Weil ich Layken liebe
Nicht als Mr Cooper, sondern als Will. Nur für eine kleine Weile. Er legt sanft einen Arm um meine Schulter und zieht mich ins Haus.
Ich bringe kein Wort heraus. Will hält mich, als meine Knie unter mir nachgeben. Und genau wie ich selbst damals bei meiner Mutter im Flur in der Schule, sinkt er zusammen mit mir zu Boden. Er legt sein Kinn auf meinen Kopf, drückt mich an sich, streichelt mir über die Haare und lässt mich einfach weinen.
»Erzähl mir, was passiert ist«, flüstert er schließlich.
»Sie ist krank, Will«, schluchze ich. »Sie wird sterben.« Mehr kann ich nicht sagen. Ich will es nicht. Wenn ich das Wort »Krebs« jetzt laut ausspreche, bedeutet das, dass es wahr ist. Es ist wahr, aber ich will es nicht wahrhaben. Noch nicht.
Also schluchze ich und schweige. Er hält mich fest. Irgendwann hebt er mich hoch und trägt mich in sein Schlafzimmer. Als er mich gerade auf sein Bett gelegt und die Decke über mich gebreitet hat, klingelt es an der Tür. Will küsst mich auf die Stirn und geht dann aus dem Zimmer.
Meine Mutter steht draußen, aber ich kann nicht verstehen, was sie sagt.
»Bitte erlauben Sie ihr, über Nacht hierzubleiben, Julia«, antwortet Will. »Ich habe das Gefühl, dass sie mich jetzt braucht.«
Nachdem die beiden noch eine Weile geredet haben, höre ich, wie er die Tür schließt und wieder ins Zimmer zurückkommt. Er legt sich neben mich und hält mich im Arm, während ich leise weine.
Zweiter Teil
11.
Who cares about tomorrow?
What more is tomorrow,
than another Day?
– THE AVETT BROTHERS, »SWEPT AWAY«
Das Fenster, durch das Sonnenlicht hereinströmt, befindet sich auf der falschen Seite des Zimmers. Wie viel Uhr ist es? Ich taste nach meinem Handy auf dem Nachttisch, kann es aber nicht finden. Da ist noch nicht einmal ein Nachttisch. Erschrocken setze ich mich auf und reibe mir die Augen. Das ist nicht mein Zimmer! Und dann bricht die Erinnerung über mich herein und überwältigt mich. Ich lasse mich zurückfallen, ziehe mir die Decke über den Kopf und wünsche mich ganz weit weg.
»Lake.«
Ich schlage die Augen auf. Die Sonne scheint nicht mehr so hell wie vorher, aber das ist immer noch nicht mein Zimmer. Ich verkrieche mich wieder.
»Lake, wach auf.«
Jemand will mir die Decke wegziehen. Ich kralle mich daran fest und versuche, mich in den Schlaf zurückzuflüchten, aber ich bin viel zu wach und außerdem platzt meine Blase gleich. Will sitzt kopfschüttelnd an der Bettkante.
»Hey. Anscheinend bist du wirklich kein Morgenmensch«, sagt er und lächelt schief.
»Wo ist bei euch die Toilette?«
»Gleich gegenüber.« Er deutet in den Flur. Ich springe aus dem Bett, renne ins Bad, ziehe eilig meine Jeans runter und setze mich … auf kalte Keramik. Der Sitz ist hochgeklappt.
»Männer!«, murmle ich und klappe ihn runter.
Als ich aus dem Badezimmer komme, sitzt Will in der Küche an der Theke.
»Setz dich.« Er deutet auf den Hocker neben sich und gießt mir einen Kaffee ein.
Ich greife nach dem dampfenden Becher und nippe vorsichtig daran.
»Wie viel Uhr ist es?«, frage ich.
»Halb zwei.«
»Oh. Dein Bett ist wirklich gemütlich.«
Er stupst mich leicht mit der Schulter an. »Scheint so.«
Wir trinken schweigend unseren Kaffee. Es ist ein angenehmes Schweigen.
Nach einer Weile rutscht Will vom Hocker und wäscht seinen Becher aus, bevor er ihn in die Spülmaschine stellt. »Ich gehe mit Kel und Caulder in die Kindervorstellung ins Kino«, sagt er und wischt sich die Hände an einem Küchentuch trocken. »Danach gehe ich mit ihnen wahrscheinlich noch etwasessen. Wir sind schätzungsweise gegen sechs zurück. Du hast also genügend Zeit, dich mit deiner Mom auszusprechen.«
Es gefällt mir nicht, wie er den letzten Satz so beiläufig fallen lässt. Irgendwie empfinde ich ihn als bevormundend.
»Und was, wenn ich nicht sprechen will? Was, wenn ich auch ins Kino will?«
Will stützt die Ellbogen auf die Theke und beugt sich zu mir. »Du musst jetzt keinen Film schauen, Lake. Du musst mit deiner Mutter reden. Los, komm. Die Jungs warten schon draußen.« Er greift nach seinem Autoschlüssel und seiner Jacke und geht zur Tür.
Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Kann ich nicht noch ein bisschen hierbleiben? Ich bin gerade erst aufgewacht. Das Koffein hatte noch gar keine Zeit zu wirken.«
Das ist gelogen. Ich will nur, dass er wegfährt, damit ich noch mal ins Bett kriechen kann.
»Na gut.« Er kommt zu mir zurück und küsst mich auf
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