Weihnachtszauber 02
leise.
„Wer?“ Vollauf mit dem Problem beschäftigt, dass der Verkauf des Schmucks nur einen geringen Teil der Schulden deckte, hatte Isabella wirklich keine Ahnung, wen ihre Haushälterin meinte.
„Der Gentleman aus London.“
„Mr Wakefield?“
Seit dem Ritt am frühen Morgen waren zwei Tage verstrichen. Nachdem Isabella das Angebot, dieses Erlebnis zu wiederholen, so abrupt abgelehnt hatte, war es keine Überraschung gewesen, nichts mehr von Guy Wakefield zu hören. Sie hatte sich sogar gefragt – trotz ihres Entschlusses, sie würde keinen Gedanken mehr an den Mann verschwenden –, ob er seine Geschäfte in Nottinghamshire endlich erledigt hatte.
Anscheinend nicht, dachte sie, von einem Nervenflattern befallen, das sich ärgerlicherweise wie freudige Erregung anfühlte.
Sie stand auf, nahm die Schürze ab, die sie an diesem Morgen angelegt hatte, um Hannah beim Saubermachen zu helfen, und hängte sie über die Lehne eines Stuhls.
Dabei bemerkte sie Tintenflecken auf ihren Fingern. Zudem waren ihre Hände noch stärker gerötet als sonst, von der Seifenlauge, mit der sie die Böden geschrubbt hatte. Wieder einmal würde Mr Wakefield sie in einem schrecklichen Zustand antreffen.
„Ja, derselbe.“ Hannah zupfte den Kragen ihrer Herrin zurecht. „Und diesmal bringt er Blumen mit“, fügte sie hinzu. Ein Lächeln verzog ihre faltigen Lippen.
„Was, Blumen ?“ Obwohl Isabella nicht bezweifelte, was sie an jenem Morgen in Guy Wakefields Augen gelesen hatte, war sie sicher gewesen, sie hätte ihn ausreichend entmutigt und müsste sich nicht mit so einem romantischen Unsinn abplagen. „Ach, um Himmels willen ...“
Sie eilte ins Vestibül, und Hannah rief ihr nach: „Er wartet im Salon!“
Wenigstens ist dieser Raum nach unserer gemeinsamen Anstrengung sauber, dachte Isabella und marschierte resolut zu ihrem unwillkommenen Gast. Falls sie ihn nicht entschieden genug abgewiesen hatte ...
Auf der Schwelle hielt sie inne und verspürte erneut das sonderbare Gefühl, das sie bei seinem ersten Besuch verwirrt hatte. Den Rücken zu ihr gewandt, stand Guy Wakefield am Fenster und blickte in den vorderen Garten hinaus.
Der untadelige Schnitt seines Gehrocks zeichnete die breiten Schultern nach, enge Breeches, die in Reitstiefeln steckten, betonten muskulöse Beine. Im Sonnenlicht glänzte sein Haar blauschwarz,
Jeder Zoll ein Londoner Gentleman, dachte sie wieder.
Dann entsann sie sich, dass seine Schläfen trotz seiner Jugend graue Strähnen aufwiesen. Auch an die Narben auf der rechten Wange erinnerte sie sich. Gewiss steckte mehr in ihm, als es die typische elegante Kleidung eines modebewussten Großstädters vermuten ließ.
Und ganz gewiss ist er nicht mehr der verängstigte Junge, den ich vor all den Jahren getröstet habe ...
Offenbar spürte er ihre Anwesenheit, denn er drehte sich um. Lächelnd hielt er ihr einen ungewöhnlichen Strauß hin, der aus herbstlich gefärbten Blättern bestand.
„Dieser Versuchung konnte ich einfach nicht widerstehen, Mrs Stowe.“ Seine blauen Augen funkelten. „Solche Blätter haben Sie bei unserem Ausritt bewundert, und ich musste sie Ihnen einfach bringen. Heute in der Nachmittagssonne schienen sie mir noch farbenprächtiger zu leuchten. Wie schade, dass Sie den Anblick der schönen Bäume nicht auch genießen konnten!“
Nach kurzem Zögern ging sie in den Salon. Sie hatte den Mund geöffnet, um ihm die beabsichtigte Abfuhr zu erteilen. Aber irgendetwas an diesem außergewöhnlichen Bukett hinderte sie daran.
„Was machen Sie denn?“, fragte sie stattdessen.
Wie sie das meinte, wusste er und gab nicht vor, es falsch zu verstehen. „Nun, ich versuche die Gunst einer Dame zu gewinnen, die ich verehre.“
„Wieso?“ Isabella zwang sich zu einer Miene, die Missbilligung ausdrücken sollte.
Erstaunlicherweise war dies nicht die einzige Emotion, die sie empfand.
„Weil ich mir die Gunst dieser Dame inbrünstig wünsche.“ Beinahe klangen die leisen Worte wie eine Entschuldigung.
„Was Sie sich so inbrünstig wünschen, ist vermutlich die Dame selbst“, entgegnete sie unverblümt.
Sein Schweigen dauerte so lange, dass ihr das heftige Pochen ihres Herzens bewusst wurde. Oh, warum übte er diese unselige Wirkung auf sie aus?
„Verzeihen Sie mir, Mrs Stowe, das kann ich nicht bestreiten“, gab er schließlich zu.
„Und ich will es auch gar nicht.“
„Welchen Charakterfehler Sie auch immer wegen meines Entschlusses, meinen Gemahl auf den
Weitere Kostenlose Bücher