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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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mir.«
    »Das tue ich auch nicht. Falls die Bullen auftauchen und mit dir reden wollen, bist du sauber. Ich hab Gus am Mittwochabend
erzählt, du wärst in Yonkers, um nach einem neuen Auto zu schauen. Sag ihm, du hättest den Transporter verkauft, und dann miete dir erst mal einen Wagen.«
    »Du hast mir nicht einen Dollar von dem Geld dagelassen«, sagte er verbittert. »Nicht mal die fünfhundert, die ich auf der Kommode gelassen habe.«
    »Überleg doch mal: Wenn sie einen Teil der Nummern auf den Scheinen kennen? Ich wollte dich nur schützen. Bezahl doch einfach alles mit der Kreditkarte. Ist doch jetzt egal. In zwei Wochen oder so werden wir von der Bildfläche verschwunden sein. Ich hab Hunger. Ich muss jetzt gehen. Mach’s gut.«
    Angie klappte das Handy zu, lief zum Bett zurück und blickte auf Kathy hinunter. Schläft sie, oder tut sie nur so, als ob sie schläft? Sie wird langsam genauso unverschämt wie die andere, dachte Angie. Ich kann so lieb zu ihr sein, wie ich will, sie ignoriert mich einfach.
    Der Hustensaft stand neben dem Bett. Sie schraubte den Deckel ab und goss von dem klebrigen Sirup in einen Löffel. Dann beugte sie sich hinunter, drückte Kathys Lippen auseinander und ließ die Flüssigkeit in ihren Mund laufen. »Jetzt schluck’s runter«, befahl sie.
    In einer schläfrigen, reflexartigen Reaktion schluckte Kathy den größten Teil des Sirups hinunter. Ein paar Tropfen gerieten aber in ihre Luftröhre, und sie fing an, zu husten und zu weinen. Angie stieß sie in das Kissen zurück. »Ach nee, fang bloß nicht wieder damit an«, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
     
    Kathy schloss die Augen, wandte sich ab und zog sich die Decke über das Gesicht. Sie versuchte, nicht zu weinen. In Gedanken sah sie Kelly in der Kirche sitzen, zwischen Mommy und Daddy. Sie wagte nicht, laut zu sprechen, doch sie bewegte lautlos die Lippen, während sie spürte, wie Angie sie an das Bett fesselte.

     
    In der ersten Reihe von St. Mary’s in Ridgefield hielten Margaret und Steve ihre Tochter Kelly an den Händen, während sie sich zur Messe hinknieten. Neben ihnen wischte sich Dr. Sylvia Harris ein paar Tränen aus den Augenwinkeln, als Monsignore Romney das Eröffnungsgebet sprach.
    Herr, unser Gott, vor dem keine menschliche Trauer verborgen bleibt
    Du kennst die übergroßen Schmerzen
    Die wir empfinden über den Verlust dieses Kindes
    Du siehst uns trauern über ihr Scheiden aus dieser Welt
    So tröste uns mit dem Wissen
    Dass Kathryn Ann jetzt in deiner Liebe weiterlebt.
    Kelly zog an Margarets Hand. »Mommy«, sagte sie. Es war das erste Mal, dass sie laut und deutlich sprach, seit sie wieder bei ihnen war. »Kathy hat so Angst vor der Frau. Sie ruft nach dir. Du sollst sie auch nach Hause holen. Jetzt sofort!«

49
    SPECIAL AGENT CHRIS SMITH, Chef des FBI-Büros in North Carolina, hatte bei den Eltern von Steve Frawley in Winston-Salem angerufen und um ein kurzes Gespräch gebeten.
    Frawleys Vater Tom, ein pensionierter und hoch dekorierter Hauptmann der Feuerwehr von New York City, war nicht sehr erbaut über dieses Ansinnen. »Wir haben gestern erfahren, dass eine unserer Enkelinnen tot ist. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hat meine Frau vor drei Wochen eine Knieoperation gehabt, sie leidet immer noch unter schrecklichen Schmerzen. Weshalb wollen Sie uns sprechen?«
    »Wir müssen mit Ihnen über Mrs. Frawleys älteren Sohn, Ihren Stiefsohn Richie Mason, sprechen«, hatte Smith geantwortet.
    »Ach, mein Gott, das hätte ich mir ja gleich denken können. Kommen Sie gegen elf Uhr vorbei.«
    Smith, ein zweiundfünfzigjähriger Afroamerikaner, nahm Carla Rogers mit, eine sechsundzwanzigjährige Agentin, die erst vor kurzem seiner Abteilung zugewiesen worden war.
    Um elf öffnete Tom Frawley die Haustür und bat die Agenten einzutreten. Das Erste, dessen Smith ansichtig wurde, war eine Collage von Fotos der Zwillinge an der dem Eingang gegenüberliegenden Wand. Was für hübsche Kinder,
dachte er. Was für ein Jammer, dass wir nicht beide heil zurückbringen konnten.
    Frawley lud sie ein, ihm zu folgen, und führte sie in das gemütliche Wohnzimmer, das direkt an die Küche angrenzte. Grace Frawley saß in einem geräumigen Ledersessel, die Füße auf eine Polsterbank hochgelegt.
    Smith trat auf sie zu. »Mrs. Frawley, es tut mir furchtbar leid, Sie zu stören. Ich weiß, Sie haben gerade eine Ihrer Enkelinnen verloren, und Sie hatten vor kurzem eine Operation. Ich

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