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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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breiten Grinsen. »Hi, Angie. Sag mal, hattest du vor, mir die Füße abzufahren?«
    »Hi, Gus«, sagte Angie und versuchte zu lächeln. Gus Svenson war eine Nervensäge, die ihnen manchmal über den Weg lief, wenn sie und Clint im Danbury Pub aßen, so ein Blödmann, der immer alle Leute anquatschte, neben denen er an der Bar saß. Als selbstständiger Klempner hatte er während der Saison öfter im Golfklub zu tun. Die Tatsache, dass sie und Clint im Hausmeisterhäuschen wohnten, wenn der Klub geschlossen war, brachte Gus dazu, sich so zu benehmen, als ob sie ungeheuer viel gemeinsam hätten. Blutsbrüder gewissermaßen, weil sie beide die Drecksarbeit für Leute mit Geld machten, dachte sie voller Verachtung.
    »Wie geht’s meinem Freund Clint?«, fragte Gus.
    Gus hatte die Angewohnheit, so laut zu reden, als ob sich sein Gegenüber in zwanzig Meter Entfernung befände. Einige Leute drehten sich nach ihnen um.
    »Blendend, Gus, blendend. Ah, ich glaube, das Energiebündel an der Kasse ist jetzt fast soweit.«
    »Ja, ja, sicher.« Gus lud seine Einkäufe auf das Laufband, drehte sich dann wieder zu Angie um und glotzte in ihren Wagen. »Baby-Aspirin. Baby-Nasentropfen. Sag mal, gibt’s
da etwa was, das ihr beiden mir bisher verschwiegen habt?«
    Die Sorge, die Angie beim Gespräch mit dem Apotheker beschlichen hatte, schlug jetzt in blanke Angst um. Lucas hatte Recht, dachte sie. Ich hätte nichts für die Kinder einkaufen dürfen, oder wenigstens hätte ich nicht dort einkaufen dürfen, wo man mich kennt. »Red keinen Unsinn, Gus«, gab sie zurück. »Ich pass auf das Kind einer Freundin auf, und die Kleine hat sich gerade erkältet.«
    »Das macht dann hundertzweiundzwanzig achtzehn«, sagte die Angestellte hinter der Kasse.
    Gus öffnete seinen Geldbeutel und zückte seine Kreditkarte. »Wenn’s halb so viel wär, wär’s billig.« Er wandte sich wieder zu Angie um. »Hör mal, wenn du sowieso mit Babysitten beschäftigt bist – vielleicht hätte mein alter Kumpel Clint Lust, ein paar Bierchen mit mir zu zischen. Ich würde ihn auch abholen. Dann brauchst du dir keine Sorgen zu machen, dass er sich ein paar zu viel hinter die Binde kippt. Du kennst mich ja. Ich weiß immer, wann ich aufhören muss. Ich ruf an.«
    Bevor sie etwas entgegnen konnte, hatte er seine Unterschrift auf den Kassenzettel gekrickelt, seine Einkäufe zusammengepackt und sich auf den Weg zum Ausgang gemacht. Angie warf den Inhalt ihres Wagens auf das Band. Die Summe belief sich auf dreiundvierzig Dollar. Sie wusste, dass sie nicht mehr als fünfundzwanzig Dollar in der Handtasche hatte, und das bedeutete, dass sie ihre Kreditkarte benutzen musste. Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht, als sie den Verdampfer aus dem Regal genommen hatte.
    Lucas hatte ihnen Bargeld gegeben, um das Kinderbett zu kaufen. »Auf diese Weise hinterlassen wir keine schriftlichen Spuren«, hatte er gesagt. Aber nun gab es schriftliche Spuren. Als sie die Kleider für die Zwillinge gekauft hatte, hatte sie schon mit ihrer Karte zahlen müssen, und jetzt wieder.
    Bald ist alles vorbei, beruhigte sie sich, als sie dem Ausgang zustrebte. An der Tür hielt ein Angestellter Wache. Sie ließ den Einkaufswagen stehen und nahm ihre Sachen auf den Arm. Das fehlte gerade noch, dass der Alarm losgeht, dachte sie, als sie an dem Angestellten vorüberging. Manchmal passiert das, wenn diese Schwachköpfe an der Kasse die Sachen nicht richtig scannen.
    Höchstens zwei Tage noch, dann haben wir das Geld und können verschwinden, sagte sie sich, während sie quer über den Parkplatz eilte und in Clints zwölf Jahre alten Chevrolet-Transporter stieg. Ein Mercedes, der daneben stand, fuhr gerade los. Im Licht der Scheinwerfer fiel ihr Blick auf die Typenbezeichnung auf der Heckklappe. Ein SL 500.
    Hat bestimmt über hunderttausend gekostet, dachte Angie. Vielleicht sollten wir uns auch so einen kaufen. In zwei Tagen haben wir fünf Mal so viel Geld, und alles in Scheinen.
    Auf der kurzen Rückfahrt ging sie noch einmal den verabredeten Zeitplan durch. Lucas hatte gesagt, morgen würde Kater Karlo die Banküberweisung erhalten. Morgen Abend würden sie sich die Million Dollar in bar holen. Und dann, wenn sie sich davon überzeugt hatten, dass alles korrekt abgelaufen war, würden sie am frühen Donnerstagmorgen die Kinder irgendwo deponieren und den Eltern einen Hinweis geben, wo sie sie finden könnten.
    So in etwa hatte sich Lucas den Ablauf vorgestellt, dachte Angie. Aber

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