Weil ich Layken liebe
sagt sie.
»Nein. Lieber nicht. Ich halte es für besser, wenn ich erst einmal allein mit ihnen spreche … – Natürlich, das mache ich. Ich liebe dich auch. Bis bald.«
Sie legt auf. Ich schleiche mich auf Zehenspitzen in mein Zimmer, mache die Tür leise hinter mir zu, lehne mich dagegen und lasse mich fassungslos zu Boden rutschen. Sieben Monate. Es ist erst sieben Monate her und sie hat ihn schon vergessen.
Nein, das kann und will ich nicht glauben, das kann nicht sein. Aber anders ist das, was ich gerade gehört habe, eigentlich nicht zu verstehen. Ich befinde mich wieder in Phase eins: Verleugnung.
Wie kann sie nur? Und was ist das für ein Mann, der nach so kurzer Zeit verlangt, dass sie ihn uns vorstellt? Ohne ihn zu kennen, mag ich ihn schon jetzt nicht. Ich fasse es nicht! Will gegenüber hat sie so hochmoralisch getan und dann macht sie selbst etwas, das noch viel schlimmer ist. Ich bringePhase eins im Schnelldurchlauf hinter mich und bin bereits tief in Phase zwei: Wut.
Trotzdem beschließe ich, sie erst einmal nicht darauf anzusprechen. Ich will mehr über die Sache herausfinden, um mich nicht wieder ohnmächtig irgendeiner Entscheidung beugen zu müssen, die jemand anderes getroffen hat. Ich will agieren, statt immer nur zu reagieren. Und dafür muss ich besser vorbereitet sein.
Es klopft an der Tür. »Lake? Bist du schon da?« Als meine Mutter die Tür öffnet, springe ich hastig auf. Sie sieht mich verwundert an. »Was machst du denn da?«
»Dehnungsübungen. Ich hab ziemliche Rückenschmerzen.«
Sie sieht skeptisch aus, also verschränke ich zum Beweis die Hände im Rücken, beuge mich vor und strecke die Arme in die Höhe.
»Nimm lieber eine Schmerztablette, nicht dass du dir noch etwas zerrst«, rät sie mir.
»Okay.«
»Ich wollte dir nur sagen, dass ich mich vor dem Dienst noch mal hinlege, weil ich heute noch gar nicht geschlafen habe. Kannst du nachher dafür sorgen, dass Kel badet, bevor er ins Bett geht?«
Sie ist schon ein Stück den Flur hinuntergegangen, aber ich laufe ihr hinterher.
»Mom?«
Als sie sich umdreht, fällt mir auf, wie blass und erschöpft sie aussieht. Vielleicht sollte sie lieber mehr schlafen, statt sich mit fremden Männern zu treffen.
»Ich gehe Donnerstagabend mit ein paar Leuten aus meiner Klasse aus. Ist das okay?«
Sie verengt die Augen. »Mit wem denn?«
»Mit Eddie, Gavin und Nick.«
»Mit drei Jungs? Tut mir leid, aber das kommt überhaupt nicht infrage.«
Ich seufze. »Eddie ist ein Mädchen, Mom. Sie ist in ein paar von meinen Kursen und wir verstehen uns echt gut. Gavin ist ihr Freund. Und Nick ist der Typ, der mich gestern heimgefahren hat. Wir machen so eine Art Doppeldate.«
Ihre Augen leuchten auf. »Ach so ist das. Okay, gut.« Sie lächelt und will gerade die Tür zu ihrem Zimmer öffnen, als ihr noch etwas einfällt. »Donnerstag habe ich doch Nachtdienst. Was soll dann mit Kel werden?«
»Will hat einen Babysitter für Caulder organisiert und mir angeboten, dass Kel bei ihnen bleiben kann.«
Mom nickt, aber dann dreht sie sich noch einmal um. »Will bezahlt jemanden, der auf Kel aufpasst, damit du mit einem anderen Jungen weggehen kannst?«
Mist. Mir wird erst jetzt klar, wie sich das für sie anhören muss. »Mom, die Sache mit Will ist Wochen her. Wir haben einen schönen Abend miteinander verbracht, aber jetzt ist es aus und vorbei.«
Sie sieht mich einen Augenblick lang an. »Hm.« Dann geht sie stirnrunzelnd in ihr Zimmer.
Ich muss zugeben, dass mir ihr Misstrauen eine gewisse Genugtuung verschafft. Sie hat den Verdacht, dass ich sie anlüge? Dann sind wir ja quitt.
»Ich gehe heute nicht in den Lyrikkurs«, sage ich zu Eddie, als wir nach Geschichte unsere Sachen zusammenpacken und in den Flur treten.
»Warum nicht?«
»Mir ist nicht gut. Kopfweh. Ich brauche frische Luft und setze mich lieber raus.«
Ich bin schon Richtung Hof gegangen, als sie mir nachläuft und mich am Arm zurückhält.
»Layken? Hat das was mit dem zu tun, was Mr Cooper gestern in der Mittagspause mit dir besprochen hat? Ist alles okay?«
Ich lächle sie beruhigend an. »Ja klar. Alles super. Er hat mich bloß gebeten, in Zukunft in meinen Texten mit Kraftausdrücken etwas zurückhaltender zu sein.«
»Ah. Okay.« Sie presst die Lippen aufeinander und wirft mir denselben stirnrunzelnden Blick zu wie meine Mutter gestern, bevor sie geht.
Der Hof ist menschenleer. Anscheinend bin ich die einzige Schülerin, die eine Auszeit von einem Lehrer
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