Weil ich Layken liebe
wirst du sehen, dass sie mich nachher auch wieder nach Hause bringt.« Ich stürme hinaus. Zum Glück hält Eddie genau in diesem Moment in der Einfahrt.
»Du bleibst hier, Lake! Wir müssen reden«, ruft Mom mir hinterher.
Ich reiße die Wagentür auf und drehe mich noch einmal zu ihr um. »Du hast recht, Mom. Wir müssen reden. Aber wenn hier jemand etwas zu erklären hat, dann bist du das. Ich weiß, warum du morgen mit uns essen willst! Ich weiß, warum wir nach Michigan gezogen sind! Ich weiß alles! Also wage es bloß nicht, mir zu unterstellen, ich hätte irgendwelche Geheimnisse vor dir.«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, rutsche ich auf die Rückbank und knalle die Tür zu.
»Bring mich hier weg! Schnell!«, sage ich zu Eddie, die sich umgedreht hat und mich verwundert ansieht.
Sobald sie losfährt, beginne ich zu weinen. Ich will nie mehr nach Hause zurück.
»Och Mensch, Süße. Dann trink wenigstens was.« Eddie schiebt mir eine Cola über den Tisch, während sie und Gavin hilflos zusehen, wie mir die Tränen über die Wangen laufen. Wir haben einen Zwischenstopp im Getty’s eingelegt, weilEddie der Meinung war, dass eine Trostpizza das Einzige ist, was mir jetzt helfen kann. Ich habe keinen Bissen heruntergebracht.
»Tut mir leid, dass ich euch den Abend verdorben habe«, schluchze ich.
»Quatsch. Du hast uns gar nichts verdorben. Stimmt’s, Baby?«, sagt Eddie zu Gavin.
»Überhaupt nicht. Wir wussten sowieso nicht, welchen Film wir anschauen sollen«, behauptet er und legt die übrig gebliebenen Pizzastücke in den Karton, den wir uns haben bringen lassen.
Mein Handy vibriert wieder. Das ist jetzt schon der sechste Versuch von Mom, mich zu erreichen. Diesmal schalte ich es ganz aus und werfe es in die Tasche zurück. »Schaffen wir es noch ins Kino?«, frage ich die beiden.
Gavin schaut auf seine Uhr und nickt. »Klar, die nächste Vorstellung fängt in einer halben Stunde an, falls du wirklich Lust hast.«
»Ja, hab ich. Ich brauche jetzt irgendwas, um mich abzulenken.«
Wir zahlen und fahren zum Kino. Es läuft zwar gerade kein Film mit Johnny Depp, aber im Moment tut es auch jeder andere Schauspieler.
10.
She puts her hands against
the life she had.
Living with ignorance,
blissful and sad.
But nobody knows what lies behind
the days before the day we die.
– THE AVETT BROTHERS, »DIE DIE DIE«
Ein paar Stunden später setzt Eddie mich wieder vor unserem Haus ab. Im Wohnzimmer brennt noch Licht. Ich steige nicht sofort aus, sondern hole erst einmal tief Luft und bereite mich innerlich auf die Auseinandersetzung vor, die mich gleich erwartet.
»Ruf mich nachher noch mal an, okay? Ich will wissen, wie es gelaufen ist«, sagt Eddie. »Viel Glück.«
»Mach ich. Danke.«
Sobald ich die Tür aufgeschlossen habe, kommt Mom mir entgegengelaufen. Ich erstarre, weil ich damit rechne, dass sie mich anbrüllt, aber sie breitet die Arme aus, ziehtmich an sich und hält mich ganz fest. Ich stehe stocksteif da.
»Es tut mir so leid, Lake«, sagt sie mit erstickter Stimme. »Ich hätte es dir von Anfang an sagen müssen.«
Auf einmal fühle ich mich wahnsinnig erschöpft und leer. Ich mache mich von ihr los, gehe ins Wohnzimmer und setze mich auf die Couch. Auf dem Tisch liegt ein Berg zerknüllter Taschentücher. Es sieht aus, als hätte sie den ganzen Abend hier gesessen und geweint. Aber sie tut mir nicht leid. Es geschieht ihr ganz recht, dass sie sich schlecht fühlt. Ich will, dass sie sich schämt.
»Euer Dad und ich wollten es euch sagen, bevor er …«
» Dad? Das heißt, die Sache lief schon, als Dad noch gelebt hat?« Ich springe auf und sehe sie fassungslos an. »Mom? Seit wann geht das schon so?«, schreie ich und spüre, wie mir wieder die Tränen übers Gesicht laufen.
Ich warte darauf, dass sie mir ihren Verrat erklärt, sich rechtfertigt, aber sie starrt stumm auf den Boden.
»Seit wann kennst du ihn?«
Jetzt hebt sie ruckartig den Kopf und sieht mich mit großen Augen an. »Seit wann kenne ich wen ?«
»Was weiß ich, wer er ist! Der Typ, der das bescheuerte Gedicht geschrieben hat, das in deiner Nachttischschublade liegt. Der Typ, mit dem du dich jedes Mal triffst, wenn du angeblich ›Besorgungen‹ machst. Der Typ, zu dem du am Telefon ›Ich liebe dich‹ sagst. Ich habe keine Ahnung, wer er ist, und ich will ihn auch nicht kennenlernen, nur dass du es weißt.«
»Lake?« Meine Mutter geht langsam auf mich zu und legtmir beide Hände auf die Schultern. »Ich treffe
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