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Weil ich Layken liebe

Weil ich Layken liebe

Titel: Weil ich Layken liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Hoover
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mich mit niemandem. Es ist alles anders, als du denkst. Ganz anders.«
    Ich sehe ihr an, dass sie die Wahrheit sagt, begreife aber nicht, was ich falsch verstanden haben könnte.
    »Ach? Und was ist mit dem Gedicht? Und mit den Kontoauszügen, die ich im Bad gefunden habe? Wir sind nicht pleite, Mom. Du hast unser Haus nicht verkauft! Du hast uns angelogen, um nach Michigan ziehen zu können. Dann sag mir doch, warum wir hier sind, wenn es nicht um einen anderen Mann geht.«
    Meine Mutter lässt die Hände sinken, sieht zu Boden und schüttelt den Kopf. »Oh Gott, Lake. Ich dachte, du hättest es herausgefunden. Ich dachte, du wüsstest, was los ist.« Sie setzt sich auf die Couch und blickt auf ihre Hände.
    »Anscheinend nicht«, sage ich frustriert, weil ich plötzlich überhaupt nicht mehr weiß, was ich denken soll. Was kann hier in Michigan so wichtig gewesen sein, dass sie uns dafür aus unserem Leben herausgerissen hat? »Dann sag mir doch endlich, was los ist.«
    Sie sieht zu mir auf und klopft auf das Polster neben sich. »Komm her, Lake. Bitte, komm her.«
    Ich setze mich auf die Couch und warte darauf, dass sie anfängt zu reden, aber sie schweigt, als müsste sie ihre Gedanken sammeln.
    »Das Gedicht hat euer Vater vor vielen Jahren geschrieben, als ihr noch gar nicht geboren wart«, sagt sie schließlich. »Er hat mir, während ich schlief, mit Lippenstift einen lächelnden Mund ins Gesicht gemalt und den Zettel neben mich aufs Kissen gelegt. Es war bloß ein albernes kleines Gedicht,aber ich habe es all die Jahre über aufgehoben. Ich habe deinen Vater geliebt, Lake, und ich vermisse ihn unbeschreiblich. Es gibt keinen anderen Mann. Natürlich nicht. Das würde ich ihm niemals antun.«
    Sie sagt die Wahrheit.
    »Aber warum sind wir dann hergezogen, Mom? Warum hast du uns das angetan?«
    Sie holt tief Luft, dreht sich zu mir und greift nach meinen Händen. Der Blick in ihren Augen ist der gleiche wie damals in der Schule, als sie mir gesagt hat, dass mein Vater gestorben ist.
    Dann holt sie noch einmal tief Luft und drückt meine Hände.
    »Ich habe Krebs.«
    Das kann nicht sein. Das glaube ich nicht. Verleugnung. Ich bin definitiv in der Verleugnungsphase. Wie kann das Schicksal so grausam sein? Ich hasse das Leben. Ich bin wahnsinnig wütend. Das ist schon die zweite Phase. Und ich wäre bereit, alles zu tun, um dafür zu sorgen, dass es nicht wahr ist. Das ist die dritte. Ich stecke in den ersten drei Phasen der Trauer gleichzeitig. Es fühlt sich an, als würde ich gleich nicht mehr atmen können.
    »Dein Vater und ich wollten mit euch darüber sprechen, aber dann … dann ist er plötzlich aus dem Leben gerissen worden. Und danach war ich so verzweifelt und gelähmt, dass ich es nicht über mich brachte, euch zu sagen, wie es um mich steht. Ihr hattet genug damit zu tun, mit seinem Tod fertigzuwerden. Aber nach ein paar Monaten habe ich gespürt, dass esmir körperlich immer schlechter ging, und musste mich der Realität stellen. Ich habe während dieser Zeit viel mit Brenda telefoniert, die mich überredet hat, unser Haus zu vermieten und nach Ypsilanti zu kommen. Du weißt, dass sie meine älteste und beste Freundin ist, und ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie mich so unterstützt. Falls du gehört hast, wie ich zu jemandem am Telefon ›Ich liebe dich‹ gesagt habe, dann kann das nur sie gewesen sein. Ich weiß nicht, wie ich das alles ohne sie überstanden hätte. In Detroit gibt es eine Klinik, die auf Lungenkrebs spezialisiert ist. Dort bin ich gewesen, wenn ich gesagt habe, dass ich Besorgungen machen muss.«
    Lungenkrebs. Jetzt hat das Schlimme einen Namen. Das macht die Bedrohung noch realer.
    »Ich wollte es dir und Kel morgen sagen. Es ist höchste Zeit, dass ihr erfahrt, was mit mir los ist, damit wir uns vorbereiten können.«
    Ich ziehe meine Hände weg. »Vorbereiten … worauf vorbereiten? Mom?« Meine Stimme ist plötzlich ganz hoch und schrill.
    Sie schlingt die Arme um mich und beginnt wieder zu weinen. Ich schiebe sie weg.
    »Auf was vorbereiten, Mom?«
    Genau wie unser Schuldirektor Mr Bass damals bringt sie es nicht fertig, mir in die Augen zu sehen. Weil sie Mitleid mit mir hat.
    Ich kann mich nicht erinnern, wie ich aus dem Haus und über die Straße gelaufen bin. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass es mitten in der Nacht ist und ich gegen Wills Tür hämmere.
    Er stellt keine Fragen, als er sie öffnet. Ein Blick in mein Gesicht sagt ihm, dass ich ihn jetzt brauche.

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