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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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dass mindestens ein Drittel der fünfzehn Mitglieder des Vorstands zu dieser Ansicht tendierten. Andererseits, sagte er sich, wie würde ein Unternehmen dastehen, das soeben ein Bußgeld von fünfhundert Millionen Dollar bezahlt hat und sich jetzt weigert, einen Bruchteil dieser Summe zu zahlen, um das Leben zweier kleiner Mädchen zu retten? Das war das Hauptargument, das er vorbringen wollte. Wenn die Sache aber schief lief – sie zahlten das Geld, und nächste Woche würde das Kind eines anderen Angestellten gekidnappt –, dann wäre er derjenige, den man dafür in die Wüste schicken würde, dachte er grimmig.
    Im Alter von sechsundfünfzig Jahren hatte Rob Geisler endlich die Position erreicht, die er immer angestrebt hatte. Von der Statur her ziemlich klein und schmächtig, hatte er immer gegen die unvermeidlichen Vorurteile kämpfen müssen, die einem kleingewachsenen Mann in der Welt des Business entgegenschlugen. Er hatte es bis an die Spitze geschafft, weil er als Finanzgenie galt und gezeigt hatte, dass er imstande war, mit Macht umzugehen und ein Unternehmen zu konsolidieren. Doch auf dem Weg nach oben hatte er sich auch viele Feinde gemacht, und mindestens drei von ihnen saßen in diesem Augenblick zusammen mit ihm am Tisch.
    Inzwischen war auch der letzte der von außerhalb erwarteten Vorstände eingetroffen, und alle Blicke richteten sich nunmehr auf Geisler. »Sie wissen alle, aus welchem Grund wir hier zusammengekommen sind«, begann er knapp, »und ich bin mir sehr wohl bewusst, dass manche unter Ihnen das Gefühl haben, wir würden vor den Kidnappern kapitulieren, wenn wir anbieten, das verlangte Lösegeld zu zahlen.«
    »Das ist genau das, was einige von uns denken, Rob«, warf Gregg Stanford ruhig ein. »Dieses Unternehmen hat bereits
genug unter schlechter Publicity gelitten. Wir sollten daher noch nicht einmal in Erwägung ziehen, mit Kriminellen zu kooperieren.«
    Geisler warf seinem Kollegen einen verächtlichen Blick zu. Er machte nicht den geringsten Versuch, seine tiefe Antipathie zu verbergen. Stanford war das perfekt medientaugliche Musterbeispiel eines leitenden Managers. Er war sechsundvierzig Jahre alt, eins dreiundneunzig groß, ungewöhnlich gut aussehend, mit rötlichen, sonnengebleichten Haaren und perfekten Zähnen, die immer aufblitzten, wenn er lächelte, und das tat er fast immer. Stanford war immer untadelig gekleidet und blieb stets liebenswürdig, selbst wenn er einem Freund in den Rücken fiel. Er war durch geschickte Heiratspolitik in die oberen Etagen der Geschäftswelt vorgedrungen  – seine dritte und aktuelle Ehefrau war eine Alleinerbin, deren Familie zehn Prozent des Aktienkapitals der Firma gehörte.
    Geisler wusste, dass Stanford scharf auf seinen Posten war. Und selbst wenn dieser sich mit seiner strikten Haltung, unter keinen Umständen auf Lösegeldforderungen einzugehen, im Vorstand durchsetzte, wäre Geisler im Endeffekt derjenige, den die Medien aufs Korn nehmen würden, wenn das Unternehmen öffentlich bekannt gab, dass es nicht für die Lösegeldforderung aufkommen werde.
    Er gab der Sekretärin, die die Sitzung protokollierte, ein Zeichen, worauf sie sich erhob und den Fernseher einschaltete. »Ich möchte, dass Sie sich dies ansehen«, sagte Geisler eindringlich. »Und dann versetzen Sie sich einmal in die Lage der Frawleys.«
    Auf seinen Wunsch hin hatte die Medienabteilung ein Videoband angefertigt, auf dem die Abfolge der Ereignisse zusammengestellt worden war: zuerst die Außenansicht des Hauses, dann die verzweifelten Bitten der Eltern an die Kidnapper, der Anruf bei Katie Couric und der zweite Anruf während der CBS-Nachrichten. Das Band endete mit der
kläglichen Kinderstimme, die »Wir wollen nach Hause!« rief, danach war das verängstigte Weinen der Zwillinge zu hören und schließlich die letzte Drohung des Entführers.
    »Die meisten von uns hier am Tisch haben selbst Kinder«, sagte er. »Wir müssen wenigstens den Versuch unternehmen, diese Kinder zu retten. Das ist das Mindeste, was wir tun können. Vielleicht scheitern wir damit. Vielleicht gelingt es uns, das Geld zurückzubekommen, vielleicht auch nicht. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass irgendjemand in diesem Raum, der diese Bilder gesehen hat, noch kalten Herzens gegen die Zahlung des Lösegelds stimmen wird.«
    Er beobachtete, wie sich die Blicke aller in Erwartung seiner Reaktion auf Gregg Stanford richteten. »Wer sich mit Hunden schlafen legt, steht mit

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