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Weil ich Layken liebe

Weil ich Layken liebe

Titel: Weil ich Layken liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Hoover
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sechs, dann bist du wieder da.«
    Ich setze mich an meine Hausaufgaben. Mr Hanson ist zwar halb taub und blind, aber das hindert ihn nicht daran, uns bergeweise Lernstoff aufzugeben. Als ich fertig bin und auf die Uhr sehe, ist es halb fünf.
    Weil es zu früh ist, um die Pizza zu bestellen, kommt mir die Idee, die Zeit zu nutzen und ein bisschen Detektivin zu spielen. Vielleicht kann ich ja mehr über diesen Typen herausfinden, mit dem Mom sich heimlich trifft.
    Zuerst suche ich in der Küche, im Wohnzimmer und im Flur nach Hinweisen, obwohl ich selbst nicht weiß, was ich mir genau darunter vorstelle. Vielleicht entdecke ich ja irgendeine Telefonnummer, eine Notiz oder etwas in der Art. Aber da ist nichts. Nach kurzem Zögern entschließe ich mich, in Moms Zimmer nachzusehen. Ich habe noch nie in den Sachen meiner Eltern rumgeschnüffelt. Wirklich noch nie. Aber außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Zumindest rede ich mir das ein.
    Alles sieht exakt so aus wie in Moms und Dads altem Schlafzimmer in Texas. Dieselben Möbel, derselbe cremefarbeneTeppich. Wenn der Raum nicht etwas kleiner wäre, könnte man glauben, es wäre immer noch das Zimmer, das meine Mutter jahrelang mit meinem Vater geteilt hat.
    Als Erstes schaue ich da nach, wo die meisten Menschen irgendwelche geheimen Sachen verstecken – in der Wäschekommode. Aber darin liegt tatsächlich nur Moms Unterwäsche. Danach setze ich mich aufs Bett und ziehe die Schublade ihres Nachttischs auf. Viel ist nicht drin: ihre Schlafmaske. Ein Stift. Eine Tube Handcreme. Ein Taschenbuch. Ein gefalteter Zettel …
    Ich nehme ihn heraus und öffne ihn. Es ist ein Gedicht, das jemand offensichtlich ziemlich hastig hingekritzelt hat.
    Für meine süße Julia
    Eines Tages werde ich dir eine ganze Welt malen,
    in der kein Lächeln je erlischt und alle strahlen,
    wo ewiges Lachen in der Luft liegt
    und das Glück wie ein Schmetterling fliegt.
    Den Anfang mache ich schon heute Nacht,
    während du schläfst, bin ich es, der wacht.
    Auf dein wunderschönes, stilles Gesicht
    male ich ein Lächeln, davon handelt dieses Gedicht.
    Wenn die Sonne aufgeht, wirst du es sehen,
    das Lächeln, das ich dir gemalt habe, kann niemals vergehen.
    Aber das ist erst der Anfang – ich male dir die Welt,
    in der du das Einzige bist, was wirklich zählt.
    Ich schüttle mich entsetzt. Wo das Glück wie ein Schmetterling fliegt? Dem Typen, der das verbrochen hat, sollte das Dichten gesetzlich für immer verboten werden. Angewidert falte ich den Zettel wieder zusammen und lege ihn in die Schublade zurück.
    Danach gehe ich in die Küche, rufe bei Getty’s an und bestelle unsere Pizza. In dem Augenblick, in dem ich auflege, höre ich Moms Wagen in der Einfahrt – der perfekte Moment, um duschen zu gehen. Noch bevor sie ins Haus kommt, drehe ich den Schlüssel in der Badezimmertür. Ich würde es nicht ertragen, den verliebten Ausdruck auf ihrem Gesicht zu sehen.
    »Was zum …?«, entfährt es meiner Mutter eine halbe Stunde später, als sie den Pizzakarton aufklappt.
    »Spezialanfertigung für Kel«, erkläre ich.
    Mom verdreht die Augen und zieht den anderen Karton zu sich. Gereizt beobachte ich, wie sie den Blick über die vorgeschnittenen Pizzastücke wandern lässt, als würde sie sich fragen, welches wohl am besten schmeckt. Hallo? Das ist eine Margherita – alle Stücke sind gleich!
    »Jetzt nimm dir schon eins!«, fauche ich.
    Sie runzelt die Stirn. »Warum so zickig, Lake? Hast du heute noch nichts gegessen?«
    Sie nimmt ein Stück und hält es mir hin. Ich greife danach, klatsche es mir auf den Teller und setze mich damit an die Theke, als Kel rückwärts ins Haus gestolpert kommt.
    »Da schon Pizza die ist?«, fragt er, bevor der Läufer unter ihm wegrutscht und er auf dem Boden landet.
    »Gott, Kel. Kannst du nicht mal mit diesem bescheuerten Kinderkram aufhören?«, blaffe ich ihn an.
    Meine Mutter wirft mir einen scharfen Blick zu. »Was hast du für ein Problem, Lake? Gibt es etwas, worüber du reden musst?«
    Mit einer heftigen Bewegung schiebe ich den Teller von mir weg und rutsche vom Hocker. Es ist zwecklos. Ich kann nicht mehr so tun, als wäre nichts. »Nein, Mutter ! Es gibt nichts, worüber ich reden müsste. Ich habe keine Geheimnisse.«
    Sie wird blass. Damit ist klar, dass sie weiß, dass ich es weiß.
    Ich warte darauf, dass sie versucht, sich herauszureden, dass sie sich verteidigt, mich anbrüllt oder in mein Zimmer schickt.

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