilen, dass er an diesem Abend Miss Davencourts Begleiter sei. Wie nicht anders zu erwarten, wagte keiner der zwei, ihm dieses Recht streitig zu machen.
Er bahnte sich einen Weg durch die Menge und musste dabei die ganze Zeit daran denken, wie wundervoll es wäre, Clara jetzt zu küssen – was natürlich in einem überfüllten Ballsaal völlig unmöglich war. Trotzdem ließ das Verlangen, die Lippen der jungen Dame zu kosten, ihn nicht los. Das Gefühl war so stark, dass es ihn einerseits ängstigte, andererseits seine Erregung noch verstärkte. Er musste all seine Selbstbeherrschung aufbieten, um diesem verrückten Wunsch nicht nachzugeben.
Ihm war klar, dass man ihn sonst zwingen würde, Miss Davencourt zu heiraten. Und wenn er sich weigerte, sie zur Frau zu nehmen, würde man ihn aus der Gesellschaft ausstoßen.
Gab es einen Ausweg aus diesem Dilemma?
Natürlich! Schließlich war er ein erfahrener Rake. Als solcher war er mit allen taktischen Tricks, allen strategischen Möglichkeiten vertraut. Ein Rake musste stets Herr der Lage sein. Das durfte er nie vergessen, auch dann nicht, wenn es um Clara Davencourt ging. Sonst würde er nie bekommen, wonach ihn gelüstete.
Also versuchte er, sich in ihre Situation zu versetzen, überlegte, was sie tun würde und wie er das ausnutzen könne. Als sie sich weigerte, mit ihm zu tanzen, zog er sich scheinbar unbeeindruckt zurück. Doch von ferne beobachtete er sie. Gut, sie verließ den Ballsaal und suchte den Raum auf, der den Damen vorbehalten war, damit sie sich frisch machen konnten.
Sebastian beschloss, auf sie zu warten.
Als sie in den Flur trat, stellte er sich ihr nach wenigen Schritten in den Weg. Sie blieb abrupt stehen. Und schon war er bei ihr und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. Clara war praktisch seine Gefangene.
Er wusste, wie groß die Gefahr war, hier überrascht zu werden. Im Allgemeinen vermied er solche Risiken. Doch sein Verlangen nach Clara war so außergewöhnlich, dass er sich zu untypischen Schritten hinreißen ließ. Wie bezaubernd sie war! Eine Locke ihres goldblonden Haars fiel ihr in die Stirn. Unwillkürlich streckte er die Hand nach der seidigen Strähne aus.
Clara zuckte zurück. Ihre lavendelfarbenen Augen wirkten riesig in dem blassen Gesicht. Und als sie sprach, klang ihre Stimme heiser.
Eine Art Siegesrausch überkam Sebastian.
„Wie können Sie behaupten, Sie hätten auf mich gewartet? Sie wollten doch Karten spielen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich wollte nur, dass Sie das glauben.“
Schweigend starrte sie ihn an.
Auch er fand in diesem Augenblick nichts zu sagen. Noch immer stand er so vor ihr, dass sie sich kaum zu rühren vermochte. Ihm war, als könne er durch den feinen Stoff ihres Ballkleides die Wärme ihres Körpers spüren. Jetzt beugte er sich ein wenig nach vorn und berührte mit den Lippen leicht ihr Ohr. Sie begann zu zittern, was ihm wiederum einen heißen Schauer über den Rücken jagte.
„Sie dürfen nicht ...“, flüsterte sie.
Mit sanfter Stimme unterbrach er sie. „Ich wollte Sie ganz für mich allein haben. Mir war klar, dass Sie nicht im Ballsaal bleiben würden, nachdem all Ihre Verehrer sich von Ihnen zurückgezogen hatten. Es ist demütigend, wie ein Mauerblümchen behandelt zu werden, nicht wahr? Ich brauchte also nur auf Sie zu warten.“
Er sah, wie ihr Gesichtsausdruck sich änderte. Hatte sie bisher erschrocken und ein wenig verwirrt gewirkt, so war sie nun eindeutig verärgert.
„Wie selbstgerecht und eingebildet Sie sind!“, rief sie zornig aus. „Erst lassen Sie mich vor all diesen Leuten einfach stehen, und dann erdreisten Sie sich, mir aufzulauern! Glauben Sie bloß nicht, Sie könnten mit mir machen, was Sie wollen!“
Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Ich habe Sie nicht stehen lassen, Miss Davencourt.
Sie haben mich fortgeschickt.“
Sie
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