Weil Du an die Liebe glaubst
gewöhnlich wie Gentlemen wirken.«
Melbournes Unterkiefer fiel herunter. Da Harrow ebenso renommiert wie Eton war, konnte selbst einem schlichten Kavalleristen der Sarkasmus nicht entgehen.
Melbourne fing sich und sagte mit entwaffnender Betroffenheit: »Verzeihen Sie mir – ich habe mich gerade zu einem verdammten Narren gemacht, nicht wahr? Ich habe mit Wilding nie viel gesprochen, und ich habe den Fehler gemacht, zu glauben, er sei nicht mehr als ein
emporgekommener Sergeant.«
Das war gut gemacht, obwohl Melbournes Charme sein ungehobeltes Benehmen nicht ganz überwog.
Michael erwiderte: »Wahrscheinlich war es Kenneth’s seltsame Art von Humor, die ihn veranlaßte, Sie Ihre Vorurteile weiter pflegen zu lassen.«
Melbourne runzelte die Stirn. »Wenn er wirklich der Honorable Kenneth Wilding ist, warum hat er sich dann als gemeiner Soldat anwerben lassen?«
Michael kannte die Antwort, aber die ging den anderen Mann nichts an. Er sagte nur: »Kenneth mag eine Herausforderung. Er war mein Sergeant, als ich frischer Subalterner war. Es war ein Glück, daß ich ihn hatte. Nachdem er und seine Gruppe ihnen dreifach überlegene Franzosen gefangengenommen hatten, schlug ich ihn zur Beförderung vor.« Er setzte sein Glas mit einem hörbaren Klicken auf dem Tisch ab. »Ich war erstaunt darüber, daß die Armee wirklich den Verstand besaß, ihn zum Offizier zu machen.«
Seine Bemerkung löste eine lebhafte Diskussion über die Dummheit der höheren Ränge der Armee aus, ein Thema, das die Gruppe bis zum Abendessen beschäftigte. Es war ein angenehmes Mahl mit ausgezeichnetem Essen und guter Konversation. Selbst Colin Melbourne war kein schlechter Gesellschafter, obwohl er offensichtlich in seinem ganzen Leben nie einen originellen Gedanken gehabt hatte.
Doch als das Essen vorbei war, konnte Michael sich an keinen einzigen Bissen erinnern, den er gegessen hatte. Woran er sich erinnerte, war Catherines elegantes Profil, ihr herzliches Lachen und die Glätte ihrer cremefarbenen Haut.
Er beschloß, künftig auswärts zu essen, wann immer das möglich war.
Kapitel 5
Es war weit nach Mitternacht, als Michael die Küchentür öffnete. Er erstarrte. »Entschuldigung, ich hatte nicht erwartet, hier jemand zu finden.«
Catherine Melbourne blickte von dem Herd auf, wo sie Holz ins Feuer nachlegte. »Dafür gibt es auch keinen Grund – alle vernünftigen Bürger sind im Bett.« Sie erhob sich und wischte ihre Hände ab. »Der Herzog muß Sie sehr beschäftigen. Sie sind jetzt eine Woche hier, und ich glaube, ich habe Sie nur einmal gesehen.«
Es war vielleicht klüger, sich zurückzuziehen, aber das wäre unverzeihlich unhöflich. Michael trat in die Küche. »An den meisten Abenden habe ich die Flagge bei Gesellschaften gezeigt, die Leute aus der englischen Schickeria geben. Sie sind nach Brüssel in der Hoffnung gekommen, Aufregendes zu erleben.«
»Das hatte ich vermutet. Wellington hat es schon immer geschätzt, wenn seine hochrangigen Offiziere wichtige gesellschaftliche Funktionen wahrnehmen, und das besonders jetzt, da er nicht will, daß Zivilisten wegen der militärischen Situation zu beunruhigt sind.« Sie schenkte ihm ein aufreizendes Lächeln. »Ich bin sicher, Sie sind sehr begehrt, um all den Bällen und Abendgesellschaften aristokratischen Glanz zu verleihen.«
Michael verzog das Gesicht. »Ich fürchte, es ist so. Aber warum habe ich Sie nicht gesehen?
Wellington ist auch ganz versessen auf die Gesellschaft attraktiver Damen, weshalb ich annehmen würde, daß Sie und Anne und Ihre Ehemänner auf den Gästelisten obenan stehen.«
»Gewöhnlich werden wir eingeladen, aber Colin ist oft… anderweitig beschäftigt.« Sie ergriff einen Holzlöffel und rührte in einem Topf, der auf dem Herd brodelte. »Wenn Anne und Charles ausgehen, begleite ich sie normalerweise, aber sie fühlt sich zu müde, um an Gesellschaften teilzunehmen. Deshalb bin ich in letzter Zeit nicht ausgegangen. Außer natürlich zu den Gesellschaften, die der Herzog selbst gibt. Dahin geht jeder.«
Michael zögerte, bevor er das Angebot machte, das er jeder anderen Frau automatisch und ohne Umstände machen würde. »Wenn Sie einen Begleiter brauchen, wäre es eine Ehre für mich, zu Ihrer Verfügung zu stehen.«
Sie hob schnell den Kopf und musterte seinen Gesichtsausdruck. Offensichtlich zufrieden mit dem, was sie sah, sagte sie: »Danke. Es gibt Veranstaltungen, an denen ich gern teilhaben würde, aber allein möchte ich nicht
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