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Weil du fehlst (German Edition)

Weil du fehlst (German Edition)

Titel: Weil du fehlst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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spüren. Ich schloss für einen Moment die Augen und erinnerte mich an seine Augen, seinen Blick, als er in mich eindrang, an den Duft seiner Haut, an seine Haare, die an seiner verschwitzen Stirn klebten, und an meinen Namen in seinem Mund. Immer wieder.
    Was ich gerne gefragt hätte :
    Und was jetzt? Wie geht es weiter?
    Aber ich fragte nicht, weil ich Angst vor der Antwort hatte. Die gerahmte Fotografie von Virginia und Lucilla Rosen auf dem Küchenfensterbord war Antwort genug. Da war ich mir sicher.
    Kaum eine halbe Stunde später fuhren wir los und schwiegen immer noch.
    »Immerhin isst du wieder. Und hast wieder ein bisschen Farbe im Gesicht«, war der wahrhaftig einzige Satz, der noch in Elijas kleinem, konserviertem Appartement in der Roten Fabrik zwischen uns gefallen ist, ehe wir aufbrachen.
    Dabei hatte ich mich im Badezimmerspiegel gesehen. Meine Augen, mein ganzes Gesicht. Zum ersten Mal fand ich mich fast hübsch. Rabea, Oya, meine Großeltern in Maine, gerade erst wiedergefunden – und sogar Raymond, und mit ihm Marjorie und Myron –, alles war weit weg auf einmal.
    Wahnsinnig schnell erreichten wir mein Viertel und die Sunland Road.
    Und jetzt? Und jetzt? Und jetzt?
    Zwei leise Fragen, zwei leise Antworten :
    ELIJA: Ich habe dich nicht mal gefragt, ob du … verhütest?
    ICH: … nein …
    Ich sah das Entsetzen in seinen Augen.
    ICH: Sehen wir uns wieder?
    ELIJA: Um Himmelswillen, Kassandra. Aber ja, wir gehen schließlich in dieselbe Schule …
    Er lächelte unglücklich und wich meinem Blick aus. Dann fuhr er in die Nachbareinfahrt, um Mrs Ward ihren alten Chevy zurückzubringen. Von dort aus würde er dann wohl ein Yellow Cap nehmen und nach Hause in die Hurlbut Street fahren. Und später würden Virginia und Lucilla zu ihm nach Hause kommen.
    Ich drehte mich weg und ging ins Haus.

    Was dort passierte :
    Ich traf Rabea. Aber nicht Oya. Zuerst schwiegen wir, dann weinten wir, dann brüllten wir uns an, dann schwiegen, weinten, brüllten wir wieder. Es war wie Spießrutenlaufen.
    Wo ist Oya? Wie konntest du nur? Warum hast du uns so wahnsinnig belogen? Wie konntest du mich Len vergessen lassen? Und Raymond alleine lassen? Es ist egal, wo ich letzte Nacht war! Du hast ihn nicht gesehen! Er sieht furchtbar aus! Und ich dachte mein Leben lang, er sei tot ! Wie konnte das alles überhaupt passieren? Warum war … Myron damals so wütend auf uns? Hör auf zu weinen! Sprich mit mir! Hörst du, sprich mit mir! Und wo ist, verdammt nochmal, Oya?
    Oya war nach Göteborg geflohen. Zu Jonna Sjöborg. Wegen Len und Raymond und Rabeas Lügnerei, und weil Billyboy gestorben war. Einfach so. Ohne etwas Weiteres zu verschlingen. Das sagte mir Rabea nach der dritten Runde Schweigen, Weinen, Brüllen.
    Verdammt. Arme Oya. Billyboy, ihr Stromboli-Kater. Das gute, alte Vieh.
    In meinem Zimmer lag ein Zettel, auf dem es stand: Sorry, Kassandra, aber alles ist zu viel! Ich weiß noch nicht, wann ich wiederkomme. Scheiß auf die Schule! Oya! P.S. Darius hat ungefähr eine Milliarde Mal nach dir gefragt! Es war penetrant, aber er scheint dich echt zu mögen!
    Ich schob die Notiz zwischen ein paar herumliegende Schulsachen, während mich ein Stich durchfuhr: Schule! Noch vier Tage … Als Nächstes pinnte ich Amandas Fotografie von Len und mir neben mein Bett.

    »Da bist du also wieder«, sagte Darius, als er am Tag darauf plötzlich vor der Tür stand, und lächelte mir zu. Natürlich hatte ich nichts von Elija gehört. »Auferstanden von den Toten, sozusagen.«
    Ich zuckte wegen der Doppeldeutigkeit dieser Aussage zusammen, und Darius auch. Anscheinend hatte ihm Oya erzählt, was bei uns ans Licht gekommen war.
    »Äh, darf man reinkommen?«
    Ich nickte.
    »Oh, du bist online?«, hakte Darius nach, weil mein Laptop eingeschaltet war und auf dem unaufgeräumten Wohnzimmertisch stand, und auf diese Weise erfuhr er von Achmed in Ankara. Misstrauisch runzelte er die Stirn.
    Kaum eine halbe Stunde später kam auch noch Zelda.
    »Meine Mom ist dir übrigens nicht böse wegen des Wagens«, sagte sie. »Oya hat uns das mit deinem Zwillingsbruder erzählt und dass du deshalb nach Maine zu deinen Großeltern musstest. Meine Mom versteht das und lässt dich grüßen. – War aber irgendwie verrückt, als gestern Morgen Mr Rosen stockesteif bei uns auftauchte, um den Wagen zurückzugeben. Meine Mom wollte ihn unbedingt auf einen Kaffee festnageln und ein bisschen ausquetschen, aber er hatte es eilig und ging gleich

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