Weil du fehlst (German Edition)
Unterstützung brauchtest, weil ich der Vertrauenslehrer dieser verdammten Schule bin … Wenn ich daran denke, was passieren würde, wenn jemand erführe, dass wir …«
Da lehnte ich mich einfach an ihn, meine Stirn gegen seinen dunklen Pulli.
»… dass wir miteinander geschlafen haben«, beendete er noch leiser seinen Satz, und ich fühlte seine Stimme mehr, als dass ich sie hörte. Dann umarmten wir uns.
Ich presste mich fest an ihn. Und ich spürte sein Glied an meinem Körper, wie es hart wurde, wie es sich ebenfalls gegen mich drängte.
»Nein!«, stoppte Elija den Verlauf der Dinge und schob mich fast wütend von sich.
Elijas erklärende Worte :
Das alles war mir passiert, weil: ich in einer Ausnahmesituation war, weil ich aufgewühlt war, weil ich Nähe suchte zu jemandem, der mir stark erschien. Und ihm: weil ich ihn berührt hatte in meiner Not, weil ich zart und beschützenswert sei, weil er das merkwürdige Gefühl hatte, mich schon immer zu kennen, weil ich bezaubernd sei.
Aha.
»Aber ich … ich liebe meine Frau, Kassandra«, sagte er abschließend. »Verstehst du? Und mir ist … so etwas noch nie passiert! Es ist unmoralisch und verboten und verwerflich! Kein Lehrer darf ein – ein Verhältnis mit seiner Schülerin anfangen, um Gottes Willen …«
Das Klingeln der Pausenglocke mischte sich aggressiv in seine aggressiven Worte.
Und was tat ich? Ich nickte und ging.
Jetzt hatte ich doch meine Antwort.
Drei Geschichtsstunden kamen und gingen, in denen Elija mich kein einziges Mal anschaute. Draußen roch die Luft nach dem hoffentlich bald kommenden Frühling, und ich fühlte mich schlecht. Dabei hatte ich meine Periode bekommen. Es war also nichts passiert.
»Was ist denn nur mit Good-old-Rosy los?«, flüsterte Selma mir in der dritten Geschichtsstunde – Thema Amerikanische Revolution 1763-83, Boston Tea Party und so – zu und deutete verstohlen auf Elija, der an ein Fenster gelehnt dastand und, wie wir alle, einem Kurzreferat von Mercedes Grasmere lauschte. Seine Haare waren in blassen Sonnenschein getaucht.
»Was … was meinst du?«, flüsterte ich zurück.
»Oh, er ist irgendwie mies drauf derzeit, oder? Immer diese Leichenbittermiene.«
»Selma … Kassandra, bitte!«, sagte Elija in diesem Moment.
Ich schwieg benommen, als sein Blick für diesen einen Augenblick meinen streifte.
Was sollte nur werden?
Nächste Woche würde die gesamte Woodrow-Wilson-School an einer landesweiten Mathematikpyramide teilnehmen. Sämtlicher normale Unterricht war für diese Zeit ausgesetzt. Überall hingen zu diesem Thema Infoplakate an den Schulwänden. Oyas Debattierclub der Freunde der Zahl Pi hatte ebenfalls einen Flyer erstellt und machte eine eigene Veranstaltungsreihe. Brendan hatte mich schon ein paarmal genervt auf Oyas Verbleib angesprochen.
Lediglich mein Jahrgang war ausgeschlossen, da wir in der gleichen Woche einen Vorbereitungskurs für unseren SAT, den Einstufungstest für Studienanwärter, haben würden.
»Kassandra?«
»He, Kassandra, Rosyposy ruft dich …«, sagte Gretchen, Selmas Schwester, mit der wir die Pause verbrachten, und zupfte mich am Ärmel.
Ich fuhr herum und sah ihn. Er stand in Jeans und weißem T-Shirt in der Tür zur Cafeteria und winkte mir zögernd zu.
»Was will der denn schon wieder?«, sagte Mercedes, während sie sich ihr Esstablett schnappte. »Wär echt prima, wenn einen die bekloppten Lehrer wenigstens in den Pausen mal in Ruhe ließen, oder?«
Logisch, dass Mercedes gereizt war. Elija hatte ihr auf ihr Referat, das sie erst am Morgen via Smartphone-Wikipedia-Internet-Recherche in knapp zehn Minuten zurechtgebastelt hatte, eine nur mittelmäßige Note verpasst.
Meine Beine fühlten sich so an, wie sie sich früher angefühlt hatten, wenn ich Fieber gehabt hatte und nachts aus meinem in Rabeas Bett gewankt war, um nicht alleine zu sein.
»Es sei denn, es wäre Lucky Luke«, seufzte Gretchen und meinte natürlich Mr Walenta. Mehr bekam ich nicht mit, denn ich war schon zur Tür gegangen, wo Elija auf mich wartete.
»Kassandra – hast du kurz Zeit? Es geht um Oya«, sagte Elija, und er sah mich halb an und halb nicht an.
»Um Oya?«
Meine Stimme klang wackelig, während Elija nickte. Nebeneinander gingen wir durch den Gang des Pavillons, dann über ein Stück asphaltierten Schulhof und dann ins Hauptgebäude.
Eine sehr leise Frage, eine sehr leise Gegenfrage, eine herausgepresste, minimalistische Erklärung, eine leise
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