Weil du mich fesselst
dieses kleine Zeichen der Unterstützung unter diesen schwierigen Umständen.
»Lin, Sie sind uns gerne willkommen, wenn Sie dieser Sitzung beiwohnen möchten. Abgesehen von Ian weiß schließlich niemand mehr über Noble Enterprises als Sie«, sprach Gerard sie freundlich an.
»Darüber muss das Direktorium entscheiden«, entgegnete Lin. »Ich warte nebenan, falls Sie mich brauchen.«
In der Stille, die entstand, nachdem Lin die Tür geschlossen hatte, wandte sich Gerard an Francesca.
»Wir alle wissen, dass es sehr schwer für Sie sein muss …«
Francesca schüttelte den Kopf, und Gerard hielt inne. Sie entschuldigte sich mit einem schwachen Lächeln bei ihm für diese abrupte Geste.
»Können wir bitte direkt auf diese Sache zu sprechen kommen? Was ist mit Tyake?«
Gerard räusperte sich und blickte von James zu Lucien. Lucien hob seine Augenbrauen erwartungsvoll, und Gerard begann zu beschreiben, welches Angebot Noble Enterprise für den Spiele-und Technologiemischkonzern hatte. Francesca hörte aufmerksam zu und machte sich dabei ein Bild von Ians Cousin.
Gerards Präsentation war eloquent, selbstsicher und von großem Wissen geprägt. Sie hatte ihn nie zuvor getroffen, wusste aber, dass Ian ihn als Kind »Onkel« genannte hatte, dabei war Gerard nur acht Jahre älter. Ian war erst knapp zehn Jahre alt gewesen, als seine Großeltern ihn und seine Mutter in Nordfrankreich wiedergefunden hatten. Nach Ians Rückkehr nach Großbritannien hatte Gerard Anne und James geholfen, den zurückgezogenen und argwöhnischen Jungen aus sich herauszulocken und ihm zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Sicherheit ermöglicht.
Gerard sah jünger aus als die neununddreißig, die er war, das weiße Hemd, das er zu dem Blazer mit Fischgrätenmuster trug, betonte seinen trainierten, muskulösen Körper. Er hatte kastanienbraunes Haar, das gut zu seiner Augenfarbe passte, und doch konnte sie leichte Anflüge einer Familienähnlichkeit ausmachen. Ein wenig Ärger blitzte ihn ihr auf, als ihr dieser Gedanke beim Anblick von Gerards Gesicht ganz automatisch in den Kopf kam.
Würde es jemals wieder einen Tag geben, an dem sie einen Mann nicht mit Ian vergleichen würde?
Gerard war Anwalt, das wusste sie, dennoch hatte er seine Gesetzeskenntnisse nur eingesetzt, um seine beträchtlichen Investments zu steuern und sein Vermögen zu verwalten. Ihm gehörte eine außergewöhnlich erfolgreiche Elektronikfirma, die sich rühmen konnte, eine große Anzahl lukrativer Kunden aus dem privaten und öffentlichen Sektor zu haben. Sinoit Electronics, so viel wusste sie, war ein Zulieferer für Noble Enterprises, so wie Ian umgekehrt Sinoit mit einer gewissen patentierten Computertechnologie ausstattete. Ian hatte ihr einmal erzählt, dass Gerard ein genialer Geschäftsmann sei, der das Erbe seiner Eltern, das er schon im Alter von achtzehn Jahren antrat, bei deren Tod vervierfacht hatte. Gerard war zudem der Erbe von James Nobles Titel als Earl of Stratham, wohingegen Ian die Besitztümer und das Vermögen seines Großvaters zufallen würden. Da er ein illegitimes Kind war, war es gesetzlich ausgeschlossen, dass Ian den Titel übernehmen konnte. Und so ging der Titel an den Sohn von James’ deutlich jüngerer Schwester Simone, eben Gerard, der der nächste männliche, legitime Nachfahre von James war. Francesca erinnerte sich auch, dass Gerard geschieden und kinderlos war, er war reich und sah recht gut aus. Das alles zusammen hatte ihn zu einem der begehrtesten Junggesellen in Großbritannien gemacht. Ian ließ dann und wann eine Bemerkung fallen, die mit ironischem Unterton darauf anspielte, dass Gerard ein Meister sei, der unglaublich geschickt dem gefräßigen Zugriff der Mehrheit der Frauen ausweichen konnte, dagegen aber versagte, wenn es darum ging, eine aus der Minderheit jener Frauen zu verführen, die ihm gefielen. Zum ersten Mal konnte Francesca nun aus eigener Anschauung verstehen, was er damit meinte.
»Wie also alle sehen können«, kam Gerard nun zu seiner Zusammenfassung, »sind wir darauf vorbereitet, den entscheidenden Schritt zu tun, um Tyake zu kaufen. Wir müssen uns allerdings beeilen. Angesichts der japanischen Finanzkrise will der Eigentümer unbedingt verkaufen. In dieser Hinsicht ist ihm eine schnelle Bezahlung wichtiger als ein großer Gewinn. So wie ich Lucien verstanden habe, ist Ihnen bewusst, wie viel Ian daran gelegen war, Tyake zu übernehmen?«, fragte er, wobei sich seine braunen Augen auf
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