Weil deine Augen ihn nicht sehen
verspreche Ihnen, dass wir Sie nicht lange behelligen werden. Unser Büro in Connecticut hat uns gebeten, Ihnen und Mr. Frawley ein paar Fragen über Ihren Sohn Richard Mason zu stellen.«
»Bitte, setzen Sie sich.« Tom Frawley deutete auf die Couch, dann zog er sich selbst einen Sessel neben den seiner Frau heran. »In was für Schwierigkeiten steckt Richie denn jetzt wieder?«, fragte er.
»Mr. Frawley, ich habe nicht gesagt, dass Richie in Schwierigkeiten steckt. Davon weiß ich nichts. Wir wollten mit ihm sprechen, aber er ist am Mittwochabend nicht an seinem Arbeitsplatz im Flughafen Newark aufgetaucht, und nach Aussage seiner Nachbarn ist er seit letzter Woche nicht mehr in der Nähe seiner Wohnung gesehen worden.«
Grace Frawleys Augen waren geschwollen. Seit die Agenten ihr gegenübersaßen, hielt sie immer wieder ein kleines Taschentuch an ihr Gesicht. Smith begriff, dass sie versuchte, ihre zitternden Lippen vor ihnen zu verbergen.
»Uns hat er gesagt, er müsse wieder zurück an die Arbeit«, sagte sie nervös. »Ich hatte vor drei Wochen eine Operation. Deshalb ist Richie letztes Wochenende zu Besuch da gewesen. Ist ihm vielleicht etwas zugestoßen? Wenn er sich nicht bei seiner Arbeit gemeldet hat, hat er vielleicht auf dem Rückweg einen Unfall gehabt.«
»Grace, bleib realistisch«, mahnte Tom sanft. »Richie hasst diesen Job. Er hat immer gesagt, er sei viel zu intelligent, um
anderer Leute Gepäck herumzufahren. Es würde mich nicht überraschen, wenn er plötzlich so eine Eingebung hatte und nach Las Vegas oder an einen ähnlichen Ort gefahren ist. Er hat so etwas bestimmt schon ein Dutzend Mal getan. Es geht ihm bestimmt gut, meine Liebe. Mach dir keine Gedanken, du hast weiß Gott genug andere Sorgen.«
Tom Frawley sprach beruhigend auf seine Frau ein, doch Chris Smith hatte auch eine Spur von Irritation aus seinen Worten herausgehört, und sicherlich was dies auch Carla Rogers nicht entgangen. Dem Bericht über Richie Mason nach zu urteilen, hatte er seiner Mutter in seinem bisherigen Leben nichts als Kummer bereitet. Schulabbrecher, Einträge im Jugendstrafregister, fünf Jahre Gefängnis für einen Betrug, der ein Dutzend Investoren ein Vermögen gekostet hatte – darunter auch Franklin Bailey, der sieben Millionen Dollar verloren hatte.
Grace Frawley hatte das abgespannte, erschöpfte Aussehen eines Menschen, der eine Menge Schmerzen zu erleiden hat, sowohl körperliche wie seelische. Sie musste um die sechzig Jahre alt sein, schätzte Smith, eine attraktive Frau mit grauen Haaren und einem zierlichen Körperbau. Tom Frawley war groß und breitschultrig, vielleicht ein paar Jahre älter als sie.
»Mrs. Frawley, Ihre Operation war vor drei Wochen. Warum hat Sie Richie erst jetzt besucht?«
»Ich war zwei Wochen in einer Reha-Klinik.«
»Ich verstehe. Wann ist Richie hier angekommen, und wann ist er wieder abgefahren?«, fragte Smith.
»Er ist ungefähr um drei Uhr in der Früh am Samstag angekommen. Bis um drei Uhr nachmittags hatte er am Flughafen zu tun, und wir haben ihn gegen Mitternacht erwartet«, antwortete Tom Frawley für seine Frau. »Doch dann hat er angerufen, um Bescheid zu geben, dass sehr viel Verkehr auf der Straße sei und dass wir schon zu Bett gehen und die Haustür nicht abschließen sollten. Ich habe einen leichten
Schlaf, daher hab ich ihn gehört, als er hereinkam. Abgereist ist er am Dienstagmorgen gegen zehn Uhr, gleich nachdem wir Steve und Margaret im Fernsehen gesehen haben.«
»Hat er viel telefoniert?«, fragte Smith.
»Nicht mit unserem Telefon. Aber er hatte natürlich sein Handy dabei. Das hat er auch benutzt, aber wie oft, kann ich nicht sagen.«
»Besucht Richie Sie regelmäßig, Mrs. Frawley?«, fragte Carla Rogers.
»Er ist kurz vorbeigekommen, um uns zu sehen, als wir Steve, Margaret und die Zwillinge gleich nach ihrem Umzug in Ridgefield besucht haben. Davor haben wir ihn fast ein Jahr nicht gesehen«, sagte Grace Frawley. Sie klang müde und traurig. »Ich ruf regelmäßig auf seinem Handy an. Er geht fast nie ran, aber ich hinterlasse ihm eine Nachricht, sage nur, dass wir an ihn denken und dass wir ihn lieb haben. Ich weiß, dass er einiges Unheil angerichtet hat, aber im Grunde genommen ist er ein guter Junge. Als Richies Vater starb, war er erst zwei Jahre alt. Ich habe Tom drei Jahre danach geheiratet, und kein Mensch hätte ein besserer Vater für Richie sein können als Tom. Aber als Jugendlicher ist er in die falschen Kreise
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