Weihnachtszauber 02
Tier in einen ruhigen Kanter versetzt hatte.
Mit einer behandschuhten Hand strich sie über den glänzenden Pferdehals und flüsterte Koseworte. In diesem Moment erschien Mr Wakefield an ihrer Seite.
Lächelnd wandte sie sich zu ihm. „Vielen Dank, Sir.“
„Gern geschehen, Mrs Stowe. Übrigens, ich heiße Guy.“
„Wie, bitte?“
„Mein Vorname lautet Guy.“
Vom Galopp gerötet, traten die Narben auf seiner rechten Wange deutlicher hervor.
Isabella fand jedoch, dass das seine Anziehungskraft kein bisschen verringerte.
„So vertraut sind wir nicht miteinander.“ Die Wimpern gesenkt, streichelte sie wieder den Hals ihres Pferdes. Inzwischen hatten sich seine Atemzüge verlangsamt, ebenso wie ihre eigenen.
„Dann muss ich Sie um Entschuldigung ersuchen, Madam, ich hatte gehofft, es wäre so. Um Ihnen etwas zu gestehen – der Besitzer des Wallachs wäre entzückt, wenn Sie ihn öfter reiten würden.“
Unschlüssig dachte sie über das Angebot nach. Wie viel würde es ihr bedeuten, könnte sie auf diese Weise wenigstens kurzfristig den Sorgen entfliehen, die ihre Seele mit jedem Tag schwerer belasteten ...
Aber so verlockend es auch sein mochte, sie wollte sich weder Mr Wakefield noch dem Eigentümer des prachtvollen Pferdes verpflichtet fühlen. Die Freuden dieses Ritts hatte sie zur Genüge ausgekostet. Bis vor Kurzem hatte sie geglaubt, so etwas würde ihr das Schicksal nie wieder zugestehen.
Bis der elegante Mr Wakefield vor meiner Tür aufgetaucht ist. Und in meinem Leben ...
„Dafür fehlt mir die Zeit. Aber ich bitte Sie, richten Sie dem Gentleman aus, ich sei ihm überaus dankbar, weil er mir sein Pferd heute Morgen geliehen hat.“ Isabella wagte nicht aufzublicken, denn sie fürchtete, ihre Augen würden die Wahrheit verraten – wie schmerzlich sie den Verzicht fand. „Auch Ihnen danke ich von ganzem Herzen, Mr Wakefield.“
„Darf ich annehmen, der Wallach hätte Ihre Bedingung erfüllt, Sie würden kein Pferd reiten, das sich für eine Dame eignet?“
Trotz des humorvollen Untertons erkannte Isabella, dass Mr Wakefield sich nicht auf ihre Kosten amüsierte. Sie hob die Lider, um ihn anzulächeln. Erstaunt entdeckte sie in seinen Augen einen Ausdruck, der nicht zum heiteren Klang seiner Stimme passte.
Sein gesenkter Blick verbarg, was sie gesehen hatte. Erst das Zögern vor ihrer Antwort bewog ihn, wieder aufzuschauen, und da merkte sie ihm nur höfliches Interesse an.
„Meine kühnsten Träume hat dieses schöne Pferd übertroffen. Was ich mit meinem Wunsch meinte, wussten Sie ganz genau, Sir. Auch dafür danke ich Ihnen.“
„Vielleicht noch ein ‚glücklicher Zufall‘?“
Ohne Isabellas Antwort abzuwarten, wechselte er das Thema und unterhielt sich mit ihr über die Landschaft und andere unverfängliche Dinge wie das Wetter, das in diesem Jahr zwar feucht, für die Jahreszeit aber besonders mild war, bis sie Isabellas Haus erreicht hatten und abgestiegen waren.
Nachdem er sie zum Eingang geleitet und sich verabschiedet hatte, trat sie ein und lehnte sich an die geschlossene Tür. Erst jetzt gestattete sie sich die Erinnerung an jenen Ausdruck in seinen Augen.
Sie war kein naives Mädchen, sondern acht Jahre lang glücklich verheiratet gewesen
– mit einem Mann, den sie vergöttert und der die Freuden der erotischen Liebe in ihr geweckt hatte.
Während sie spürte, wie der Gedanke an das offensichtliche Verlangen in Guy Wakefields Blick ihren Körper erwärmte, ganz gegen ihren Willen, holte sie tief Atem.
Lächerlich, ermahnte sie sich energisch. Er war einige Jahre jünger als sie. Und wie Hannah es so treffend formuliert hatte, viel zu vornehm, zu sehr ein typischer Londoner Gentleman.
Außerdem, wenn er sie begehrte – und sie war erfahren genug, um die Begierde eines Mannes nicht zu missdeuten –, brachte er ihr nicht die Gefühle entgegen, die sie in Williams Brust erregt hatte. Nein, Mr Wakefield beging zweifellos den gleichen Fehler wie einige Kameraden ihres Ehemanns, nachdem sie herausgefunden hatten, die Gemahlin des Captains würde ihn auf den Feldzügen begleiten.
Falls Guy Wakefield glaubte, sie wäre zu haben, als Gegenleistung für eine Kutschenfahrt, einen Morgenritt und schöne Dankesworte, würde er seinen Irrtum bald feststellen. Natürlich, gestand sie sich mit einem leichten Lächeln ein und löste sich von der Haustür, musste sie den einzigartigen Stil seiner Werbung anerkennen.
4. KAPITEL
„Da ist er wieder“, sagte Hannah
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