Weihnachtszauber 02
für ihre Familie sorgen. Deshalb fehlte ihr die Zeit, um in abgrundtiefer Verzweiflung zu versinken.
Mit einem Korb voller Vorräte kehrten Francesca und Tom vom Markt zurück.
Seit einer Stunde regnete es wieder stärker, und die nasse Kleidung der Geschwister hing schwer an den Schultern. Die Hüte waren aus der Form geraten, die feuchten Umhänge klebten an ihnen. In ihren Stiefeln sammelte sich kaltes Wasser, während sie die Straße entlangstapften.
Die Tür des Cottages flog auf, und Anne winkte die beiden herein. „O Gott, ihr seid ja klatschnass!“
„Gehen wir lieber durch die Hintertür hinein“, seufzte Francesca. „Sonst würden wir zu schlimme Schmutzspuren hinterlassen.“
„Nein, nein“, widersprach Anne. „Kommt nur, schnell!“
Francesca fühlte sich zu erschöpft und elend, um zu merken, wie aufgeregt die Stimme ihrer Schwester klang. Gefolgt von Tom und Anne, lief sie in die Küche und begann die nassen Kleider abzulegen.
„Beeilt euch“, mahnte Anne, „wir haben Besuch.“
„Wer ist es?“ Tom schlüpfte aus seinen schlammigen Stiefeln und Strümpfen.
Den triefnassen Umhang in der Hand, hielt Francesca inne.
„Lord Holberton“, verkündete Anne lächelnd.
Zitternd tastete Francesca nach der Tischkante und stützte sich schwerfällig darauf, bis die Schwindelgefühle in ihrem Gehirn verebbten.
„Stimmt was nicht, Fran?“ Ihre Schwestern starrte sie besorgt an.
„Alles in Ordnung.“
„Zieh dich um. Ich werde dein nasses Zeug auswringen und aufhängen.“
„Danke.“ Auf bloßen Füßen eilte Francesca nach oben ins Schlafzimmer, wo sie sich von den restlichen feuchten Kleidungsstücken befreite. Dann zog sie ein schlichtes graues Wollkleid an, das sie sofort wärmte. Mit einem Handtuch rieb sie ihr Haar, bis es nicht mehr tropfte, kämmte es und steckte es zu einem immer noch feuchten Nackenknoten fest. Sie fand saubere Strümpfe und Schuhe. Schließlich sah sie präsentabel aus. Doch sie ging nicht hinunter. Stattdessen sank sie auf das Bett.
Jack wartete im Salon. Was sollte sie davon halten? Ihr Herz schmerzte so sehr von der langen Wartezeit und beklemmenden Fantasiebildern. Jetzt war er hier.
Einerseits empfand sie wachsende Freude, andererseits fürchtete sie das Wiedersehen. Die Liebe barg zu große Gefahren, viel zu leicht wurde man verletzt, wenn man ihr erlag. Aber sie konnte auch ein unermessliches Glück hervorrufen.
Francesca berührte ihre Brust und spürte die kleine silberne „Swift“, die sich unter dem Kleid versteckte, und dachte an alles, was seit jener Nacht an Bord geschehen war.
Wie lange sie darüber nachdachte, wusste sie später nicht. Schließlich holte sie tief Atem, stand vom Bett auf und ging zur Schlafzimmertür.
Jack fand Francesca noch bleicher als in seiner Erinnerung. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten. Voller Sorge betrachtete er ihr Gesicht. Offenbar hatte sie zu viel gearbeitet und zu wenig gegessen.
„Wie du siehst, ist Lord Holberton zu Besuch gekommen, meine Liebe“, begann Mrs Linden. „Lydia, schenk Francesca Tee ein, der wird sie stärken.“ Die Stirn gefurcht, musterte sie ihre älteste Tochter. „So blass bist du, Fran.“
„Sicher hat sie sich erkältet“, meinte Anne. „In der Küche ist sie fast ohnmächtig geworden.“
Alle schauten Francesca an.
„Jetzt übertreibst du, Anne“, protestierte sie, „es geht mir gut.“
Jack erhob sich aus seinem Sessel beim Kamin. „Nehmen Sie vor dem Feuer Platz, Francesca.“
„Danke, Sir, das ist nicht nötig“, erwiderte sie und blieb auf ihrem hölzernen Stuhl neben der Tür sitzen. „Hier fühle ich mich sehr wohl.“
„Darauf bestehe ich.“ Er ging zu ihr und streckte seine Hand aus.
Dass ihm die Blicke der ganzen Linden-Familie folgten, störte ihn nicht. Er ergriff Francescas Hand, spürte ihr Zittern und führte sie zu dem Lehnstuhl bei den knisternden Flammen, auf den sie nur widerstrebend sank. Obwohl sie immer noch bleich war, färbten zwei rosige Flecken ihre Wangen.
Jack ließ sich von einer neugierig starrenden Lydia die gefüllte Teetasse geben und reichte sie Francesca.
Nun bebte sie noch heftiger, die Porzellantasse klirrte auf der Untertasse.
Alle starrten zu ihr, niemand sprach. Schweigend nippte Francesca an ihrem Tee.
„Dürfte ich ein paar Minuten allein mit Francesca reden?“, fragte Jack.
Bedeutungsvoll wandte er sich zu Mrs Linden. „Länger wird es nicht dauern.“
Tom räusperte sich misstrauisch. Aber seine
Weitere Kostenlose Bücher