Weil du mich siehst
vielleicht endlich meine Albträume auf.
Vielleicht sollte ich Johannes einfach um ein Rendezvous bitten, er könnte mir sicher ein wenig von meinem Schmerz nehmen , dachte Connie.
Vielleicht sollte ich mich doch nicht vor der ganzen Welt verschließen und mal wieder vor die Tür gehen , dachte Ayla. Nicht jeder da draußen ist böse. Womöglich finde ich eines Tages einen Mann, dem ich vertrauen kann.
Ja, wahre Liebe, es gibt sie noch. Vielleicht sollte ich ihr auch eine zweite Chance geben, dachte Horst.
Und Melanie erkannte dies: Armer Lennard, ich habe mich ihm komplett entzogen, seit Jason tot ist. Und er ist immer noch bei mir. Muss seine Liebe stark sein, dass sie meine Kälte aushält. Ich sollte dringend versuchen, ihn wieder in mein Leben zu lassen und ihm ein wenig Liebe zurückzugeben.
So waren sie an diesem Abend alle an ihre eigenen Geschichten erinnert und in ihren eigenen Gedanken versunken. Als Finn und Paula nach Hause gingen, sagte er: »Ich bin so unglaublich stolz auf dich.«
Paula lächelte glücklich. Ja, sie war glücklich, denn sie hatte das Schwierigste überhaupt geschafft; sie hatte sich überwunden, der Vergangenheit ins Auge zu blicken, sie hatte sie als das angenommen, was sie war: vergangen. Sie war im Hier und Jetzt angekommen.
Neubeginn
Die Wochen vergingen und Paula hatte wieder angefangen zu leben. Sie genoss die Weihnachtszeit, die weihnachtlichen Lieder, die Finn ihr auf der Gitarre vorspielte und zu denen sie gemeinsam sangen. Finn hatte das Singen nicht verlernt, ganz im Gegenteil, er klang einfach himmlisch in Paulas Ohren.
»Wollen wir auf den Weihnachtsmarkt gehen?«, fragte Paula.
»Traust du dir das zu? Da wird es bestimmt sehr voll sein. In diesem Gedränge könnten wir uns leicht verlieren.«
Finn war in den letzten Jahren immer ganz allein auf den Weihnachtsmarkt gegangen und war unbeachtet durch die Gänge geschlendert. Er hatte sich jedes Mal gebrannte Mandeln gekauft, die mochte Barne am liebsten.
»Ich weiß, du wirst gut auf mich aufpassen. Ich werde mich bei dir einhaken und dich nicht loslassen. Bitte, ich möchte so gern den Geruch von gerösteten Kastanien und Tannenzweigen riechen.«
Finn konnte Paula nichts abschlagen, und so machten sie sich am folgenden Nachmittag auf zum Weihnachtsmarkt. Finn kaufte Kastanien für Paula und gebrannte Mandeln für Barne. Außerdem kaufte er Paula an einem Stand eine bunte Pudelmütze, die ihr wunderbar stand.
Paula lachte: »Du bist ja verrückt! Ich sehe bestimmt aus wie ein Zwerg.«
»Wie ein sehr süßer Zwerg«, stimmte Finn lachend zu.
Paula konnte manchmal noch nicht glauben, dass Finn wirklich mit ihr sprach. So lange hatten sie sich auf ihre besondere Weise verständigt, manchmal vermisste sie es sogar, es hatte so etwas Sinnliches. Dann fragte sie Finn, ob er nicht etwas auf ihren Arm schreiben könne und er schrieb jedes Mal: ICH LIEBE DICH.
♥
Ein paar Tage vor Weihnachten bekamen sie Besuch, mit dem keiner von ihnen gerechnet hatte. Finns Vater stand vor der Tür.
Finn schaute nur ab und zu noch zu Hause vorbei. Nach und nach hatte er all seine Sachen zu Paula gebracht, zumindest alles, was ihm wichtig war.
»Guten Tag«, sagte er, als Paula ihm öffnete. »Ich weiß gar nicht, ob ich hier richtig bin. Ich suche meinen Sohn, Finn.«
»Kommen Sie herein, Herr Krüger«, sagte Paula und ließ ihn ein. Sie hielt ihm ihre Hand hin: »Ich bin Paula, schön, Sie endlich kennenzulernen.«
Finns Vater schüttelte behutsam ihre Hand. Er folgte ihr ins Wohnzimmer und setzte sich. Paula konnte sein Unwohlsein förmlich spüren.
»Er hat es Ihnen nicht gesagt, oder? Sie wussten nicht, dass ich blind bin.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Das wusste ich nicht.«
»Finn ist Brötchen holen gegangen, er müsste jeden Moment zurückkommen.«
»Gut. Eigentlich … eigentlich wollte ich ja zu Ihnen.«
»Oh«, sagte Paula überrascht. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Sie haben mir schon geholfen. Sie haben Finn geholfen, mehr, als ich es konnte.«
Paula wusste nicht, was sie sagen sollte, also blieb sie still und hörte zu.
»Ich weiß nicht, wie Sie es geschafft haben, aber mein Sohn spricht wieder. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Und Sie ... ich dachte nicht, dass …«
»Sie haben nicht geglaubt, dass es eine Frau gibt, die jemanden wie Finn lieben könnte«,
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