Weil deine Augen ihn nicht sehen
warten wir’s ab, ich hab da so meine eigenen Vorstellungen.
18
AM MITTWOCHMORGEN war das unbeständige Märzwetter wieder in bittere Kälte umgeschlagen. Ein scharfer Wind rüttelte an den Fenstern des Esszimmers, in dem Steve und Margaret mit Walter Carlson und dessen Kollegen, FBI-Agent Tony Realto, zusammensaßen. Eine zweite Kanne Kaffee stand unangerührt auf dem Tisch.
Carlson sah sich nicht in der Lage, die Aussage von Franklin Bailey herunterzuspielen, eines der beiden Mädchen habe gehustet – ein tiefer, rasselnder Husten, der nach Bronchitis klang. »Steve, Margaret, ich weiß, die Nachricht, dass Kathy krank ist, muss für Sie erschreckend sein«, sagte er. »Auf der anderen Seite ist das ein Beweis, dass Bailey wirklich die Stimmen der Zwillinge gehört hat. Sie hatten ja schon davon gesprochen, dass Kathy sich vielleicht erkältet hat.«
»Glauben Sie wirklich, dass dieser Kater Karlo ein zweites Mal bei Baileys Nachbar anrufen wird?«, fragte Steve. »So schlau wird er doch sein, um anzunehmen, dass auch dieser Anschluss mittlerweile überwacht wird.«
»Steve, Verbrecher machen Fehler. Sie glauben immer, sie hätten alles genau durchdacht, aber dann unterläuft ihnen doch irgendein Fehler.«
»Hoffentlich geben sie Kathy irgendwas gegen den Husten, damit sie keine Lungenentzündung bekommt«, sagte Margaret mit brechender Stimme.
Carlson blickte über den Tisch. Margaret Frawleys Gesicht war kreidebleich. Um ihre dunkelblauen Augen lagen tiefe Schatten. Immer wenn sie etwas sagte, presste sie die Lippen zusammen, als ob sie Angst hätte vor dem, was sie als Nächstes sagen könnte.
»Ich habe den Eindruck, dass dem Kidnapper daran liegt, die Kinder gesund und wohlbehalten zurückzugeben.«
Es war Viertel vor zehn. Kater Karlo hatte gesagt, er würde sich um zehn Uhr melden. Im Wohnzimmer trat jetzt Schweigen ein. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
Um zehn Uhr kam Rena Chapman, die Nachbarin, die Abendessen für die Frawleys gekocht hatte, aus ihrem Haus gerannt. »Bei uns ist jemand am Telefon, der behauptet, er hätte wichtige Informationen über die Zwillinge für das FBI«, sagte sie atemlos zu dem Polizeibeamten, der vor dem Haus Wache stand.
Dicht gefolgt von Steve und Margaret rannten Realto und Carlson zum Haus der Chapmans. Carlson riss den Hörer an sich und nannte seinen Namen.
»Haben Sie Papier und was zu schreiben?«, fragte der Anrufer.
Carlson zog Notizblock und Stift aus seiner Brusttasche.
»Sieben Millionen Dollar sollen auf Konto 507964 bei der Nemidonam Bank in Hongkong überwiesen werden«, teilte ihm Kater Karlo mit. »Sie haben drei Minuten, um das in die Wege zu leiten. Sobald ich sicher weiß, dass die Überweisung stattgefunden hat, melde ich mich wieder.«
»Ich werde das sofort veranlassen«, sagte Carlson bestimmt. Noch bevor er den Satz vollendet hatte, hörte er das Knacken in der Leitung.
»War das der Kidnapper?«, fragte Margaret. »Waren die Mädchen bei ihm?«
»Es war der Kidnapper. Die Kinder hat er nicht erwähnt. Es ging nur um das Lösegeld.« Carlson wählte Robinson
Geislers Privatnummer im Vorstandsbüro von C.F.G.&Y. Geisler hatte versprochen, dort auf Anweisungen für die Geldüberweisung zu warten. Knapp und präzise wiederholte er den Namen der Bank in Hongkong und die Kontonummer. »Die Überweisung wird innerhalb von sechzig Sekunden erfolgen, und die Koffer mit dem Bargeld stehen ebenfalls bereit«, versicherte er dem FBI-Agenten.
Margaret hörte zu, als Carlson sofort danach die Kommunikationsabteilung des FBI anrief und sie anwies, die Hausleitung der Chapmans zu überwachen, in der Hoffnung, den Aufenthaltsort von Kater Karlo orten zu können, wenn er sich wieder melden würde.
So dumm ist er nicht, dachte Margaret. Jetzt hat er die sieben Millionen Dollar. Ob wir je wieder etwas von ihm hören werden?
Carlson hatte ihr und Steve erläutert, dass einige Banken in exotischen Ländern sich gegen Zahlung einer Provision dazu hergäben, Überweisungen aus dem Ausland anzunehmen, die dann sofort weiter verschoben würden. Und wenn er sich damit zufrieden gibt, dachte sie mit einem Schaudern. Wenn wir nie wieder etwas von ihm hören? Aber Franklin Bailey hat gestern die Stimmen der Zwillinge gehört. Sie haben gesagt, sie hätten uns im Fernsehen gesehen. Gestern Morgen waren sie noch am Leben.
»Mr. Carlson. Kommen Sie! Ein neuer Anruf. Drei Häuser weiter.« Einer der Polizeibeamten von Ridgefield, die vor dem
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