Weil Du an die Liebe glaubst
Augenblick glaubte Catherine, ihre Tochter würde herabstürzen. Dann lehnte sich das Mädchen wieder an die Mauer. »Ich… ich sitze hier fest.«
Michael trat an Catherines Seite. »Sprecht leise!«
Weich fuhr er fort: »Hier ist Colonel Kenyon, Amy.
Bist du unverletzt?«
»Ja, Sir.« Ein gedämpftes Schniefen war zu hören. »Ich hatte versucht zu fliehen.«
»Tapferes Mädchen. Bleib, wo du bist. Ich komme und werde dich holen.«
»Wie willst du das machen?« fragte Catherine.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Michael entrollte das Seil. »Ich werde diesen Baum in der Ecke ersteigen. Von dort aus kann ich eine Schlinge über dieses Steinding unter dem Dach werfen und mich zu dem Vorsprung, auf dem Amy hockt, hinüberschwingen. Dann werde ich uns nach unten bringen.« Er zog das Schwert aus der Scheide und legte es auf den Boden.
Sie starrte nach oben, konnte Amy kaum sehen, noch weniger als das »Steinding«. Es war besonders entsetzlich, Amy so nahe zu haben und zugleich in solcher Gefahr zu wissen. Gepreßt sagte sie: »Sei vorsichtig.«
Er berührte kurz ihre Schulter. »Das bin ich immer.« Dann ging er zu dem Baum und begann hinaufzuklettern.
Catherine beobachtete ihre Tochter mit solcher Angst, daß sie kaum atmen konnte. Obwohl es sich aus Michaels Mund so angehört hatte, als ob die Rettung leicht sei, wußte sie, wie gefährlich es sein würde. Das Seil konnte reißen, das Steinding abbrechen, jemand sie sehen.
Die beiden Menschen, die sie am meisten liebte, waren in Lebensgefahr, und das einzige, was sie tun konnte, war beten.
Ein seltsamer Schrei riß Haldoran aus dem Schlaf.
Keine Möwe oder irgendein Wildtier. Er stand auf und trat an sein Fenster. Es dämmerte. Zeit aufzustehen, zu frühstücken und nach Bone zurückzukehren. Er freute sich auf die Jagd dieses Tages.
Aus den Augenwinkeln bemerkte er eine Bewegung und drehte sich in die Richtung, um genauer hinzusehen. Was war das, zum Teufel?
Eine dunkle Gestalt kletterte unerschrocken an der Mauer entlang, bewegte sich auf halber Höhe über dem Boden. Kenyon! Und das da auf dem Boden war Catherine, das bleiche Oval ihres Gesichts nach oben gerichtet. Verflucht. Nicht nur, daß es dem Paar irgendwie gelungen war, von Bone zu fliehen, sie besaßen auch noch die Kühnheit, nach Ragnarök zu kommen.
In dem langsam zunehmenden Licht konnte er sehen, daß sich neben Kenyon noch eine zweite, kleine Gestalt befand. Amy. Es sah aus, als hätte diese Göre zu fliehen versucht. Man konnte ihr ebensowenig trauen wie ihrer Mutter. Jetzt mußte er sie ebenfalls beseitigen.
Schnell wandte er sich ab und betätigte die Glocke.
Er war bereits halb angekleidet, als Doyle schlaftrunken erschien. »Weck die anderen Männer. Sie sollen sich anziehen und mit ihren Waffen in die Eingangshalle kommen. Sofort!«
bellte er. »Zeit, mit dem Töten zu beginnen.«
Als Michael auf dem Vorsprung neben Amy landete, sagte er im Plauderton: »Was ist passiert?«
»Ich habe ein Seil aus Laken gemacht, und es ist gerissen.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über ihr verschmiertes Gesicht. »Ich habe auf diesen Vorsprung springen können, konnte aber weder hinauf noch hinunter.«
»Bist du schon lange hier?«
»Eine Ewigkeit!« Ihre Stimme zitterte. »Letzte Nacht erzählte Lord Haldoran mir, Mama sei tot, und deswegen beschloß ich zu fliehen, um herauszufinden, ob er die Wahrheit gesagt hatte.«
Dieser Bastard. Michael murmelte einen Fluch, den er in Gegenwart eines Kindes nicht hätte benutzen dürfen. Haldoran mußte im Haus sein, was ihre Situation noch gefährlicher machte.
Seine Besorgnis verbergend, sagte er ruhig: »Wie du sehen kannst, hat er gelogen.«
»Ich hätte ihn umbringen können für das, was er sagte!« Ihre Stimme klang absolut nicht kindlich.
»Ich werde mein Bestes tun, ihn für dich zu töten.«
Während er prüfte, ob das Seil hielt, fragte sie:
»Warum sind Sie bei Mama?«
Michael überlegte schnell und gab ihr dann eine überarbeite Form der Wahrheit als Antwort.
»Deine Mutter war vor dem Besuch von Skoal etwas aufgeregt. Da wir Freunde sind, bat sie mich, sie zu begleiten.«
Amy akzeptierte das kommentarlos.
Er fuhr fort: »Der schnellste Weg, nach unten zu kommen, ist, wenn ich dich Huckepack nehme. Es wird schaurig sein. Kannst du das?«
Sie nickte heftig. »Ich tue alles, um hinunterzukommen!«
Er drehte sich mit einem Lächeln um und hockte sich hin, so daß sie aufsteigen konnte. Obwohl ihr schlanker Körper
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